Forderung: Abschiebestopp und Solidarität mit den Protestierenden im Iran

Seit dem Tod der 22-jährigen Jîna Mahsa Amînî nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei in Teheran
gehen in fast allen großen Städten Irans Frauen wie Männer auf die Straße, um gegen das unterdrückerische Ajatollah-Regime zu protestieren. Die junge Frau war am 13. September verhaftet worden, weil sie ihr Kopftuch nicht ordentlich getragen haben soll.

Die iranische Regierung reagiert mit großer Brutalität und Repression auf die Proteste, Dutzende Menschen starben, Hunderte wurden durch Polizeikräfte verletzt, Tausende verhaftet. Angesichts dieser Gewalt gegen Demonstrierende und Medienschaffende fordern der Verein iranische Flüchtlinge in Berlin,
PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte ebenso wie weitere Menschenrechtsorganisationen einen sofortigen Abschiebestopp in den Iran.

„Wir bewundern den Mut und die Entschlossenheit der Demonstrantinnen, die unter Einsatz ihres Lebens für eine freie Gesellschaft eintreten, und erklären uns solidarisch mit ihnen. Auch die Bundesregierung muss jetzt ein Zeichen der Unterstützung senden. Wir fordern einen sofortigen Abschiebestopp für Iran, ein Bleiberecht für bisher in Deutschland nur geduldete Iranerinnen, die Anerkennung ihrer Fluchtgründe im
Asylverfahren sowie die unkomplizierte Aufnahme von Iranerinnen, die der Türkei und anderen Erstzufluchtsländern festsitzen“,
sagt Hamid Nowzari, Geschäftsführer vom Verein iranischer Flüchtlinge in Berlin. Im ersten Halbjahr 2022 wurden 25 Menschen aus Deutschland in den Iran abgeschoben (Bundestag Drs. 20/3130).

„Frauen und Männer, die im Iran protestieren und demonstrieren, werden abgeführt, inhaftiert und misshandelt. Die Situation in dem Land ist derzeit derart unübersichtlich, dass wir nicht wissen, was denjenigen Menschen droht, die aus Deutschland in den Iran abgeschoben werden. Wir fordern daher einen sofortigen Abschiebestopp und eine Neubewertung der Lage im Land durch die deutschen Behörden“, sagt Wiebke Judith, Teamleitung Recht & Advocacy bei PRO ASYL.

Iran zählt zu den zehn zugangsstärksten Herkunftsländern von Asylsuchenden in Deutschland (1.925 Asylerstanträge im 1. HJ 2022, BAMF Schlüsselzahlen Asyl 2022). Die Anerkennungsquote für Iraner*innen im Asylverfahren liegt bei etwa 30 Prozent (bereinigte Schutzquote knapp 50 Prozent, Bundestag Drs. 20/2309). Mehr als 10.000 Iraner*innen in Deutschland leben mit dem prekären Status der Duldung, viele von ihnen unterliegen einem Arbeitsverbot (Bundestag Drs. 20/3201).

Menschenrechtsverletzungen wie willkürliche Verhaftungen, Verschleppung, Folter und Tötung von politischen Aktivist*innen, LGBTIQ+, Kurd*innen, Frauen und alle, die gegen die strenge Sittenordnung des iranischen Regimes verstoßen, sind nicht neu. Auch Massenproteste hat es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben. Die aktuelle Situation ist insofern besonders, weil jetzt das gesamte Regime herausgefordert wird und Frauen bei den Protesten eine maßgebliche Rolle spielen.


Pro Asyl: Flucht aus Russland

Seitdem Machthaber Putin in Russland die Teilmobilisierung für den Krieg gegen die Ukraine ausgerufen hat, melden sich minütlich Männer und Frauen bei PRO ASYL, die aus Angst vor dem Kriegsdienst und staatlicher Repressionen aus dem Land fliehen wollen. Dies sind die Informationen, die wir den Betroffenen aktuell geben können.

– English version –

Einen Asylantrag kann man nicht aus dem Ausland stellen. Wer in Deutschland einen Asylantrag stellen will, kann dies nur in Deutschland selbst bzw. an einer Außengrenze tun. Dies gilt genauso auch in anderen EU-Staaten.

