AsylbLG-Leistungskürzungen nach Meinung des BSG für Alleinstehende rechtswidrig

Das Bundessozialgericht (BSG) äußert in einer Mitte Februar veröffentlichten Entscheidung von September 2024 die Ansicht, dass die sozialrechtliche Zwangsverpartnerung für Alleinstehende in Gemeinschaftsunterkünften (Regelbedarfsstufe 2 statt 1) auch bei den AsylbLG-Grundleistungen nach § 3, 3a AsylbLG verfassungswidrig ist (BSG, Vorlagebeschluss vom 26.9.2024; B 8 AY 1/22 R). Es hat diese Frage daher dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Nachdem 2019 die Leistungssätze für Asylbewerber*innen neu festgesetzt wurden, erhalten Alleinstehende, die die ohnehin niedrigen Grundleistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG beziehen, weitere Leistungskürzungen. Statt Leistungen nach Regelstufe 1 zu bekommen, werden Alleinstehende der niedrigeren Regelstufe 2 zugeordnet. Diese ist eigentlich für Leistungsempfänger*innen gedacht, die sich in einer Ehe oder Lebenspartnerschaft befinden. Weil sie daher gemeinsam wirtschaften, erhalten sie 10 Prozent weniger Leistungen (§ 3a Abs. 1 Nr. 2a AsylbLG). Alleinstehenden in Gemeinschaftunterkünften wird unterstellt, ebenso gemeinsam mit anderen zu wirtschaften zu können. Mit der aktuellen Zuordnung der Sozialbehörden werden sie daher mit „verpartnerten“ Leistungsempfänger*innen gleichgestellt.

Das BVerfG stellte im Oktober 2022 fest, dass die Leistungskürzung für Alleinstehende bei Analogleistungen nach § 2 AsylbLG um 10 Prozent, die die niedrigere Regelbedarfsstufe 2 mit sich führt, gegen die Verfassung verstößt (BVerfG v. 19.10.2022 – 1 BvL 3/21). Auch andere Gerichte, wie das Sozialgericht (SG) Hannover oder das SG Landshut hatten bereits ähnlich entschieden. Diese Argumentation sollte laut BSG auch auf die Grundleistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG übertragen werden.

Für die Praxis verdeutlicht der BSG-Beschluss nun erneut, dass betroffene Alleinstehende, die von der Sozialbehörde zur Regelsatzstufe 2 statt 1 zugeordnet werden, dagegen Widerspruch einlegen und einen Eilantrag stellen sollten. Um sich einen Anspruch auf Nachzahlung zu sichern, sollten auch Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gestellt werden. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen hat hierzu weitere Informationen zur Verfügung gestellt. Der Sächsische Flüchtlingsrat hat zudem einen Infoflyer mit Muster-Widerspruch veröffentlicht.

Hier der einschlägige Absatz aus dem Urteil:

„Der Senat ist nach alledem zu der Überzeugung gelangt, dass die Ausführungen des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit von § 2 Abs 1 Satz 4 Nr 1 AsylbLG in der Fassung des Art 1 Nr 3 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 13.8.2019 (BGBl I 1290; BVerfG vom 19.10.2022 – 1 BvL 3/21 – BVerfGE 163, 254, 284, RdNr 69-94) bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zum Grundleistungsbezug in § 3a Abs 1 Nr 2 Buchst b AsylbLG und § 3a Abs 2 Nr 2 Buchst b AsylbLG in gleicher Weise Beachtung finden müssen und zur Verfassungswidrigkeit der Normen führen. Dies entspricht offenbar auch der Auffassung im zuständigen Fachministerium. Der Gesetzgeber hat gleichwohl trotz viermaliger Änderung des AsylbLG seit Oktober 2022 in anderen Punkten keine weitere Begründung für die vorgenommene Differenzierung bei dem Leben in Sammelunterkünften aufgezeigt (vgl zu solchen Möglichkeiten BVerfG vom 19.10.2022 – 1 BvL 3/21 – BVerfGE 163, 254, 293, RdNr 88 ff) unabhängig davon, welche Bedeutung dies für zurückliegende Leistungszeiträume hätte. Er hat es weiterhin unterlassen, die tatsächlichen Grundlagen für die Gleichsetzung der in den Sammelunterkünften wohnenden alleinstehenden Grundleistungsberechtigten mit erwachsenen Leistungsberechtigten, die mit einem Ehegatten oder Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft mit einem Partner zusammenleben, darzustellen und durch empirische Erkenntnisse zu belegen. Mit Art 3 Nr 2 des Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) vom 21.2.2024 (BGBl I Nr 54) ist mit Wirkung vom 27.2.2024 vielmehr die Wartefrist für Analogleistungen in § 2 Abs 1 Satz 1 AsylbLG von 18 auf 36 Monate verlängert und damit die Belastung, die für alleinstehende Grundleistungsberechtigte in Sammelunterkünften durch die Absenkung auf die Bedarfsstufe 2 entsteht, deutlich vergrößert worden. Auch mit dieser Gesetzesänderung wird aber nach wie vor nicht begründet dargelegt, dass die in den Sammelunterkünften wohnenden alleinstehenden Grundleistungsberechtigten regelmäßig tatsächlich Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern erzielen, die einer Absenkung der Leistungshöhe um zehn Prozent gegenüber der Bedarfsstufe 1 entsprechen.“ (BSG v. 29.09.2024 – B 8 AY 1/22 R)



