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Pro Asyl und Flüchtlingsräte zum Flüchtlingsgipfel: Kein „Weiter so“ in der Unterbringungspolitik

Pro Asyl und die Landesflüchtlingsräte fordern zum Flüchtlingsgipfel am Donnerstag eine pragmatische und lösungsorientierte Unterbringungspolitik für alle Schutzsuchenden. Der knappe Wohnraum in Deutschland ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das nicht nur geflüchtete Menschen betrifft. Die Lösung darf nicht darin bestehen, Geflüchtete auszugrenzen und zu diskriminieren. Zudem müssen die Ausländerbehörden entlastet werden – dafür hat Pro Asyl einige Vorschläge.

„Die Krise der Unterbringungspolitik besteht seit Jahren und nicht erst, seitdem Schutzsuchende aus der Ukraine aufgenommen wurden. Lösungsansätze dafür beginnen mit einer Debatte über die Aufhebung der Wohnpflicht in Sammelunterkünften und enden mit einem Kurswechsel mit dem Ziel: Wohnungen statt Lager“, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL. „Debatten über Abschiebungen sind hier nicht zielführend und befeuern nur eine diskriminierende und ausgrenzende Stimmung.“

PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte fordern zudem, dass sich die Politiker*innen beim Flüchtlingsgipfel auch mit der Überlastung der Ausländerbehörden befassen. Die monatelangen Wartezeiten auf einen Termin sind eine enorme Belastung für die betroffenen Menschen, da sie in der Zeit Jobangebote verlieren und Angst vor der Abschiebung haben.

Ausländerbehörden entlasten

Mit diesem Maßnahmenkatalog, der in der vergangenen Woche an die Innenministerien von Bund und Ländern geschickt wurde, schlägt PRO ASYL konkrete Schritte vor, die zu einer kurzfristigen Entlastung führen würden. Darüber hinaus sind mehr Personal und ein Mentalitätswechsel nötig, um den von der Bundesregierung angekündigten Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik auch in den Behörden umzusetzen.

Für die Unterbringung sollen Asylsuchende von Anfang an dabei unterstützt werden, bei Verwandten, Freund*innen oder in eigenen Wohnungen unterzukommen, statt in Sammelunterkünften leben zu müssen. Die Bundesländer haben die Möglichkeit, die Menschen gemäß Paragraf 49 Absatz 2 Asylgesetz „insbesondere zur Gewährleistung der Unterbringung und Verteilung“ von der Wohnpflicht in Asylaufnahmeeinrichtungen zu befreien. „Berlin hat mit der Aufhebung der Wohnverpflichtung für Asylsuchende Ende Januar einen ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Weitere Bundesländer müssen diesem Beispiel folgen“, so Alaows.

Wohnungen statt Sammelunterkünfte Nach dem Vorbild der Aufnahme Geflüchteter aus der Ukraine muss auch für Asylsuchende eine flexible Unterbringungspolitik umgesetzt werden, die eine Entlastung für Kommunen und Bundesländer darstellen würde. Asylsuchende, die bei privaten Gastgeber*innen oder bei Angehörigen unterkommen können, müssen, ebenso wie Ukrainer*innen, von der Verteilung auf andere Länder und Kommunen ausgenommen werden.

Keine Lösung ist, die Aufnahmequoten der Flächenstaaten zu erhöhen: Fläche schafft noch keine Integration, in Städten sind die Teilhabechancen meist besser als bei isolierter Unterbringung auf dem Land. Zentral für das Ankommen und die Eingliederung in Wohnung und Arbeit sind für die Schutzsuchenden am Ort lebende Angehörige, ehrenamtliche Helfer*innen sowie eine Infrastruktur mit Beratungsstellen, Anwält*innen, Ärzt*innen und anderen.

Wohnsitzauflagen abschaffen

„Besonders absurd ist, dass Kriegsflüchtlinge und anerkannte Flüchtlinge nicht jedes Wohnungsangebot annehmen dürfen, sondern wegen der Wohnsitzauflage auf eine bestimmte  Kommune festgelegt sind. Geflüchtete, die beispielsweise in einer Sammelunterkunft wohnen und eine Wohnung im Nachbarort finden, dürfen dort nicht hinziehen. Es muss gesetzlich verankert werden, dass das Angebot einer passenden Wohnung stets zur sofortigen Aufhebung der Wohnsitzauflage führt“, fordert Alaows.

