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Schutz und Asyl für Deserteure und Kriegsdienstverweigerer aus Russland, Belarus und der Ukraine

In einem gemeinsamen Appell an den Deutschen Bundestag fordert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis den Bundestag und die Bundesregierung auf, sowohl russischen und belarussischen als auch ukrainischen Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren Schutz und Asyl zu gewähren. Deutschland und alle anderen EU-Länder müssen diese Menschen, die vor dem Kriegseinsatz fliehen, unbürokratisch aufnehmen und ihnen ein dauerhaftes Bleiberecht ermöglichen – und auch dafür sorgen, dass das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung anerkannt wird.

„Unser Ziel ist es, dass Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren aus dem Ukraine-Krieg unkompliziert Schutz und Asyl gewährt wird“, heißt es in dem Brief an die Bundestagsabgeordneten, der von Connection e.V., der Menschenrechtsorganisation PRO ASYL und rund 40 weiteren Friedens-, Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen aus ganz Deutschland, unter anderem vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, unterstützt wird. Das Bündnis bittet die Bundestagsabgeordneten eindringlich, mit einem entsprechenden Antrag – möglichst überfraktionell – die Bundesregierung mit diesem Schutz für Deserteure und Kriegsdienstverweigerer zu beauftragen. Leider ist dieser Schutz bisher nicht garantiert.

Deserteure aus der Russischen Föderation und Belarus
Nach derzeitigem Stand müssen geflüchtete Deserteure und Verweigerer aus der Russischen Föderation und Belarus ins Asylverfahren gehen – mit ungewissem Ausgang. Denn die Verfolgung wegen Kriegsdienstverweigerung und Desertion gilt in Deutschland nach der Praxis von BAMF und Gerichten nicht ohne weiteres als Asylgrund.
Der Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine ist ein völkerrechtswidriger Krieg, unterstützt durch Belarus. Und deshalb gilt für russische und belarussische Soldatinnen und Soldaten, die sich dem Einsatz im Militär und somit dem möglichen Kriegseinsatz in der Ukraine entzogen haben oder desertiert sind, Artikel 9 der Qualifikationsrichtline der Europäischen Union: Denjenigen Menschen wird flüchtlingsrechtlicher Schutz zugesagt, die sich völkerrechtswidrigen Handlungen oder Kriegen entziehen und deswegen Bestrafung fürchten müssen (Artikel 9 Abs. 2e).

Doch die Erfahrung sieht anders aus: Bisherige Asylverfahren, die sich auf Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie bezogen, haben gezeigt, dass deutsche Behörden und Gerichte sehr hohe Beweisanforderungen stellen, die viele der Betroffenen nicht erfüllen können. Dann droht ihnen Ablehnung und Auslieferung an die Kriegsherren.
So fordern deutsche Behörden und Gerichte von den betroffenen Männern zum Beispiel Einsatzbefehle, die anstehende völkerrechtswidrige Handlungen belegen – was in der Praxis aber schier unmöglich ist. Und auch das Recht, den Kriegsdienst zu verweigern, ist in beiden Ländern eingeschränkt.

Ausreiseverbot aus Ukraine widerspricht Menschenrechtskonvention

Auch in der Ukraine wird nur ein kleiner Teil der Kriegsdienstverweigerer anerkannt – zu ihnen zählen Mitglieder von kleinen Religionsgemeinschaften wie beispielsweise den Zeugen Jehovas. Wer nicht einer solchen Religionsgemeinschaft angehört, dem wird eine Anerkennung versagt. Auch Reservisten und Soldaten haben keine Möglichkeit der Antragstellung. Zudem widerspricht das derzeit geltende Ausreiseverbot für Männer zwischen 18 und 60 Jahren dem 4. Zusatzprotokoll der Europäischen Menschenrechtskonvention, wonach es jeder Person “freisteht, jedes Land einschließlich seines eigenen zu verlassen“.

Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2011 feststellte. Diesem Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung muss in allen Ländern, auch in denen, die sich im Krieg befinden, Geltung verschafft werden. Wer aus Gewissensgründen den Dienst mit der Waffe ablehnt und dafür verfolgt wird, muss geschützt werden.

Zwar genießen Menschen aus der Ukraine durch den EU-Ratsbeschluss zum vorübergehenden Schutz für zunächst ein Jahr einen sicheren Aufenthalt. „Bezüglich der Kriegsdienstverweigerer ist jedoch zu bedenken, dass mit Auslaufen dieser Regelung die Frage relevant sein wird, ob und wie Kriegsdienstverweigerer in der Ukraine verfolgt werden“, heißt es in dem gemeinsamen Appell der Organisationen.