Drittstaatsangehörige aus der Ukraine: Bis 4. März Aufenthaltserlaubnis beantragen!

Menschen, die aus der Ukraine vertrieben wurden, aber über keine ukrainische Staatsbürgerschaft verfügen, sollten bis spätestens 4. März 2025 eine Aufenthaltserlaubnis beantragen. Konkret betrifft das folgende Personen: Nicht-ukrainische Staatsangehörige, die in der Ukraine nur einen befristeten Aufenthaltstitel hatten und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG haben, die vor dem 1. Februar 2024 erteilt worden ist. Wurde eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG erst am 1. Februar 2024 oder später erteilt, bleibt sie noch gültig bis zum Ablauf des vermerkten Gültigkeitszeitraums. In diesem Fall besteht weniger Zeitdruck.

Die meisten nicht-ukrainischen Staatsangehörigen mit § 24 AufenthG sind allerdings von der Frist am 4. März betroffen und sollten daher bis zu diesem Tag einen Antrag auf eine andere Aufenthaltserlaubnis stellen. Mit diesem Antrag entsteht eine Fiktionswirkung, der alte Aufenthaltstitel gilt also fort (§ 81 Abs. 4 AufenthG). Das betrifft auch Leistungsansprüche beim Jobcenter und den freien Arbeitsmarktzugang. Die Ausländerbehörde muss darüber eine Fiktionsbescheinigung ausstellen (§ 81 Abs. 5 AufenthG). Doch auch wenn die Behörde die Bescheinigung nicht ausstellt, besteht die gesetzliche Fiktionswirkung.

Der Antrag kann formlos per Mail oder Fax an die Ausländerbehörde gestellt werden. Es muss nicht genau angegeben werden, welche Aufenthaltserlaubnis beantragt wird. Man kann zum Beispiel formulieren: „Ich beantrage hiermit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Ausbildung, des Studiums bzw. der Erwerbstätigkeit. Hilfsweise beantrage ich eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen oder sonstigen nach dem AufenthG vorgesehenen Zwecken.“

Allerdings: Damit die beantragte Aufenthaltserlaubnis bewilligt wird, müssen dafür die Voraussetzungen erfüllt sein. Eine ausführliche Arbeitshilfe gibt es hierzu vom Informationsverbund Asyl & Migration. Die Fiktionswirkung schafft möglicherweise etwas Zeit, um die Voraussetzungen zu erfüllen. Es ist allerdings nicht vorhersehbar, wie lange die Ausländerbehörde für die Prüfung des Antrags braucht. Daher ist nicht ausgeschlossen, dass sehr bald eine Ablehnung erfolgt. Kommt es dazu, sollte das Gespräch mit der Ausländerbehörde gesucht werden. Betroffene Personen sollten sich baldmöglichst um Beratung bemühen, um ihre langfristige Aufenthaltsperspektive zu klären. Sie können sich an Anwält*innen und Migrationsberatungsstellen wenden.

Alle, die bis zum 4. März 2025 keine Aufenthaltserlaubnis beantragen, sind unmittelbar und automatisch ab dem 5. März vollziehbar ausreisepflichtig. Das bedeutet:

  • Kein Anspruch mehr auf Leistungen des SGB II, sondern nur noch auf Leistungen aus dem AsylbLG.
  • Kein freier Zugang zum Arbeitsmarkt mehr – stattdessen muss bei der zuständigen Ausländerbehörde eine Duldung und Beschäftigungserlaubnis beantragt werden.
  • Drohende Abschiebung.