Selbst Geflüchtete, die innerhalb der ihnen zugewiesenen Kommune eine Wohnung finden, treffen immer wieder auf eine willkürliche Behördenpraxis. Betroffene berichten, dass ihnen auch nach jahrelangem Aufenthalt nicht erlaubt wurde, aus Gemeinschaftsunterkünften in eine Wohnung zu ziehen. Begründet wurden die Ablehnungen mit der Wohnverpflichtung nach Paragraf 53 Asylgesetz, der im Ermessenswege die jahrelange Einweisung Asylsuchender in Sammelunterkünfte ermöglicht. „Paragraf 53 Asylgesetz muss gestrichen werden“, so Alaows.

Statt den alten Ruf nach vermehrten Abschiebungen als vermeintliche Lösung zu präsentieren, würde es helfen, wenn Bund, Länder und Kommunen bereits bestehende rechtliche Möglichkeiten effektiver nutzen und, wo nötig, die Gesetze ändern würden.

„Die Krise der Unterbringungspolitik besteht seit Jahren und nicht erst, seitdem Schutzsuchende aus der Ukraine aufgenommen wurden. Lösungsansätze dafür beginnen mit einer Debatte über die Aufhebung der Wohnpflicht in Sammelunterkünften und enden mit einem Kurswechsel mit dem Ziel: Wohnungen statt Lager“, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von Pro Asyl. „Debatten über Abschiebungen sind hier nicht zielführend und befeuern nur eine diskriminierende und ausgrenzende Stimmung.“

Pro Asyl und die Landesflüchtlingsräte fordern zudem, dass sich die Politiker*innen beim Flüchtlingsgipfel auch mit der Überlastung der Ausländerbehörden befassen. Die monatelangen Wartezeiten auf einen Termin sind eine enorme Belastung für die betroffenen Menschen, da sie in der Zeit Jobangebote verlieren und Angst vor der Abschiebung haben.

Ausländerbehörden entlasten
Mit diesem Maßnahmenkatalog, der in der vergangenen Woche an die Innenministerien von Bund und Ländern geschickt wurde, schlägt Pro Asyl konkrete Schritte vor, die zu einer kurzfristigen Entlastung führen würden. Darüber hinaus sind mehr Personal und ein Mentalitätswechsel nötig, um den von der Bundesregierung angekündigten Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik auch in den Behörden umzusetzen.

Für die Unterbringung sollen Asylsuchende von Anfang an dabei unterstützt werden, bei Verwandten, Freund*innen oder in eigenen Wohnungen unterzukommen, statt in Sammelunterkünften leben zu müssen. Die Bundesländer haben die Möglichkeit, die Menschen gemäß Paragraf 49 Absatz 2 Asylgesetz „insbesondere zur Gewährleistung der Unterbringung und Verteilung“ von der Wohnpflicht in Asylaufnahmeeinrichtungen zu befreien. „Berlin hat mit der Aufhebung der Wohnverpflichtung für Asylsuchende Ende Januar einen ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Weitere Bundesländer müssen diesem Beispiel folgen“, so Alaows.

Wohnungen statt Sammelunterkünfte
Nach dem Vorbild der Aufnahme Geflüchteter aus der Ukraine muss auch für Asylsuchende eine flexible Unterbringungspolitik umgesetzt werden, die eine Entlastung für Kommunen und Bundesländer darstellen würde. Asylsuchende, die bei privaten Gastgeber*innen oder bei Angehörigen unterkommen können, müssen, ebenso wie Ukrainer*innen, von der Verteilung auf andere Länder und Kommunen ausgenommen werden.

Keine Lösung ist, die Aufnahmequoten der Flächenstaaten zu erhöhen: Fläche schafft noch keine Integration, in Städten sind die Teilhabechancen meist besser als bei isolierter Unterbringung auf dem Land. Zentral für das Ankommen und die Eingliederung in Wohnung und Arbeit sind für die Schutzsuchenden am Ort lebende Angehörige, ehrenamtliche Helfer*innen sowie eine Infrastruktur mit Beratungsstellen, Anwält*innen, Ärzt*innen und anderen.