Denn auch hier zeigt die Erfahrung: In den vergangenen Jahren waren bereits mehrere Hundert Verweigerer aus allen Teilen der Ukraine nach Deutschland gekommen, um hier Schutz zu finden. Die meisten wurden aber in den Asylverfahren abgelehnt.

Der Appell an den Deutschen Bundestag steht hier.


Informationen zur Rechtslage für Kriegsdienstverweigerung und Desertion in Belarus, Russische Föderation und Ukraine sind hier zu finden.

Informationen zu Schutz und Asyl für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure finden Sie hier und hier.


Ukraine: Informationen zu Kindern und Jugendlichen

Viele geflüchtete Kinder und Jugendliche kommen aus der Ukraine in Deutschland an. Sie können Schutzmaßnahmen und unterstützende Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII beanspruchen. Bei entsprechendem Bedarf erhalten sie und ihre Familien, sowie geflüchtete Volljährige ambulante und stationäre Hilfen. Für unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche (UMA) ist das Jugendamt zur vorläufigen Inobhutnahme berechtigt und verpflichtet. Als UMA gelten alle Kinder und Jugendliche, deren Einreise nicht in Begleitung eines*einer Personensorgeberechtigten oder Erziehungsberechtigten erfolgt.

Das Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e. V (DIJuF) sowie das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) haben Informationen rund um die Versorgung von unbegleiteten und begleiteten Kindern und Jugendlichen, die aus der Ukraine einreisen, veröffentlicht.

In Baden-Württemberg organisiert die Landesregierung zusammen mit den Jugendämtern unbürokratische Hilfen. Das Land will abweichend von den gesetzlichen Regelungen die Kosten für die Kinder und Jugendlichen übernehmen, bei denen sich erst nach einer Zeit von bis zu drei Monaten herausstellt, dass sie nicht von Erwachsenen begleitet werden, die für sie die Sorge übernehmen.

Ein kostenloses Willkommensbuch für Kinder in Deutsch/Ukrainisch enthält Informationen zu Deutschland und soll Kindern helfen, in Deutschland anzukommen.

Die Diakonie Deutschland stellt in dieser Handreichung Informationen zu Teilhabeleistungen (Eingliederungshilfe), Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und Leistungen zur Pflege für Personen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, zur Verfügung.

Wissenschaftler:innen des Manchester University haben Informationsmaterial für Erwachsene, die Kinder in Konflikt- und Vertreibungssituationen betreuen, entwickelt. Das Informationsmaterial gibt es auch in Ukrainisch.

Der BumF hat einen Flyer für Kinder und Jugendliche, welche aus der Ukraine geflüchtet sind, veröffentlicht. Der Flyer liefert zu verschiedenen Themen wie Rechten, Schule und Gesundheit Orientierung. In wenigen Tagen wird dieser auch in Ukrainisch erhältlich sein.


Dokumentarfilm „Voices from the Camp“

Angesichts der Wochen gegen Rassismus stehen in den nächsten Wochen viele Veranstaltungen an. Die folgende Veranstaltung befasst sich mit dem Alltag und den Bedinungen in Erstaufnahmeeinrichtungen.

Die LEA Watch orgaisiert am 27.03.2022 um 17:30 Uhr eine Veranstaltung, bei welcher der Dokumentarfilm „Voices from the Camp“ gezeigt werden soll. In dieser Filmdokumentation kommen Bewohner*innen zu Wort, welche sich für bessere Lebensbedinungen in den Unterkünften einsetzten. Im Anschluss wird noch über die Kampagne „Grund­rechte am Eingang abgeben“ informiert und diskutiert. Die Veranstaltung findet im DELPHI_space in Freiburg, auf Deutsch und Englisch, statt.


Infoveranstaltung: Geflüchtete aus der Ukraine

Der Flüchtlingsrat Ulm/ Alb-Donau-Kreis e.V. veranstaltet am 28.03.2022 um 19:00 Uhr eine Info-Veranstaltung . Diese dient dazu, Personen die aktuell aktiv bei der Unterstützung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mitmachen oder sich dafür interessieren, Orientierung und Informationen anzubieten. Es wird ein kompakter Überblick über die Situation vermittelt. Was wird noch gebraucht? Wo kann man sich noch einbringen? Was für Probleme und was für Lösungsansätze gibt es? Das Treffen findet in Ulm im „Haus der Begegnung“ statt.

