Kampagne: Menschenrechte sind #unverhandelbar!

Die Kampagne #unverhandelbar kritisiert die aktuelle Asyl- und Migrationspolitik und hat einen Forderungskatalog an die zukünftige Bundesregierung aufgestellt. Sie klärt kurz und übersichtlich über verschiedene Themen rund um Migration auf, zum Beispiel Antirassismus, Bleiberecht, Familien usw. Zu jedem Thema gibt es Forderungen, die gerne an Bundestagskandidat*innen im Wahlkampf herangetragen werden können. Außerdem gibt es einen Fragebogen, um die Kandidat*innen zu ihren Positionen zur Asylpolitik zu befragen und eine entsprechende Petition.

Unterstützt wird die Kampagne von einem Bündnis aus verschiedenen Organisationen.

Vorweg ein kurzer Auszug aus den Forderungen an die neue Bundesregierung:

  • Wir wollen ein Europa, das niemanden auf der Flucht ertrinken lässt und Menschen nicht durch hochgezogene Grenzzäune in Lebensgefahr bringt. 
  • Wir nehmen nicht hin, dass schutzsuchende Menschen kriminalisiert, an Europas Grenzen inhaftiert und monatelang festgesetzt werden. 
  • Wir wollen, dass die Hochrüstung von Europas Grenzen, Frontexeinsätze und Waffenexporte in Kriegs- und Krisengebiete gestoppt werden. 
  • Grundrechte sind nur etwas wert, wenn sie für alle Menschen gelten.


Neue Broschüre „Rahmenbedingungen des Arbeitsmarktzugangs von Geflüchteten“

Der Informationsverbund Asyl & Migration sowie das Deutsche Rote Kreuz haben die Broschüre „Rahmenbedingungen des Arbeitsmarktzugangs von Geflüchteten“ aktualisiert und in einer neuen Auflage herausgegeben.

Die Broschüre beinhaltet Informationen über Voraussetzungen und Möglichkeiten des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende, Menschen mit Schutzstatus und Menschen mit einer Duldung.

Die Broschüre richtet sich vor allem an Menschen, die in der Beratungspraxis arbeiten.

Sie kann kostenlos digital gelesen werden, oder gedruckt gegen eine Versandkostenpauschale bestellt werden.


BMI: Hinweise zur Niederlassungserlaubnis

Das Bundesinnenministerium hat Anwendungshinweise zur Identitätsklärung als Voraussetzung für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis herausgegeben. Konkret geht es um Niederlassungserlaubnisse für Personen mit einer Flüchtlingseigenschaft oder Asylberechtigung (§ 26 Abs. 3 AufenthG) und Personen mit anderen humanitären Aufenthaltserlaubnissen (§ 26 Abs. 4 AufenthG), z.B. dem subsidiären Schutz und Abschiebungsverbot.

Gemäß § 5 Abs. 3 S. 2 AufenthG kann von der Erteilungsvoraussetzung einer geklärten Identität für die Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels abgesehen werden. Das BMI präzisiert nun, dass bei einer Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 und 4 AufenthG dieses Ermessen in der Regel nur dann zu Gunsten der Betroffenen auszuüben ist, wenn die Betroffenen nachweislich, schlüssig und plausibel darlegen können, warum und welche Schritte der Identitätsklärung für sie unzumutbar sind. Bei Menschen, die eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis ohne geklärte Identität erhalten haben, ist nun zu befürchten, dass das Erfordernis, die Unzumutbarkeit der Identitätsklärung zu beweisen, in Zukunft eine erhebliche Hürde bei der Erlangung einer Niederlassungserlaubnis darstellen wird. Davon betroffen sind auch Menschen mit Asylberechtigung und Flüchtlingseigenschaft.

Falsch ist zudem, dass die Niederlassungserlaubnis ein für die Einbürgerung erforderlicher Aufenthaltstitel sei. Eine Einbürgerung ist in bestimmten Konstellationen ohne Niederlassungserlaubnis aber mit einer Aufenthaltserlaubnis möglich.

Die Hinweise enthalten zudem „Beweismittel-Stufen“, die Auskunft geben, mit welchen Dokumenten die Identität zu klären ist und wie die Ausländerbehörden bei der Prüfung vorgehen sollen.


