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Gambische Delegationen: Begleitpersonen sind zugelassen

Seit März 2020 sind Begleitpersonen von Gambier*innen bei Vorführungen bei der gambischen Delegation zugelassen. Nach langem Hin und Her zu der umstrittenen Zulassungsfrage hat das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Rechtsanwalt Franz Hoß telefonisch und schriftlich mitgeteilt, dass eine Begleitung grundsätzlich möglich ist. Herr Hoß berichtete über diese Wende und seinen Erfahrungen bei der Begleitung im Rundbrief 1/2020 des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg. Auch bei Delegationsbesuchen aus anderen Staaten sollten Begleitpersonen zugelassen sein und so kann der Artikel hilfreiche Argumente liefern und Lösungswege aufzeigen.

Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe 1/2020 des Rundbriefes des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg. Dieser erscheint dreimal im Jahr in gedruckter Form und kann kostenfrei über die Website des Flüchtlingsrats bestellt werden. Wenn Sie Mitglied des Flüchtlingsrats sind, bekommen Sie den Rundbrief immer direkt nach dem Erscheinen per Post zugeschickt




OVG Nordrhein-Westfalen: Abschiebungen anerkannter Flüchtlinge nach Griechenland nicht zulässig

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat am 21.01.2021 entschieden, dass in Griechenland anerkannte Schutzberechtigte aktuell nicht dorthin rücküberstellt werden dürfen. Dem Gericht zufolge bestehe generell die ernsthafte Gefahr, dass Flüchtlinge bei einer Rückkehr nach Griechenland ihre elementarsten Bedürfnisse (»Bett, Brot, Seife«) über einen längeren Zeitraum nicht befriedigen können.


1362 Abschiebungen aus Baden-Württemberg 2020

Aus Baden-Württemberg wurden im Jahr 2020 insgesamt 1362 Personen abgeschoben. Damit ging die Zahl aus dem Jahr 2019 (2648) um 1286 zurück. Der Rückgang lässt sich vor allem mit der Corona-Krise erklären und den damit verbundenen Grenzschließungen, v.a. im Frühjahr, und zusätzlichen Maßnahmen zum Infektionsschutz der Herkunftsländer. Dass trotz der Pandemie und nationalem Lock-Down so viele Abschiebungen durchgeführt werden, erhöht das Infektionsrisiko der Abgeschobenen, verschärft ihre Lage in den Herkunftsländern und steht entgegen aller Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie.

Weiterhin werden besonders Abschiebungen in die sogenannten „sicheren Herkunftsländer“, den westlichen Balkanstaaten forciert (Albanien ist das Land, in das am meisten Menschen abgeschoben wurden). Hier wurden 2020 427 Menschen abgeschoben, rund 300 weniger als im Vorjahr. Dies geht auch mit sinkenden Zahlen an neueinreisenden Asylsuchenden aus diesen Ländern einher. Besonders hart zeigt sich hier die Landesregierung, da Menschen abgeschoben und von ihren Familien getrennt werden, die Jahrzehnte in Deutschland gelebt hatten. Sogar vor der Abschiebung von unbegleiteten Minderjährigen schreckte das Land nicht zurück.

An dritter und vierter Stelle tauchen Frankreich (101) und Italien (91) in der Statistik auf. Dies wird vor allem Geflüchtete in Dublin-Verfahren oder mit Schutzstatus in einer der beiden Ländern betreffen.

Auch nach Afghanistan hat sich die Landesregierung mit Abschiebungen beteiligt und schickte 19 Personen in das Land zurück, für das etliche Gerichte angesichts der verschlechterten Lage durch die Corona-Krise Abschiebungsverbote feststellten.

Nach Gambia wurden 28 Personen im Jahr 2020 abgeschoben.