Hinweise: Es gilt die 2G Regelung und das Tragen einer FFP 2 Maske ist erforderlich.


Bildreise „Vor den Augen der Welt“

Diese musikalisch-dokumentarische Bilderreise, veranstaltet vom Galerieverein Wendlingen, führt in viele Krisengebiete der Welt und lässt uns Einblick nehmen in das Leben der Menschen im Hintergrund der täglichen Kriegsnachrichten. Aeham Ahmad und Konstantin Flemig, welche den Abend begleiten, haben ein solches Leben direkt miterlebt. Der Abend wird mit Liedern, Bildern und Texten gestaltet und soll damit ein Zeichen setzen für Zuversicht und Frieden.


Die Bildreise findet am 09.04.2022 im Treffpunkt Stadtmitte in Wendlingen statt. Der Einlass ist ab 18:30 Uhr und die Veranstaltung beginnt um 19:00 Uhr. Die Karten kosten 12€ im Vorverkauf und 14€ an der Abendkasse. Für Schüler*innen, Student*innen und Geflüchtete gibt es eine Ermäßigung von jeweils 2€.


Flyer: Grundrechte in Gemeinschaftsunterkünften

Der Flüchtlingsrat Brandenburg veröffentlichte im Februar einen neuen Informations-Flyer, welcher Geflüchtete und Unterstützende über Grundrechte in Gemeinschaftsunterkünften aufklärt. Denn: Für Menschen, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, gelten die Grundrechte des Grundgesetzes.


Dieser ist online in sieben Sprachen erhältlich: Arabisch, Deutsch, Französisch, Englisch, Farsi, Russisch und Tigrinya


Offenes Haus gegen Krieg

Neu Angekommene, Menschen aus Stuttgart, der Ukraine, Russland und Belarus und von überall her sind am Sonntag den 27.03.2022, von 14-20 Uhr, ins Theater Rampe in Stuttgart eingeladen. Das Bündnis für eine gerechte Kunst- und Kulturarbeit bietet zusammen mit vielen Engagierten einen Raum, zusammenzukommen sich auszutauschen und kennen zu lernen. Es werden Künstler*innen, Hilfsinitiativen und engagierte Bürger*innen dabei sein, welche Aktionen wie Musikbeiträge, Ansprachen und ein Open Mic organisiert haben. Ein Fingerfood-Buffet wird es auch geben, für das man eingeladen ist etwas mitzubringen.


Online-Seminar: Umgang mit und Unterstützung von geflüchteten Frauen mit Gewalterfahrungen

Am 19. April veranstaltet der Flüchtlingsrat BW ein Online-Seminar zum Thema „Umgang mit und Unterstützung von geflüchteten Frauen mit Gewalterfahrungen“. Das Seminar findet von 18 bis 20 Uhr statt und richtet sich in erster Linie an ehrenamtlich Engagierte. Es wird von Luam Okbamicael vom Fraueninformationszentrum Stuttgart geleitet.

Im Fokus stehen Fragen, die sich rund um das Engagement für geflüchtete Frauen mit Gewalterfahrungen stellen. Es wird Einblicke in die unterschiedlichen Formen von Gewalt an Frauen und deren Folgen geben, insbesondere für Frauen im Asylverfahren. Die Hintergründe frauenspezifischer Fluchtgründe sowie die besonderen Herausforderungen für die Frauen werden näher beleuchtet und dabei konkrete Handlungsmöglichkeiten für Unterstützer*innen gezeigt.

Konkrete Fragestellungen und Themenwünsche können an olszak@fluechtlingsrat-bw.de geschickt werden. Im Anschluss an den Input von Frau Okbamicael gibt es Raum für ein Austauschgespräch mit den Teilnehmenden.

Das Online-Seminar wird mit Zoom durchgeführt. Anmeldeschluss ist der 13. April. Wenn Sie sich mit dem untenstehenden Formular anmelden, erhalten Sie die Zugangsdaten am Tag vor der Veranstaltung per Email.


Die Veranstaltung findet im Rahmen des Projekts „Perspektive durch Partizipation“, gefördert durch die Aktion Mensch, statt.

Die Anmeldung ist geschlossen.