Zur Einreise nach Deutschland

Russische Staatsbürger*innen benötigen für die legale Einreise nach Deutschland ein Visum. Die Visavergabe wird sehr restriktiv gehandhabt. Es gibt Schengenvisa und Visa für langfristige Aufenthalte, etwa für Fachkräfte (Informationen dazu hier und hier). Die Nachbarstaaten zu Russland Estland und Lettland sowie Litauen und Polen lassen seit dem 19. September 2022 aber keine russischen Staatsangehörigen mit einfachen Schengen-Visa mehr einreisen, wodurch der Landweg stark eingeschränkt ist. Direkte Flugverbindungen nach Deutschland bestehen aktuell nicht.

Deutschland hat in einigen besonders herausgehobenen Fällen von Personen, die öffentlich aufgetreten sind, etwa kritische Journalist*innen, auch humanitäre Visa erteilt. Für die Mehrheit der Personen wird das aber aktuell keine schnelle Lösung sein. Die deutschen Auslandsvertretungen lehnen solche Anträge in aller Regel ab. Aussagen von Politikern, Deutschland sei bereit, Personen, die gegen den Krieg sind oder nicht kämpfen wollen, aufzunehmen und ihnen Asyl zu geben, scheitern derzeit vor allem an fehlenden praktischen Möglichkeiten der Einreise!

Zu den Chancen im Asylverfahren

Stellt eine Person in Deutschland einen Asylantrag, prüft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als erstes, ob Deutschland nach der europäischen Verordnung, die die Zuständigkeit für die Prüfung eines Asylantrags regelt, überhaupt zuständig ist. Diese sogenannte Dublin-III-Verordnung gilt in allen EU-Ländern und in Norwegen, Island, Liechtenstein und der Schweiz. In der Regel ist der Staat für das Asylverfahren zuständig, der das Visum für die Einreise erteilt hat. Bei illegaler Einreise ist der Staat zuständig, den die Person als erstes betreten hat. Schiebt Deutschland eine asylsuchende Person innerhalb einer bestimmten Frist nicht in den zuständigen EU-Staat ab, geht die Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrages auf Deutschland über. Mehr Informationen zu Dublin-Verfahren finden Sie hier.

Ist Deutschland für das Asylverfahren zuständig (geworden), prüft das BAMF die individuellen Asylgründe:

Die Rechtsprechung in Deutschland zur Militärdienstverweigerung ist grundsätzlich restriktiv:

Personen, die aus dem bereits angetretenen Militärdienst in Russland desertieren, können unserer Einschätzung nach eine Flüchtlingsanerkennung bekommen. Hiervon geht auch das Bundesinnenministerium bei Deserteuren aus. Wer aus dem aktiven Militärdienst flieht, sollte dies möglichst durch entsprechende Dokumente nachweisen und glaubhaft machen, warum er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren kann, Menschen im Krieg zu töten. Noch offen ist, ob das BAMF verlangen wird, dass die Personen zunächst noch in Russland versuchen müssen, den Kriegsdienst zu verweigern. In Russland gibt es dazu aber nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten.

Die Rechtsprechung in Deutschland zur Militärdienstverweigerung ist grundsätzlich restriktiv: Es wird als legitimes staatliches Handeln gesehen, Bürger zum Militärdienst zu verpflichten und bei Verweigerung auch zu bestrafen. Nur wenn diese Bestrafung unverhältnismäßig hoch ist oder wenn durch die Verweigerung eine politische Verfolgung ausgelöst wird, wird ein Militärdienstverweigerer als Flüchtling anerkannt – hiervon ist bei russischen Deserteuren auszugehen. Auch wenn der Asylsuchende im Kriegsdienst etwa zur Teilnahme an Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen den Frieden oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit verpflichtet gewesen wäre, kann er unter Umständen als Flüchtling anerkannt werden.

Für Kriegsdienstverweigerer, die noch nicht eingezogen wurde, gibt es keine vergleichbaren Aussagen der Bundesregierung bezüglich des Schutzes in Deutschland. Auch wer bisher nur einen Einberufungsbefehl bekommen hat, sollte diesen im Asylverfahren vorlegen, um zu belegen, dass die Einberufung kurz bevorstand. Auch wer nachweisen kann, zur Gruppe derjenigen zu gehören, die von der Teilmobilmachung erfasst sind, sollte entsprechende Nachweise im Asylverfahren vorlegen. Ob auch diese Personen im Asylverfahren anerkannt werden, können wir noch nicht absehen. Die politischen Zeichen sprechen dafür. Die bisherige Praxis des BAMF sah aber anders aus. Das BAMF könnte aufgrund der oben genannten Punkte also in diesen Fällen auch ablehnen.