Ein Weg aus der Duldung heraus ist dann nur noch schwer möglich, etwa für eine qualifizierte Beschäftigung (§ 19d AufenthG) oder eine Ausbildung (§ 16g AufenthG), dafür müsste eine Duldung aber schon mindestens drei Monate bestehen. Im Einzelfall denkbar ist ein Antrag auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots und Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG bei der Ausländerbehörde.


Arbeitshilfen:


Arbeitshilfe: Kostenübernahme für Therapie und Sprachmittlung für unbegleitete Minderjährige

Eine neue Arbeitshilfe klärt praxisorientiert über die Beantragung der Kostenübernahme für therapeutische Maßnahmen und Sprachmittlung auf. Es werden dabei die unterschiedlichen Versorgungsansprüche und -modelle im SGB VIII sowie im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) behandelt.

Die Arbeitshilfe richtet sich an Fachkräfte in und außerhalb der Kinder- und Jugendhilfe, die mit unbegleiteten sowie begleiteten Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen arbeiten.



Infobroschüre: Geflüchtete aus dem Irak

Für geflüchtete Menschen aus dem Irak gibt es eine neue Broschüre mit hilfreichen Tipps und Informationen zu aktuellen Aufenthalts- und Asylfragen. Die Broschüre wurde mehrsprachig, auf Deutsch und Kurmancî sowie auf Sorani und Arabisch, vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein herausgebracht.

Sie ist in Kooperation mit der Diakonie Schleswig-Holstein und der Landesbeauftragten für Flüchtlings-, Asyl-, und Zuwanderungsfragen entstanden.



Erklärung des Netzwerks „Gleiche Soziale Rechte für alle!“

Wir, die teilnehmenden Organisationen und Einzelpersonen der bundesweiten Tagung „Gleiche soziale Rechte für alle!“ in Hannover, stellen fest:

Das Asylbewerberleistungsgesetz dient als Testfeld für den Abbau sozialer Rechte und der Errichtung eines autoritären Sozialstaats. Es grenzt geflüchtete Menschen strukturell aus. Ihnen wird eine gleiche Teilhabe an der Gesellschaft verweigert. Es geht um Leistungen unterhalb des Existenzminimums, Wohnen unter unwürdigen Bedingungen, um eine eingeschränkte medizinische Versorgung, um Arbeit in Zwangsverhältnissen. Das Gesetz existiert seit mehr als 30 Jahren und bestimmt das soziale Leben von Geflüchteten. Es holt das Grenzregime in unsere Nachbarschaften und Communities und zieht eine rassistische Trennlinie zwischen Menschen.

Die autoritären Regeln wurden immer wieder verschärft, im letzten Jahr mehrmals. Die reduzierten Grundleistungen gelten jetzt für 36, statt bislang 18 Monate. Sie liegen bis zu 22 % unter dem Existenzminimum. Auch die medizinische Versorgung bleibt damit nun drei Jahre lang auf akute Erkrankungen und Schmerzen beschränkt. Die Arbeitspflicht für 80 Cent pro Stunde wurde ausgeweitet. Mit populistischen Argumenten wurde eine diskriminierende Bezahlkarte eingeführt, die den Alltag der Betroffenen weiter erschwert. Für Geflüchtete, für deren Asylverfahren ein anderer europäischer Staat zuständig ist, können die Leistungen komplett gestrichen werden.    

Im Asylbewerberleistungsgesetz zeigt sich ein autoritärer Sozialstaat, dessen Verfestigung wir unbedingt verhindern sollten. Stattdessen treten wir ein für eine Gesellschaft der Vielen, in der soziale Rechte und Teilhabe für alle gelten. Das kann uns nur in einer bundesweiten solidarischen Vernetzung gelingen. Deshalb rufen wir auf: Werdet Teil dieser Vernetzung!

Die Einführung der diskriminierenden Bezahlkarte wirkt sich nachteilig auf das Zusammenleben und die Stimmung in den Städten und Gemeinden aus. Mit ihr wird sich die strukturelle Ausgrenzung von Geflüchteten weiter verfestigen und die Gesellschaft in den Städten und Gemeinden weiter nach rechts kippen. Am 21. März 2025, dem internationalem Tag gegen Rassismus, haben wir uns deshalb zu einem ersten bundesweiten dezentralen Aktionstag verabredet. Gemeinsam sagen wir NEIN zur Bezahlkarte und fordern den sofortigen STOPP ihrer Einführung.