Hungerstreik und Gewaltvorwürfe in der Abschiebungshaft

Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg ist in hohem Maße besorgt über die aktuellen Entwicklungen in der Abschiebungshaftanstalt Pforzheim. Am Donnerstag berichtete die Nachrichtenagentur dpa, dass sich einige Gefangene im Hungerstreik befinden. „Das deckt sich mit Informationen, die Gefangene an uns und andere Personen, mit denen sie in Kontakt stehen, in den letzten Tagen kommuniziert haben“, kommentierte Seán McGinley, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg. Des Weiteren berichten Gefangene über gewaltsame Übergriffe und Beleidigungen seitens des Vollzugspersonals sowie über den Entzug von dringend benötigten Medikamenten.

Der Flüchtlingsrat weist darauf hin, dass es bereits 2019 und 2020 ähnliche Vorwürfe gab. „Wir können schon vorwegnehmen, was die Verantwortlichen – die Anstaltsleitung, das Regierungspräsidium Karlsruhe und das Justizministerium – sagen werden: Genau wie damals werden sie sagen, dass die Vorwürfe nicht stimmen und das in der Abschiebungshaft Grundrechte respektiert werden. Das Gleiche haben sie auch jahrelang in Bezug auf die Landeserstaufnahmeeinrichtungen behauptet. Dem war nicht so, wie wir jetzt wissen. Warum sollte ihnen jetzt jemand glauben, wenn sie blindes Vertrauen einfordern und Vorwürfe routinemäßig abstreiten? Das grundlegende Problem ist, dass es weiterhin null Transparenz und null unabhängige Kontrolle dessen gibt, was in der Abschiebungshaft passiert. Das ist eines Rechtsstaates unwürdig“, kritisiert Seán McGinley.

Die Berichte der Gefangenen machen deutlich, dass die repressiven Zustände sich nicht nennenswert von einem „normalen“ Gefängnis unterscheiden, und dazu führen, dass die Gefangenen ihre eigene Abschiebung oder sogar ihren Tod herbeiwünschen. Der Flüchtlingsrat weist darauf hin, dass der Europäische Gerichtshof kürzlich entschieden hat, dass genau diese Zustände nicht zulässig sind, weil sich die Bedingungen in Abschiebungshaft grundlegend von denen in Strafhaft unterscheiden sollen. „Die Reaktion des Justizministeriums auf diese Entscheidung – die schmallippige Behauptung, es seien keine Änderungen an der Vollzugspraxis nötig – passt in das Bild der totalen Gleichgültigkeit gegenüber Grund- und Menschenrechten der Gefangenen, die selbe totale Gleichgültigkeit, mit der über Jahre die Grundrechte von Geflüchteten in Landeserstaufnahmeeinrichtungen verletzt wurden. Es ist an der Zeit, dass die Landesregierung beginnt, sich nicht nur dann für die Durchsetzung des Rechts zu interessieren, wenn es um Entscheidungen zum Nachteil von Geflüchteten geht. Konkret würde das heißen: Schluss mit diesem inhumanen, gefängnisähnlichen und völlig intransparenten Abschiebungshaftregime!“, so Seán McGinley abschließend.


Ukraine: Hilfe für geflüchtete Frauen und Kinder

Frauen und Kinder sind auf der Flucht besonders gefährdet, Opfer von Ausbeutung, Missbrauch und Gewalt oder Menschenhandel zu werden. Da besonders viele ukrainische Frauen und Kinder flüchten, sollen die folgenden Adressen und Telefonnummern Unterstützung bieten und Ausbeutung und Gewalt verhindern.

Die Organisation Jadwiga startet eine Informations- und Präventionskampagne. Auf ihrer Website finden Sie Sicherheits- und Verhaltenstipps für ukrainische Mädchen und Frauen auf der Flucht und für die Unterbringung in Deutschland. Bei Unterbringung im privaten Kontext ist es wichtig, vor Gefahren von sexueller Ausbeutung und Ausbeutung als Pflegekraft- oder Haushaltshilfe gegen Kost und Logie zu sensibilisieren. Der Flyer ist auf Englisch und Ukrainisch zugänglich.

Die folgenden Telefonnummern können in Notsituationen oder wenn Unterstützung benötigt wird angerufen werden. Das Angebot richtet sich an Geflüchtete aber auch an ehrenamtliche Helfer*innen, die eine prekäre Situation selbst erleben oder Zeug*in werden.