Wohnsitzauflagen abschaffen
„Besonders absurd ist, dass Kriegsflüchtlinge und anerkannte Flüchtlinge nicht jedes Wohnungsangebot annehmen dürfen, sondern wegen der Wohnsitzauflage auf eine bestimmte  Kommune festgelegt sind. Geflüchtete, die beispielsweise in einer Sammelunterkunft wohnen und eine Wohnung im Nachbarort finden, dürfen dort nicht hinziehen. Es muss gesetzlich verankert werden, dass das Angebot einer passenden Wohnung stets zur sofortigen Aufhebung der Wohnsitzauflage führt“, fordert Alaows.

Selbst Geflüchtete, die innerhalb der ihnen zugewiesenen Kommune eine Wohnung finden, treffen immer wieder auf eine willkürliche Behördenpraxis. Betroffene berichten, dass ihnen auch nach jahrelangem Aufenthalt nicht erlaubt wurde, aus Gemeinschaftsunterkünften in eine Wohnung zu ziehen. Begründet wurden die Ablehnungen mit der Wohnverpflichtung nach Paragraf 53 Asylgesetz, der im Ermessenswege die jahrelange Einweisung Asylsuchender in Sammelunterkünfte ermöglicht. „Paragraf 53 Asylgesetz muss gestrichen werden“, so Alaows.

Statt den alten Ruf nach vermehrten Abschiebungen als vermeintliche Lösung zu präsentieren, würde es helfen, wenn Bund, Länder und Kommunen bereits bestehende rechtliche Möglichkeiten effektiver nutzen und, wo nötig, die Gesetze ändern würden.


BVerwG: Handydaten-Auswertung durch das BAMF war rechtswidrig

Eine afghanische Geflüchtete klagte gegen das Auslesen ihres Handys – und bekommt Recht. Damit steht die langjährige Praxis des Bundesamtes für Migration und Geflüchtete (BAMF) in Frage. 

Kommen Asylsuchende in Deutschland an, haben wenige einen gültigen Pass. Um die Identität und Staatsangehörigkeit dieser Menschen zu prüfen, kann das BAMF Metadaten von Mobiltelefonen auslesen (§15a AsylG). Dies ist nur möglich, wenn keine milderen Mittel zur Identitätsprüfung zur Verfügung stehen. In der Vergangenheit hatte sich beim BAMF die Praxis eingestellt, schon vor der Anhörung Daten von Mobiltelefonen auf Vorrat auszuwerten und zu speichern, ohne vorherige Prüfung, ob die Identitätsklärung durch mildere Mittel erfolgen könnte.

Diese Erfahrung machte auch eine Frau aus Afghanistan. Noch vor der Anhörung wurde sie aufgefordert, ihr Handy mitsamt Zugangsdaten auszuhändigen, obwohl sie eine Tazkira, ein afghanisches Ausweisdokument, und eine Heiratsurkunde vorlegen konnte. Mithilfe der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) reichte sie im Mai 2020 Klage beim Verwaltungsgericht in Berlin ein – mit Erfolg. Am 16.02.2023 bestätigte dies das BVerwG (16.02.2023, 1 C 19.21) nachdem das BAMF in Revision gegangen war: Dem Bundesamt wäre es möglich gewesen, zunächst mildere Mittel zur Feststellung von Identität und Staatsangehörigkeit heranzuziehen. Im vorliegenden Fall hätten dies gezielte Fragen zum Herkunftsland und -ort, ein Gutachten eines*r Sprachmittler*in und die Überprüfung der Dokumente, wie die Heiratsurkunde und die Tazkira, sein können.

Das Auslesen der Mobiltelefone ist problematisch, da es einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre einzelner Personen darstellt. Das Auslesen der Daten ist außerdem fehleranfällig. Die durch das BAMF genutzte Analysesoftware liest Metadaten, wie Ländervorwahlen ein- und ausgehender Anrufe, geografischen Daten von Fotos und verwendete Sprachen im Browserverlauf und Messenger Nachrichten aus. Wurde ein Handy beispielsweise von mehreren Personen genutzt, kann dies zu fehlerhaften Annahmen über das vermeintliche Herkunftsland führen.



Praktikant*in gesucht

Wir suchen ab April oder Mai 2023 ein*e Praktikant*in für den maximalen Zeitraum von drei Monaten. Für ein Vollzeitpraktikum zahlen wir eine Aufwandsentschädigung von 400 €. Teilzeitpraktika sind nach Absprache mit geringerer Aufwandsentschädigung möglich.