Wir sehen auch die Angriffe auf das soziale Leben und die Rechte von Bürgergeldbezieher*innen, Wohnungslosen und anderen von Armut und Ausgrenzung betroffenen Menschen. Wir sehen die Ausbeutung derer, die im Niedriglohnsektor arbeiten müssen. Wir verurteilen politische Kampagnen gegen Menschen, die Transferleistungen beziehen, in denen eine Absenkung oder gar Streichung von Leistungen gefordert und die Einführung einer sogenannten ‚Bürgergeld-Bezahlkarte‘ diskutiert wird. Das Recht auf ein würdiges Leben muss an erster Stelle stehen. Dafür braucht es soziale Rechte.

Wir sind mit systemischen Krisen konfrontiert, die sich weiter verschärfen werden – auch im Hinblick auf die Klimakatastrophe. Für viele Menschen stellt sich bereits die Frage des Überlebens. Politische Akteure von rechts setzen weiter auf Spaltung und den Abbau von Grundrechten. Dagegen stellen wir ein emanzipatorisches Verständnis von Solidarität, in dem niemand ausgeschlossen oder ausgegrenzt wird.

Als Netzwerk „Gleiche Soziale Rechte für alle!“ positionieren wir uns mit vereinter politischer Kraft gegen sozial-politische Verwerfungen und Rassismus. Schluss mit der Ausgrenzung marginalisierter Gruppen! Lasst uns gemeinsam für eine solidarische Gesellschaft streiten!

Wir haben uns bei der Tagung zu einer Folgekonferenz im Herbst in Berlin verabredet.

NETZWERK ‚Gleiche soziale Rechte für alle‘



„Our Voice“: Aufruf zur Bundestagswahl

Die selbstorganisierte Geflüchtetenredaktion „Our Voice“ vom Radio Dreyeckland hat einen Aufruf zur Bundestagswahl veröffentlicht. Die Redaktion appeliert an alle Menschen, die am 23. Februar wählen dürfen. Es ist Zeit, demokratische Verantwortung zu übernehmen, für die Rechte von Geflüchteten einzustehen und solidarisch mit allen Menschen zu sein. Für eine sozial gerechtere Welt, in der Menschen nicht miteinander konkurrieren, sondern sich gegen Ungerechtigkeit verbünden und gemeinsam füreinander da sind: „Stimmt für eine Gesellschaft, in der Vielfalt keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung ist!“



Erklärung von Menschenrechtsorganisationen zu Angriffen auf den Rechtsstaat

Als Bürger:innen- und Menschenrechtsorganisationen sowie als juristische Berufsvertretungen wenden wir uns mit Nachdruck gegen die Infragestellung rechtsstaatlicher Mechanismen in diesem Bundestagswahlkampf. Überzogene Law and Order-Forderungen und verfassungswidrige Gesetze sind für uns nichts neues, gegen diese politisch und juristisch vorzugehen, ist schon lange ein Teil unserer Arbeit. Aber dieser Wahlkampf hat eine andere, gefährliche Qualität: Im Zuge einer radikalisierten Migrationspolitik, die durch den Aufstieg der AfD in den Wahlumfragen begünstigt wird, werden das Recht an sich und die Institutionen des Rechtsstaats, allen voran die Gerichte und die Rechtsanwaltschaft, auch von demokratischen Parteien offen in Zweifel gezogen. Durch die Zustimmung zum sog. „5-Punkte-Plan“ fordern CDU/CSU, FDP, BSW und AfD unverhohlen den Bruch mit Europarecht und Verfassungsrecht. Durch einen kalkulierten Rechtsbruch qua permanenter Grenzkontrollen soll Druck auf die europäische Gesetzgebung ausgeübt werden. Ob Urteile des Europäischen Gerichtshofs noch umgesetzt werden, ist zu einer offenen Frage geworden. In den letzten Jahren ist neben dem Migrationsrecht auch im Klima- und Umweltrecht öfter von einem sog. „exekutiven Ungehorsam“ die Rede, indem Gerichtsentscheidungen seitens der Regierung und Verwaltung schlicht ignoriert werden. Hinter vorgehaltener Hand sprechen Politiker:innen aus den Reihen der CDU laut Medienberichten bereits von den „Scheiß-Gerichten“. Sie stoßen in eine rhetorische Kerbe, die unter den extrem rechten Regierungen in Italien, Polen und in Ungarn bereits autoritär umgeschlagen ist: Richter:innen werden zu Feinden des Staates erklärt. SPD und Grüne haben in der denkwürdigen Sitzungswoche des Bundestages Ende Januar 2025 zwar rhetorisch den Rechtsstaat hochgehalten, aber auch sie selbst haben zuvor in der Migrations- und Sicherheitsgesetzgebung europa- und verfassungswidrige Vorhaben vorangetrieben: darunter zuletzt die Kontrollen an den deutschen EU-Binnengrenzen und das „Sicherheitspaket“ vom 18. Oktober 2024.