ZiellandAbschiebungen
Albanien137
Georgien132
Frankreich101
Kosovo95
Italien91
Serbien81
Bosnien-Herzegowina61
Rumänien54
Türkei54
Nordmazedonien53
Pakistan46
Bulgarien29
Gambia28
Schweiz28
Polen27
Tunesien26
Algerien22
Österreich21
Kroatien20
Niederlande20
Afghanistan19
Litauen19
Nigeria17
Spanien17
Russische Föderation16
Griechenland13
Montenegro13
Portugal12
Schweden11
USA11
Ungarn9
Iran7
Kamerun7
Malta6
Marokko5
Slowenien5
Moldawien4
Slowakische Republik4
Belgien3
Finnland3
Lettland3
Ukraine3
Armenien2
Indien2
Irak2
Vietnam2
Argentinien1
Benin1
Brasilien1
Chile1
China1
Dänemark1
Estland1
Ghana1
Großbritannien1
Guinea1
Kasachstan1
Kenia1
Kolumbien1
Libanon1
Luxemburg1
Mexiko1
Norwegen1
Somalia1
Thailand1
Tschechische Republik1
Weißrussland1
Gesamtergebnis1362
HerkunftslandAbschiebungen
Albanien144
Georgien136
Kosovo99
Serbien82
Nigeria74
Türkei67
Bosnien-Herzegowina63
Nordmazedonien53
Rumänien52
Pakistan48
Gambia45
Afghanistan41
Tunesien40
Algerien32
Russische Föderation32
Syrien32
Irak30
Polen21
Guinea19
Litauen18
Bulgarien16
Indien16
Somalia14
Kamerun13
Montenegro13
Frankreich12
Italien12
Iran11
USA11
China10
Kroatien10
Togo9
Ungarn8
Armenien7
Eritrea7
Sri Lanka7
Griechenland6
Marokko6
Moldawien4
Portugal4
Slowakische Republik4
Ghana3
Ukraine3
Lettland2
Niederlande2
Senegal2
Spanien2
Vietnam2
Argentinien1
Aserbaidschan1
Benin1
Brasilien1
Chile1
Großbritannien1
Guinea-Bissau1
Kasachstan1
Kenia1
Kolumbien1
Kuba1
Libanon1
Mexiko1
Niger1
Sierra Leone1
staatenlos1
Thailand1
Weißrussland1
Gesamtergebnis1362

„Baden-Württemberg – ein sicherer Hafen zum Kommen und Bleiben“

Im Rahmen der Kampagne „Sicherer Hafen Baden-Württemberg“ rufen die Seebrücken und der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg am kommenden Samstag, den 30. Januar zu einem coronagerechten Aktionstag unter dem Motto „Baden-Württemberg – ein sicherer Hafen zum Kommen und Bleiben“ auf.
„Die Lage geflüchteter Menschen an den europäischen Außengrenzen spitzt sich immer weiter zu. In Baden-Württemberg haben sich insgesamt 31 Städte und Kommunen zum Sicheren Hafen erklärt. Es gibt eine Aufnahmebereitschaft, die von der Politik endlich in Taten umgesetzt werden muss“ so Henri Dubois von den Seebrücken Baden-Württemberg.
Im Rahmen der Kampagne wurde am Tag der Menschenrechte im vergangenen Dezember ein Brief im Staatsministerium übergeben, der von 168 Organisationen unterschrieben wurde, die sich hinter die Ziele der Kampagne gestellt haben.
„Es gibt eine Zivilgesellschaft, die sich offen zeigt für eine zusätzliche Aufnahme von geflüchteten Menschen im Rahmen eines Landesaufnahmeprogrammes und die für menschenfreundliche und solidarische Entscheidungen steht. Dieses zivilgesellschaftliche Engagement sollte offene Ohren finden“, so Ines Fischer von den Seebrücken Baden-Württemberg.
Der Aktionstag nimmt aber auch die Situation von geflüchteten Menschen in den Blick, die schon länger in Baden-Württemberg leben und denen nach vielen Jahren immer noch die Abschiebung droht. „Es kann nicht sein, dass so wie im Landkreis Biberach Menschen nach 28 Jahren in eine ungewisse Zukunft abgeschoben werden“, so Sean McGinley vom Flüchtlingsrat. „Die Ausländerbehörden müssen ihre Spielräume nutzen, die ihnen für die Ermöglichung eines Bleiberechts zur Verfügung stehen“.
Aktionen finden in Mannheim, Heidelberg, Stuttgart, Karlsruhe, Reutlingen, Tübingen, Freiburg, Konstanz und Ravensburg statt. Zugleich findet bundesweit ein gemeinsamer Aktionstag der Seebrücke und Balkanbrücke statt, mit welchem unter dem Motto „Aufnahme statt Abschottung“ auf die Situation von geflüchteten Menschen an der bosnisch-kroatischen Außengrenzen aufmerksam gemacht werden soll und die sofortige Evakuierung der Menschen fordert.