Das Praktikum umfasst folgende Tätigkeiten:

  • Einblick in die Arbeit des Flüchtlingsrats (Fortbildungen, Fachtagungen, Beratung, Vernetzungsveranstaltungen etc.)
  • Länderspezifische Recherchen und Öffentlichkeitsarbeit
  • Unterstützung in IT-Fragen, Büromanagement und -verwaltung
  • Mitarbeit beim Verfassen unserer Publikationen (Newsletter, Magazin „Perspektive“, verschiedene Flyer etc.)
  • ggf. Unterstützung als Übersetzer*in

Wir freuen uns besonders über Bewerbungen von Menschen mit Fluchthintergrund.

Wenn Sie Interesse haben, schreiben Sie uns gerne unter info@fluechtlingsrat-bw.de.


Refugio sucht Sprachmittler*innen

Das psychosoziale Zentrum für traumatisierte Geflüchtete Refugio sucht Sprach- und Kulturvermittler*innen in Stuttgart und Tübingen.

Viele Geflüchtete haben schwere Menschenrechtsverletzungen erlebt und leiden psychisch darunter. In den psychosozialen Zentren in Stuttgart und Tübingen bietet Refugio psychologische, sozialpädagogische, psychotherapeutische und ärztliche Hilfe an.

Die Arbeit ist ohne die Unterstützung von Sprachmittler*innen nicht denkbar. Deshalb sucht Refugio nach Muttersprachler*innen für verschiedene Sprachen. Gesucht wird u.a. Paschtu, Dari, Urdu, Französisch, Kurmandschi oder Sorani, Ukrainisch und Russisch.

Für Interessierte findet im April und Mai 2023 eine Schulung statt. Die Arbeit erfolgt auf Honorarbasis.



Chancen-Aufenthaltsrecht in Kraft

Seit dem 31.12.2022 gilt das langersehnte Chancenaufenthaltsrecht (§ 104c AufenthG). Endlich können Geduldete, die bis zum 31.10.2017 eingereist sind, weitgehend straffrei sind und sich zur freiheitliche demokratischen Grundordnung bekennen, eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe bekommen. Diese wird für 18 Monate gültig sein. Danach kann man sie nicht verlängern, sondern erfüllt hoffentlich alle Voraussetzungen für eine andere Aufenthaltserlaubnis (§§ 25a, 25b AufenthG).

Weitere Änderungen gibt es bei der Aufenthaltserlaubnis für Jugendliche und junge Volljährige nach § 25a AufenthG. Diese können nun 14 bis 26 Jahre alte Menschen erhalten, die sich unter anderem seit mindestens drei Jahren im Bundesgebiet aufhalten. Allerdings müssen sie ein Jahr vor Erteilung eine Duldung gehabt haben.

Auch die Aufenthaltserlaubnis bei „nachhaltiger Integration“ nach § 25b AufenthG wurde geändert. Hier wurden die Voraufenthaltszeiten auf sechs (Alleinstehende) bzw. vier (Familien) Jahre reduziert.

Weitere Informationen finden Sie hier:


Ukraine: SGB II- Anspruch für Drittstaatsangehörige mit Fiktionsbescheinigung

Drittstaatsangehörige, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, bekommen in Deutschland in der Regel eine Fiktionsbescheinigung. Jedoch gibt es Probleme beim Zugang zu Sozialleistungen, da die Jobcenter SGB II-Leistungen oft verweigern, da sie keine oder keine ausreichende Arbeitserlaubnis in ihrer Fiktionsbescheinigung hätten und deshalb gem. § 8 Abs. 2 SGB II ausländerrechtlich nicht erwerbsfähig seien.
Doch die Leistungsverweigerungen durch Jobcenter sind rechtswidrig, da ein Anspruch auf SGB II-Leistungen besteht. Die Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender (GGUA) hat einen Überblick über verschiedene Konstellationen erstellt.


GGUA, Februar 2023: Drittstaatsangehörige aus der Ukraine: SGB-II-Anspruch auch mit Fiktionsbescheinigung


Online-Seminar: Implementierung von Bewohner*innenräten in Unterkünften für geflüchtete Menschen

Geflüchtete Menschen an Entscheidungen zu beteiligen, die sie betreffen, sollte ein Mindeststandard in Gemeinschaftsunterkünften sein.