Gegen die Einhaltung des gesetzten Rechts wird von Politiker:innen und in Teilen der Medien das Argument vorgebracht, das Recht dürfe nicht gegen „den Willen des Volkes stehen“. Falls es dies tue, müsse es verändert werden. Aber erstens geht es bei den allermeisten rechtlichen Aspekten, die aktuell infrage gestellt werden, nicht um einfaches Gesetzesrecht. Stattdessen geht es um Grund- und Menschenrechte, internationale und europäische Verträge oder um die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit an sich. Richtig ist, dass das Recht immer das Ergebnis von gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen ist. Aber unteilbare Grund- und Menschenrechte dürfen in politischen Verhandlungen nicht zur Disposition stehen. Im Übrigen lässt sich Recht nicht mit einem Faustschlag von Regierungsvertretern auf den Tisch hinwegfegen, sondern muss selbst Gegenstand von Verfahren im Parlament oder mit Partnern aus anderen Ländern sein. Zweitens sind diese Rechtsgrundlagen gerade in Deutschland das Ergebnis der historischen Erfahrungen aus zwei Weltkriegen und der NS-Herrschaft. Sie sind ein Teil der Aufarbeitung von Vergangenheit, die nichts an ihrer Gültigkeit verloren hat. Dazu zählt vor allem die Unteilbarkeit der menschlichen Würde und die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, auch unabhängig von ihrer Herkunft. Und drittens geht die Gegenüberstellung von Demokratie und Recht implizit von einer „vollständigen“ Demokratie aus, in der die Interessen aller repräsentiert werden. Aber in unseren aktuellen demokratischen Verfahren sind Armutsbetroffene, die Mehrzahl der Lohnabhängigen, migrantische Personen ohne europäische Staatsbürgerschaft und solche diverser sexueller Orientierung viel zu oft ausgeschlossen. Um ihre Positionen in der Gesellschaft zu verbessern bedarf es einer Veränderung politischer Machtverhältnisse. Solange das aber nicht passiert ist, können diese Menschen in Verfahren vor Gericht mittels der Grund- und Menschenrechte ihren Platz und ihre Teilhabe an dieser Gesellschaft geltend machen.

Aktuell ist die Migrationspolitik der Schauplatz, auf dem um die Zukunft der rechtsstaatlichen Verfasstheit und um die Unteilbarkeit von Grundrechten gekämpft wird. Doch bleiben diese Entwicklungen dort nicht stehen. Der erstarkende Autoritarismus manifestiert sich auch dort, wo die Wissenschaftsfreiheit missachtet, das Streikrecht angegriffen, das Versammlungsrecht eingeschränkt und Anwält:innen in Klimaschutzverfahren als vermeintliche Gegner:innen der Demokratie gebrandmarkt werden.

Als Bürger:innenrechtsorganisationen und juristische Berufsvertretungen setzen wir uns für einen demokratischen und menschenrechtsbasierten Rechtsstaat ein, in dem die Staatsgewalt umfassend an Grundrechte gebunden ist, sowie für eine unabhängige Justiz und eine engagierte Rechtsanwaltschaft. Die Verteidigung der Verfassung und der Menschenrechte ist ein Teil in dem Kampf um Demokratie. Es gilt, nicht länger der Aushöhlung des Rechts das Wort zu reden, sondern den Rechtsstaat in schwierigen Zeiten offensiv zu verteidigen.