Aktionen:
Heidelberg 13 Uhr Neckarwiese
Freiburg 11-13 Uhr Europaplatz, Stühlinger Markt, Blaue Brücke
Konstanz 17 Uhr Herosepark (Fahrradbrücke)
Stuttgart 16 Uhr Eckensee
Tübingen Marktplatz 15 Uhr
Mannheim 12-16 Uhr Neckarufer (zwischen Kurpfalz und Friedrich-Ebert-Brücke)
Karlsruhe 13-15 Uhr Marktplatz


Offener Brief des RAV an Justizministerien, Gerichte und das BAMF

In einem offenen Brief an die Justizminister der Bundesländer, jegliche Gerichte, sowie an den Präsidenten des Bundesamt für Migration und Flucht, appelliert der republikanische Anwältinnen und Anwälteverein e.V. (RAV) an die Pflicht der Justiz und Behörden. Er fordert längst überfällige Maßnahmen, um eine weitere Ausbreitung des Corona-Virus zu vermeiden.

Ein wichtiger Beitrag zur Eindämmung wäre zum Beispiel die Aussetzung der Zustellung negativer Asylbescheide bis zum Ende des Lockdowns, so wie es schon im Frühjahr 2020 praktiziert wurde. Für Betroffene ist der Zugang zu anwaltlicher Beratung oder Unterstützung durch unabhängige Beratungsstellen im Moment oft nicht gegeben. Außerdem sind viele Unterkünfte für Geflüchtete durch Quarantäneanordnungen abgeriegelt, was ein Verlassen nahezu unmöglich macht. Auch eine oft zwingende Nutzung des ÖPNV zum Wahrnehmen von Beratungsterminen oder Gerichtsterminen wäre eine unnötige Risikoaussetzung. Des Weiteren fordert der RAV, alle nicht eilbedürftigen Gerichtstermine unverzüglich auszusetzen, sowie das Personalbedarfsberechnungssystem der Justiz vorübergehend außer Kraft zu setzen und die räumliche Situation in Gerichtssälen der Pandemie anzupassen.

Den offenen Brief des RAV finden Sie hier


Mehrsprachige Lernhilfen für „Leben in Deutschland“-Test

Das erfolgreiche Bestehen des „Leben in Deutschland“-Tests ist in vielen Fällen eine wichtige Voraussetzung für die Niederlassungserlaubnis und für die Einbürgerung, aber auch etwa für die Bleiberechtsregelung nach § 25b AufenthG. Der Test wird üblicherweise am Ende des Integrationskurses abgelegt, kann aber auch unabhängig vom Kurs absolviert werden. Vor allem, aber nicht nur für Personen, die außerhalb eines Kurses den Test machen wollen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie in Eigenverantwortung für den Test lernen und üben. Dies ist auf der Website des BAMF möglich – Fragen können dort beliebig oft beantwortet, und die Antworten ausgewertet werden lassen. Als nützliche Lernhilfen können dabei die folgenden Videos, in denen die richtigen Antworten vorgestellt und in andere Sprachen übersetzt bzw. in der jeweils anderen Sprachen erläutert werden.