Die Initiative DeBUG (Dezentrale Beratungs- und Unterstützungsstruktur für Gewaltschutz in Flüchtlingsunterkünften), empfiehlt eine strukturelle Verankerung von Beteiligungsmechanismen in Sammelunterkünften. Tipps und weitere Informationen dazu, soll die Online- Veranstaltung am 28.02.2023 geben.

Im Fokus stehen vor allem Handlungsempfehlungen und Gelingensbedingungen zum Aufbau von Bewohner*innenräten. Anhand von best practice Beispielen aus Pilotprojekten aus dem Jahr 2022 werden konkrete Strategien vorgestellt. Es wird ausreichend Raum für Vernetzung und Austausch geben.

Das Online-Seminar richtet sich in erster Linie an Mitarbeiter*innen in kommunalen Unterkünften für geflüchtete Menschen sowie in kommunalen Behörden in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bremen. Die Teilnehmenden sollen dazu ermutigt werden, Bewohner*innenräte in Unterkünften zu implementieren und die Partizipationsmöglichkeiten der Bewohner*innen zu stärken.

Das Seminar wird veranstaltet von der Diakonie Osnabrück und der Caritas Karlsruhe e.V.


Weitere Informationen finden Sie hier:


ProAsyl fordert Maßnahmen gegen Überbelastung der Ausländerbehörden

Lange Wartezeiten in den Ausländerbehörden auf dem Rücken der Betroffenen – Anlässlich des Flüchtlingsgipfels am Donnerstag den 16.02.2023 macht ProAsyl gemeinsam mit den Landesflüchtlingsräten auf die Überbelastung in den Ausländerbehörden aufmerksam.

Geflüchtete bekommen keine Aufenthaltserlaubnis, Arbeitende keine Verlängerung der Arbeitserlaubnis, Geduldete keine Verlängerung ihrer Duldung: Grund dafür ist die aktuelle Überbelastung der Ausländerbehörden, die zu langen Wartezeiten von bis zu mehreren Monaten führen. Problematisch ist das unter anderem für die Menschen, denen mit dem neuen Chancen-Aufenthaltsrecht ein sicherer Aufenthalt versprochen wurde. So könnte sich die Bearbeitung ihrer Anträge über Monate ziehen – während derer sie rechtlich weiterhin nicht vor Abschiebungen geschützt sind.

Das Zusammenkommen mehrerer Faktoren, wie der allgemeine Personalmangel, ein hoher Krankenstand bei Mitarbeitenden während und nach der Pandemie und die Mehrbelastung der Ausländerbehörden durch Antragsstellungen von Geflüchteten aus der Ukraine trägt zu einer äußerst angespannten Personallage bei. In den Behörden stapeln sich die Akten und Mitarbeitende kommen kaum noch dazu diese zu bearbeiten.

Jedoch darf die angespannte Situation nicht auf Kosten der Menschen ausgetragen werden, die diese Situation nicht zu verantworten haben. Deshalb hat ProAsyl einen Maßnahmenkatalog mit lang- und kurzfristigen Lösungsvorschlägen veröffentlicht.

Langfristig muss ein Umdenken innerhalb der Verwaltungsstrukturen stattfinden. Statt weiterhin eine restriktive Asylpolitik zu verfolgen, soll nun endlich die Vision des Koalitionsvertrags, der Neuanfang in der Migrationspolitik, gestaltet und umgesetzt werden. Es muss auf eine Migrationspolitik hingewirkt werden, welche einem modernen Einwanderungsland wie Deutschland gerecht wird, einem Land welches auf die Zuwanderung von Fachkräften langfristig angewiesen ist. Dafür muss ausreichend Personal ausgebildet und eingestellt werden. Da dies jedoch nicht von heute auf morgen geschehen kann, muss kurzfristige Abhilfe geschaffen werden. So soll die Anzahl der Termine in den Ausländerbehörden verringert werden, indem Aufenthaltstitel für längere Zeiträume ausgestellt werden, die Ausweitung digitaler Angebote geprüft und die Ausstellung von Ausweisersatzpapieren vereinfacht werden. Da wegweisende und auch Arbeit reduzierende Elemente des Koalitionsvertrages wie die Abschaffung der Arbeitsverbote, die Klärung der Identität mit eidesstattlicher Versicherung und die Abschaffung der Duldung light noch nicht realisiert wurden, müssen die Ausländerbehörden sich weiterhin mit diesen bürokratischen, vom Gesetzgeber auferlegten, Aufgaben befassen, was nicht im Sinne des Neuanfangs in der Migrationspolitik sein kann.