Humanistische Union (HU)
Komitee für Grundrechte und Demokratie
Neue Richtervereinigung (NRV)
Postmigrantischer Jurist*innenbund
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV)
Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ)



Online-Vertiefungsseminar: Flucht, Asyl, (Aus-)Bildung und Arbeit – Rechtliche Rahmenbedingungen

NIFA plus bietet im März wieder die Grundlagenschulung „Flucht, Asyl, (Aus-)Bildung und Arbeit – Grundlagen-Schulung zu den rechtlichen Rahmenbedingungen“, bestehend aus einem Einstiegsseminar am 13. März und dem Vertiefungsseminar am 20. März 2025.

Diese Schulung richtet sich an Fachkräfte aus dem sozialen Bereich, dem Integrationsmanagement sowie an Mitarbeitende kommunaler Behörden. Sie wurde speziell für Personen konzipiert, die neu in dieesem Themenfeld tätig sind oder ihre bestehenden Kenntnisse vertiefen möchten.

Besonders angesprochen sind:

  • Flüchtlingssozialarbeiter*innen und Integrationsmanager*innen
  • Fachkräfte in Beratungseinrichtungen
  • Hauptamtliche in kommunalen Strukturen

Die Schulung ist Teil des bundesweiten ESF-plus-Programms „WIR – Netzwerke integrieren Geflüchtete in den regionalen Arbeitsmarkt“. Ziel ist es, den spezifischen Bedarfen von Geflüchteten in Bezug auf ihre Arbeitsmarktintegration gerecht zu werden. Entwickelt wurde die Schulung von Autor*innen der WIR-Netzwerke und inhaltlich durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales geprüft und freigegeben. Landesspezifische Inhalte wurden von den lokalen WIR-Netzwerken eingearbeitet und entsprechend gekennzeichnet. Die Koordination und Durchführung der WIR-Schulungen in Baden-Württemberg erfolgt landesweit über NIFA plus.

Die Teilnahme an den Seminaren ist kostenfrei und aufbauend. Eine Anmeldung ist über die Webseite möglich. Auf Wunsch stellt Ihnen NIFA plus gerne eine Teilnahmebestätigung aus.


Online-Einstiegsseminar: Flucht, Asyl, (Aus-)Bildung und Arbeit – Rechtliche Rahmenbedingungen

NIFA plus bietet im März wieder die Grundlagenschulung „Flucht, Asyl, (Aus-)Bildung und Arbeit – Grundlagen-Schulung zu den rechtlichen Rahmenbedingungen“, bestehend aus dem Einstiegsseminar am 13. März und einem Vertiefungsseminar am 20. März 2025.

Diese Schulung richtet sich an Fachkräfte aus dem sozialen Bereich, dem Integrationsmanagement sowie an Mitarbeitende kommunaler Behörden. Sie wurde speziell für Personen konzipiert, die neu in dieesem Themenfeld tätig sind oder ihre bestehenden Kenntnisse vertiefen möchten.

Besonders angesprochen sind:

  • Flüchtlingssozialarbeiter*innen und Integrationsmanager*innen
  • Fachkräfte in Beratungseinrichtungen
  • Hauptamtliche in kommunalen Strukturen

Die Schulung ist Teil des bundesweiten ESF-plus-Programms „WIR – Netzwerke integrieren Geflüchtete in den regionalen Arbeitsmarkt“. Ziel ist es, den spezifischen Bedarfen von Geflüchteten in Bezug auf ihre Arbeitsmarktintegration gerecht zu werden. Entwickelt wurde die Schulung von Autor*innen der WIR-Netzwerke und inhaltlich durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales geprüft und freigegeben. Landesspezifische Inhalte wurden von den lokalen WIR-Netzwerken eingearbeitet und entsprechend gekennzeichnet. Die Koordination und Durchführung der WIR-Schulungen in Baden-Württemberg erfolgt landesweit über NIFA plus.

Die Teilnahme an den Seminaren ist kostenfrei und aufbauend. Eine Anmeldung ist über die Webseite möglich. Auf Wunsch stellt Ihnen NIFA plus gerne eine Teilnahmebestätigung aus.


Pro Asyl: BAMF drängt Asylsuchende zur „freiwilligen“ Ausreise nach Griechenland

Mit irreführenden Informationen und Verweis auf ein ominöses Unterstützungsprogramm drängt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aktuell Asylsuchende, die zuvor in Griechenland als Flüchtlinge anerkannt wurden, zur »freiwilligen« Ausreise. Was hinter dem Programm steckt, ist völlig unklar. PRO ASYL dokumentiert, was bisher bekannt ist.