Es gibt Berichte, dass auch jenseits der offiziellen Kriterien der Teilmobilmachung Männer im wehrpflichtigen Alter zum Wehrdienst eingezogen werden. Ob auch diese einen Schutzstatus im Asylverfahren bekommen können ohne bereits einen Einberufungsbefehl zu haben, ist derzeit noch nicht abzusehen. Das wird davon abhängen, ob das BAMF die Gefahr zur Einberufung als ausreichend wahrscheinlich einschätzt.

Auch Oppositionelle oder verfolgte Journalist*innen können im Asylverfahren einen Schutzstatus in Deutschland bekommen. Die vorgebrachte Verfolgung und die Gründe hierfür müssen im Asylverfahren glaubhaft gemacht werden. Weitere Informationen zum Asylverfahren in Deutschland finden Sie hier.

Wenn sich die Lage ändert oder wir genauere Auskunft geben können, werden wir entsprechende Hinweise auf unserer Homepage veröffentlichen.

Da es zurzeit keine direkten Flugverbindungen nach Russland gibt, gehen wir davon aus, dass derzeit Abschiebungen nach Russland unmöglich sind.



Ukraine: Informationen und Links

Viele ukrainische Geflüchtete kommen in Baden-Württemberg an oder befinden sich noch auf der Flucht. Mit der Flucht und der Ankunft kommen jede Menge Fragen auf, sei es zu Unterkunft und Wohnen, Aufenthaltserlaubnis und Sozialleistungen, Arbeit und Sprachkurse oder besondere Hilfen für Alleinerziehende, Kinder, Jugendliche und Schwangere. Hier finden Sie Links zu all diesen Fragekomplexen.

Allgemeine Informationen (bundesweit)

Informationen aus Baden-Württemberg

Kinder und Jugendliche

Frauen

LSBTI*

Behinderung und Pflegebedarf

Rom*nja

Arbeit

Studium

Unterbringung und Wohnen

Familie

Gesundheit

Psychologische Unterstützung

Sozialleistungen

Kommunikation und Sprache

Alltag

Ehrenamtliche

Drittstaatsangehörige


Schnell noch abschieben – bevor das Chancen-Aufenthaltsrecht kommt

Herr K. aus Sri Lanka lebt seit fast sieben Jahren in Deutschland, arbeitet seit fünf Jahren in Vollzeit, ist nie straffällig geworden und soll nun trotzdem abgeschoben werden. Die baden-württembergische Landesregierung weigert sich nicht nur, praktikable Lösungen zu finden bis das Bundesgesetz in Kraft tritt, sondern legt auch jeden rechtlichen Ermessensspielraum negativ aus. Wir fordern die Landesregierung auf, eine schnelle Lösung für Herr K. zu finden und sich endlich an die Versprechungen des Koalitionsvertrags zu halten.

Seit dem 01.01.2022 warten tausende Menschen mit einer Duldung darauf, dass endlich das neue Bundesgesetz zum Chancen-Aufenthaltsrecht, einer einjährigen Aufenthaltserlaubnis, auf den Weg gebracht wird. Seit Juli gibt es einen Kabinettsentwurf der Bundesregierung, aber wann das Gesetz im Bundestag verabschiedet wird, ist noch unklar. Baden-Württemberg nutzt dieses Vakuum, um potentielle Kandidat*innen noch schnell abzuschieben. Ein „Vorgrifferlass“ auf Landesebene könnte schon vor Verabschiedung des Bundesgesetzes Personen, die alle Voraussetzungen für das Chancen-Aufenthaltsrecht erfüllen, vor Abschiebung schützen. Offensichtlich entspricht dies jedoch nicht dem Willen der Landesregierung.