Pragmatische Aufnahme statt Abwehrpolitik

Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg fordert zusammen mit PRO ASYL und den Landesflüchtlingsräten anlässlich des Flüchtlingsgipfels am Donnerstag im Bundesinnenministerium eine lösungsorientierte Unterbringungspolitik, die menschenwürdige Aufnahme Geflüchteter unabhängig ihrer Herkunft sowie eine Entlastung der Ausländerbehörden.

Seit Jahren geraten Bundesregierung, Länder und Kommunen immer wieder in den Krisenmodus, wenn es darum geht, geflüchtete Menschen in Deutschland aufzunehmen. In einer von gewaltsamen Konflikten erschütterten Welt ist jedoch damit zu rechnen, dass Fluchtbewegungen Europa auch in Zukunft erreichen werden. Daher appelliert der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg an die Politik, mit gebündelten Kräften an der menschenwürdigen Aufnahme Geflüchteter unabhängig ihrer Herkunft zu arbeiten und zukunftsorientierte Unterbringungslösungen auf die Beine zu stellen, statt ihre Energie durch Abschottungspolitik zu verschwenden. „Die Menschenverachtung, mit der deutsche Politiker*innen aus ihrer privilegierten Situation heraus zwischen guten und schlechten Geflüchteten unterscheiden ist unerträglich“, so Anja Bartel vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg. „Über die Aufnahme der Ukrainer*innen hinaus dürfen Geflüchtete aus anderen Ländern nicht vergessen werden.“

Um Kommunen in der aktuellen Situation zu entlasten und auch eine Aufnahme zukünftiger Schutzsuchender vorzubereiten, fordert der Flüchtlingsrat eine grundlegende Reform des aktuellen Unterbringungssystems. In einem ersten Schritt sollten zumindest Asylsuchende von der Verpflichtung zur Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung befreit und die Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte abgeschafft werden. „Es ist absurd, dass die Politik über einen Mangel an Unterbringungsplätzen klagt, während gleichzeitig Asylsuchende in Erstaufnahmeeinrichtungen festsitzen, die eigentlich bei Bekannten unterkommen könnten“, merkt Bartel vom Flüchtlingsrat an. „Es ist höchste Zeit, endlich die Weichen für eine zukunftsorientierte Unterbringungspolitik zu stellen.“ PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte fordern zudem, dass sich die Politiker*innen beim Flüchtlingsgipfel auch mit der Überlastung der Ausländerbehörden befassen. Die monatelangen Wartezeiten auf einen Termin sind eine enorme Belastung für die betroffenen Menschen, da sie in der Zeit Jobangebote verlieren können oder Angst vor der Abschiebung haben. Mit einem Maßnahmenkatalog, der letzte Woche an die Innenministerien von Bund und Länder verschickt wurde, schlagen PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte konkrete Maßnahmen vor, die zu einer kurzfristigen Entlastung führen würden. Darüber hinaus braucht es mehr Personal und einen grundsätzlichen Mentalitätswandel, um den von der Bundesregierung angekündigten Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik auch in den Behörden voranzutreiben.


Kampagne: 30 Jahre sind genug – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen

In den zurückliegenden 30 Jahren gab es, vor allem von den Betroffenen selbst, kontinuierliche bundesweite Protestaktionen gegen soziale Ausgrenzung, Ungleichheit und die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Denn: obwohl das hiesige Existenzminimum bereits niedrig gerechnet wird und nicht für ein menschenwürdiges Leben ausreicht, erhalten Personen im AsylbLG noch weniger. Der Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Freiburg fordert die Abschaffung des rassistischen Asylbewerberleistungsgesetzes  und ruft zu einer Kampagne mit einer bundesweiten Aktionswoche vom 20. – 26. Mai 2023 auf.

Auf der Kampagnenwebsite finden sich dazu aktuelle Informationen und Materialien. Es gibt die Möglichkeit, einen offenen Brief an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mitzuunterzeichnen, lokale Aktionen für die Aktionswoche zu publizieren und sich zu den laufenden Vernetzungstreffen anzumelden.