Arabisch

Persisch

Deutsch mit Englischen Untertiteln

Türkisch


Einbürgerung kann auch ohne amtliche Papiere erfolgen

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil vom 23. September 2020 entschieden, dass in Ausnahmefällen eine Einbürgerung auch ohne die Vorlage von amtlichen Papieren erfolgen kann, wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, diese zu beschaffen. Das Gericht hat ein Stufenmodell festgelegt auf dessen letzter Stufe allein die Angaben des/der Einbürgerungsbewerber*in ausreichend sind, um die Identität zu klären. Geklagt hatte eine Tibeterin, die als Kind in ein Nonnenkloster aufgenommen wurde und einen Ordensnamen verliehen bekommen hatte. Ihr Geburtsname und ihr genaues Geburtsdatum sind ihr nicht bekannt. Die als Flüchtling anerkannte Frau, die eine Niederlassungserlaubnis besitzt, hatte zunächst erfolglos vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart gegen die Ablehnung ihres Einbürgerungsantrages geklagt. Im Rahmen der Revision verwies das Bundesverwaltungsgericht den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurück.

Das vom Bundesverwaltungsgericht vorgesehene Stufenmodell sieht folgendermaßen aus: Wenn ein Pass oder Passersatzpapier nicht zumutbar beschafft werden kann, sind für den Nachweis andere geeignete amtliche Urkunden zuzulassen, bei deren Ausstellung die Richtigkeit der Verbindung von Person und Name überprüft worden ist. Sind auch solche Dokumente für den/die Einbürgerungsbewerber*in zumutbar nicht zu erreichen oder reichen sie zur Identitätsklärung für sich allein nicht aus, kann – allein oder ergänzend – hierfür auch auf andere aussagekräftige Beweismittel, insbesondere auf die Vorlage sonstiger amtlicher und nichtamtlicher Urkunden oder auf Zeugenaussagen Dritter zurückgegriffen werden. Ist auch dies dem/der Einbürgerungsbewerber*in objektiv nicht möglich und sind alle Möglichkeiten einer Ermittlung von Amts wegen ausgeschöpft, können in besonderen Ausnahmefällen zur Klärung der Identität auf einer letzten Stufe auch im Rahmen einer Gesamtwürdigung eines schlüssigen und glaubhaften Vorbringens allein die Angaben des/der Einbürgerungsbewerber*in zu seiner/ihrer Person Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen Überzeugungsbildung sein.


Online-Veranstaltung „Wir Frauen* schaffen das!“

Die Evangelischen Frauen in Württemberg führen in Kooperation mit den Evangelischen Frauen in Baden einen Online-Talk mit Frauen, die mit Geflüchteten arbeiten, durch. Engagierte Frauen können sich auf der Homepage der Evangelischen Frauen in Baden anmelden.


VGH BW zu EuGH-Urteil Syrien: Berufung nicht zugelassen

Der VGH Baden-Württemberg hat sich Ende Dezember 2020 mit der EuGH-Entscheidung zum Wehrdienst bei Syrer*innen befasst und die Berufung nicht zugelassen bei einem Kläger, der als Minderjähriger eingereist ist. Das Gericht urteilte, dass aus dem EuGH-Urteil nicht folgt, dass unterschiedslos jedem*r Syrer*in im wehrpflichtigen Alter „automatisch“ die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist.

Für die Beratungspraxis lässt sich aus dem Urteil ableiten, dass sowohl Geflüchteten, die sich im Erst- oder Folgeverfahren auf das EuGH-Urteil beziehen möchten, genau herausarbeiten müssen, warum in ihrem konkreten Einzelfall wegen der Verweigerung des Militärdienstes aus Gewissensgründen Verfolgung droht.


BAMF hebt Verlängerungen von Überstellungsfristen bei Dublin-Kirchenasylen auf

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat bekanntgegeben, die Überstellungsfristen bei sogenannten Dublin-Kirchenasylen nicht mehr von sechs auf 18 Monate zu verlängern. Zwar sieht die Dublin III-Verordnung die Möglichkeit der Verlängerung der Überstellungsfrist vor, wenn Menschen flüchtig sind – im Gegensatz dazu ist der Aufenthaltsort von Menschen im Kirchenasyl den Behörden jedoch stets bekannt. Dies bestätigte auch ein Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom Juni 2020 und bezeichnete die Verlängerung als rechtswidrig. Die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Asyl in der Kirche hatte die Verlängerung der Überstellungsfrist deswegen scharf kritisiert und begrüßt nun umso mehr die Entscheidung des BAMF.

Die vollständige Pressemitteilung der BAG finden Sie hier