So ist nun wieder einmal ein potentieller Anwärter des Chancen-Aufenthaltsrechts in der Abschiebehaft Pforzheim inhaftiert und soll diesen Donnerstag abgeschoben werden. Obwohl er eigentlich eine Bleibeperspektive über das Chancen-Aufenthaltsrecht in Deutschland hätte. Zudem erfüllt er in sechs Wochen die Voraussetzungen für eine Beschäftigungsduldung, die ihn vor einer Abschiebung schützen würde. In solchen Fällen kann eigentlich ein Antrag bei der Härtefallkommission gestellt werden. Herr K. muss sich jedoch der akuten Abschiebegefahr nicht bewusst gewesen sein und zudem gab es offensichtlich niemand, der ihn bei einem solchen Antrag unterstützt hat. In genau diesen Fällen, kann die Landesregierung von einer Abschiebung absehen und sollte es laut dem Koalitionsvertrag auch tun! Denn dort heißt es, die Landesregierung wolle alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um Bleiberechtsoptionen zu nutzen und Betroffene rechtzeitig vor einer drohenden Abschiebung zu beraten.

Doch wieder sträubt sich das Justizministerium, einem geliebten Onkel, einem hartarbeitenden und finanziell unabhängigen Menschen und einem unverzichtbaren Mitarbeiter einer Firma eine Zukunft in Baden-Württemberg zu ermöglichen. Zum Beispiel über eine Ermessensduldung aus dringenden persönlichen Gründen. Dies hat das Regierungspräsidium Karlsruhe aber abgelehnt: Es ist wohl nicht dringlich oder persönlich genug, wenn in absehbarer Zeit Anspruch auf das Chancen-Aufenthaltsrecht oder eine Beschäftigungsduldung besteht. Die baden-württembergische Landesregierung zeigt ein weiteres Mal, dass sie eine unmenschliche Abschiebepolitik verfolgt, anstatt das Chancen-Aufenthaltsrecht per Vorgrifferlass zu ermöglichen. „Dass die Bundesregierung ihrem Vorhaben das Chancen-Aufenthaltsrecht auf den Weg zu bringen, hinterherstolpert, ist eine Sache. Dass wir immer wieder zusehen müssen, wie Kandidat*innen auf das Chancen-Aufenthaltsrecht in Baden-Württemberg abgeschoben werden, ist zynisch. Mir wird schlecht, wenn ich an die nun so hohlklingenden Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag der Landesregierung denke. Aber da dieses Verhalten die Schwächsten unserer Gesellschaft betrifft, kann es ihr wohl egal sein“, so Maren Schulz, Mitarbeiterin des Flüchtlingsrates Baden-Württemberg.

Herr K. ist nicht der Einzige, der abgeschoben werden soll, obwohl ein Bleiberecht zum Greifen nahe ist. In den letzten Monaten hat der Flüchtlingsrat ähnliche Fälle begleitet.

„Wir müssen davon ausgehen, dass die Landesregierung versuchen wird, noch weitere Personen, für die das Chancen-Aufenthaltsrecht in Frage kommt, abzuschieben. Doch wir bleiben dran, kämpfen für jeden Einzelfall, pochen auf die Einhaltung des Koalitionsvertrages und bringen die Unmenschlichkeit dieser Regierung an die Öffentlichkeit,“ erklärt Lucia Braß, erste Vorsitzende des Flüchtlingsrates Baden-Württemberg.


Weiterwanderung von vorübergehend Schutzberechtigten

Auch nach Weiterwanderung aus einem anderem EU-Staat besteht in Deutschland ein Anspruch auf vorübergehenden Schutz (§ 24 AufenthG), so steht es in dem Rundschreiben des Bundesinnenministeriums (BMI) vom 8. August 2022:

  • Auch Personen, die bereits in einem anderen Mitgliedsstaat vorübergehenden Schutz haben, haben nach einer Weiterwanderung nach Deutschland Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. In diesem Fall „ist der schutzbegehrenden Person, bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG in Deutschland zu erteilen.“ Denn mit dem EU-Beschluss zum vorübergehenden Schutz solle „Personen mit vorübergehendem Schutz den flexiblen Fortzug aus einem Mitgliedsstaat in einen anderen. Die eingeräumte „Freizügigkeit“ soll u.a. dazu dienen, eine schnelle Weiterreise und Verteilung in der EU zu ermöglichen.“
  • Wenn umgekehrt Personen, die vorübergehenden Schutz in Deutschland genießen, in einem anderen Mitgliedsstaat vorübergehenden Schutz beantragen, erlischt zwar der vorübergehende Schutz selbst in Deutschland nicht automatisch, aber die Aufenthaltserlaubnis erlischt gem. § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG sofort (und nicht erst nach sechs Monaten), da damit ein „dauerhafter Fortzugswille“ zum Ausdruck gebracht worden sei und es sich nicht nur um eine vorübergehende Ausreise handele.
  • Wenn eine Person, die in Deutschland vorübergehenden Schutz genießt, dauerhaft in die Ukraine zurückkehrt, droht ebenfalls das Erlöschen des Aufenthaltstitels. Bei einer von vornherein nur vorübergehend geplanten Reise in die Ukraine erlischt der Titel hingegen erst nach sechs Monaten Abwesenheit aus Deutschland (§ 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG). Man kann bei der Ausländerbehörde auch eine längere Frist als sechs Monate beantragen.

Zusammengefasst von Claudius Voigt von der GGUA.


VG Sigmaringen: Umfassende Prüfung Aufenthaltstitel für nicht-ukrainische Geflüchtete

Das Gericht hat in seinem Beschluss klargestellt, dass die Ausländerbehörde das Prüfprogramm für einen Aufenthaltstitel nicht auf § 24 AufenthG begrenzen darf, wenn – wie hier – auch andere Ermächtigungsgrundlagen zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommen. Das Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen entschied dies am 18.08.2022 (5 K 1804/22). Eine Nigerianerin in medizinischer Ausbildung als Assistenzärztin mit befristeter Aufenthaltserlaubnis in der Ukraine floh im März nach Deutschland. Sie beantragte eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung oder Erwerbstätigkeit oder zum vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG. Diese wurde mit der Begründung abgelehnt, die Antragstellerin könne sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland zurückkehren. Das Gericht hat dem Eilantrag stattgegeben, unter anderem da die Ausländerbehörde nur die Voraussetzungen für den § 24 AufenthG geprüft habe, aber nicht noch weitere für die Antragstellerin in Betracht kommende Aufenthaltstitel prüfte. „Denn für nicht-ukrainische Staatsangehörige kann im Einzelfall auch eine Aufenthaltserlaubnis aus anderen Gründen in Betracht kommen (vgl. Schuster/Voigt, Asylmagazin 2022, 109; Dörig, jM 2022, 249).“ Zudem deutet das Gericht an, dass die Ausländerbehörde bei der Beurteilung der Frage, ob die Antragstellerin sicher und dauerhaft nach Nigeria zurückkehren kann, das BAMF hätte beteiligen müssen. Die Klägerin erhält bis zum Abschluss des Verfahrens eine Fiktionsbescheinigung.


Stuttgart/Tübingen: Veranstaltungen von Refugio

Der gemeinnützige Verein refugio stuttgart e.v. bietet anlässlich seines 20-jährigen Jubiläums im Herbst eine Reihe von Veranstaltungen an. Es gibt verschiedene Lesungen, Konzerte, Fachvorträge und Debatten im Themenbereich Flucht und Trauma.

Zum Veranstaltungsprogramm und weiteren Informationen.


VGH Baden-Württemberg: Verfolgung homosexueller Männer in Gambia

Homosexuellen Männern droht in Gambia Verfolgung, so hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg (AZ: A 13 S 733/21, 06.07.2022) entschieden und damit seine bisherige Rechtsprechung geändert.

Leitsätze

1. Männern, deren Homosexualität bedeutsamer Bestandteil ihrer sexuellen Identität ist, droht gegenwärtig in Gambia mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit eine Verfolgung in Form einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, die so gravierend ist, dass sie in der Gesamtschau einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung gleichkommt.

2. Ein Asylbewerber, bei dem anzunehmen ist, dass er seine homosexuelle Identität bei einer hypothetischen Rückkehr nach Gambia nur wegen seiner Furcht vor Verfolgung nicht ausleben würde, darf nicht darauf verwiesen werden, dass er sich durch das Verheimlichen seiner sexuellen Identität der ansonsten beachtlich wahrscheinlichen Verfolgung entziehen kann.

3. Homosexuelle Männer haben in Gambia nicht die Möglichkeit, internen Schutz gemäß § 3e AsylG vor Verfolgung wegen ihrer sexuellen Identität zu erhalten.


Sigmaringen: Workshop „Zweiklassengesellschaft?“

Tausende Ukrainer*innen fliehen vor dem Krieg in ihrem Heimatland und werden mit offenen Armen empfangen. Sie erhalten schnell eine Aufenthaltserlaubnis mit vielen Privilegien, es gibt spezielle Freizeit- und Beratungsangebote für sie und sogar die Sendung mit der Maus ist nun auf Ukrainisch verfügbar. Das ist toll. Aber warum geht das nicht für alle Geflüchtete? Es ist ungerecht, dass nicht alle Geflüchteten die gleiche Unterstützung erfahren. Liegt es vielleicht an der Nähe zu Europa, an der hellen Hautfarbe oder am Feindbild Russland, dass Ukrainer*innen so viel besser aufgenommen werden? In diesem Workshop beschäftigen wir uns mit Ungleichbehandlung. Wir diskutieren sowohl Gründe und Folgen von Ungleichbehandlung, als auch wie man ihr entgegentreten, Brücken bauen und eine Zweiklassengesellschaft vermeiden kann. Politische, gesellschaftliche und persönliche Ebenen verschränken sich und es ist wichtig, sich im Engagement für Geflüchtete – egal woher sie kommen – zu positionieren.

Referentin: J. Khatib-Saleh (Empowerment Trainerin)

Ort: Landratsamt Sigmaringen (Raum: AB), Leopoldstraße 4, 72488 Sigmaringen

Der kostenlose Workshop richtet sich in erster Linie an Ehrenamtliche in der Region Sigmaringen. Die Teilnehmendenzahl ist begrenzt. Ggf. wird es eine Warteliste geben.

Wir bitten um Anmeldung bis zum 23. September 2022 telefonisch (07571-1026336) oder per E-mail (sanja.muehlhauser@lrasig.de).

Bitte bringen Sie bei Bedarf ggf. einen Mund-Nasen-Schutz mit.

Den Workshop veranstalten in Kooperation der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg und das Landratsamt Sigmaringen/Fachbereich Recht und Ordnung. Er findet im Rahmen des Projekts „Perspektive durch Partizipation“, gefördert durch die Aktion Mensch, statt.


Ravensburg: Workshop „Zweiklassengesellschaft?“

Tausende Ukrainer*innen fliehen vor dem Krieg in ihrem Heimatland und werden mit offenen Armen empfangen. Sie erhalten schnell eine Aufenthaltserlaubnis mit vielen Privilegien, es gibt spezielle Freizeit- und Beratungsangebote für sie und sogar die Sendung mit der Maus ist nun auf Ukrainisch verfügbar. Das ist toll. Aber warum geht das nicht für alle Geflüchtete? Es ist ungerecht, dass nicht alle Geflüchteten die gleiche Unterstützung erfahren. Liegt es vielleicht an der Nähe zu Europa, an der hellen Hautfarbe oder am Feindbild Russland, dass Ukrainer*innen so viel besser aufgenommen werden? In diesem Workshop beschäftigen wir uns mit Ungleichbehandlung. Wir diskutieren sowohl Gründe und Folgen von Ungleichbehandlung, als auch wie man ihr entgegentreten, Brücken bauen und eine Zweiklassengesellschaft vermeiden kann. Politische, gesellschaftliche und persönliche Ebenen verschränken sich und es ist wichtig, sich im Engagement für Geflüchtete – egal woher sie kommen – zu positionieren.

Referentin: J. Khatib-Saleh (Empowerment Trainerin)

Ort: Kreativzentrum Ravensburg in der Kapuzinerstr. 27, 88212 Ravensburg

Der kostenlose Workshop richtet sich in erster Linie an Ehrenamtliche in der Region Ravensburg. Die Teilnehmendenzahl ist begrenzt. Ggf. wird es eine Warteliste geben.

Wir bitten um Anmeldung bis zum 23. September 2022 telefonisch (0751 – 85 9863) oder per E-mail (e.militz@rv.de).

Bitte bringen Sie bei Bedarf ggf. einen Mund-Nasen-Schutz mit.

Den Workshop veranstalten in Kooperation der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg und das Amt für Migration und Integration des Landkreises Ravensburg. Er findet im Rahmen des Projekts „Perspektive durch Partizipation“, gefördert durch die Aktion Mensch, statt.