Aufnahme, Familiennachzug und Bleiberecht für Afghan*innen gefordert

Auf ihrer diesjährigen Herbstkonferenz haben sich die Flüchtlingsräte der Bundesländer und PRO ASYL mit den geflüchteten und auf der Flucht befindlichen Menschen aus Afghanistan solidarisiert. Neben der Aufnahme der sogenannten Ortskräfte fordern wir die Ermöglichung des Familiennachzugs und das Bleiberecht für die bereits in Deutschland lebenden Afghan*innen.

Auf ihrer diesjährigen Herbstkonferenz haben sich die Flüchtlingsräte der Bundesländer und PRO ASYL mit den geflüchteten und auf der Flucht befindlichen Menschen aus Afghanistan solidarisiert. Neben der Aufnahme der sogenannten Ortskräfte fordern wir die Ermöglichung des Familiennachzugs und das Bleiberecht für die bereits in Deutschland lebenden Afghan*innen.

„Tausende Afghan*innen wenden sich derzeit in der verzweifelten Hoffnung an uns, einen Ausweg aus der lebensbedrohlichen Lage und Schutz im Ausland zu finden. Die Bundesregierung hat es unterlassen, besonders bedrohten Menschen rechtzeitig eine sichere Fluchtperspektive zu eröffnen und ihre Evakuierung aus Afghanistan umzusetzen. Statt Notfallpläne zu entwickeln und die bedrohten Menschen rechtzeitig mit Papieren zu versehen, wurden bis zuletzt Abschiebungen durchgesetzt“, berichtet Seán McGinley vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg.

Endlich Familiennachzug ermöglichen

Trotz dieser verantwortungslosen Politik wird es auch in Zukunft bedrohten Menschen gelingen, den Taliban zu entkommen. Dabei geht es nicht nur um die sogenannten Ortskräfte, sondern auch um andere bedrohte Afghan*innen und insbesondere um die Familienangehörigen von bereits in Deutschland lebenden Afghan*innen.

In Deutschland leben tausende Menschen aus afghanischen Communities, es gibt selbstorganisierte Strukturen und Beratungsnetzwerke, schon allein deshalb trägt Deutschland eine besondere Verantwortung bei der Aufnahme von geflüchteten Menschen aus Afghanistan. Es ist jetzt notwendig, die Flüchtenden konkret zu unterstützen und die Voraussetzungen für Ihre Aufnahme zu schaffen. Außerdem muss endlich der Familiennachzug schnell ermöglicht werden.

Unsere Forderungen:

1. Die Einreise der etwa 40.000 sogenannten Ortskräfte und ihrer Familienangehörigen muss ermöglicht werden.

2. Der Familiennachzug zu afghanischen Geflüchteten in Deutschland darf nicht länger, wie bereits seit Jahren von uns und auch vom UNHCR kritisiert, verzögert oder ganz blockiert werden.

3. Gebraucht werden außerdem humanitäre Aufnahmeprogramme von Bund und Ländern mit dem Ziel, die genannten Gruppen sowie afghanische Geflüchtete aus den umliegenden Ländern schnell und unbürokratisch in Deutschland aufzunehmen (beispielhaft: Thüringen, Schleswig-Holstein und Berlin).

4. Sofortiger und bedingungsloser Abschiebestopp und sicheres Bleiberecht für alle afghanischen Staatsangehörigen in Deutschland, deren Asylgründe bislang nicht anerkannt und die zur Ausreise aufgefordert wurden.

5. Visa-Anträge müssen bei jeder deutschen Auslandsvertretung angenommen werden, hierfür muss das Personal in den Botschaften aufgestockt werden. Zudem dürfen keine Originaldokumente aus Afghanistan zum Nachweis von familiären Bindungen oder Sprachnachweise für Ehepartner*innen eingefordert werden, sondern es muss vielmehr für die Visumserteilung eine Globalzustimmung des Innenministeriums reichen.

Aufnahme, Familiennachzug und Bleiberecht dürfen dabei nicht an der mangelnden Zuständigkeit von Auslandsvertretungen, an nicht beschaffbaren Dokumenten, an Verpflichtungserklärungen oder an einem verengten Familienbegriff scheitern.


Solidarität entgrenzen #offengeht!

PRO ASYL und weitere Organisationen haben in einem Positionspapier ihre Erwartungen zur Lösung wachsender globaler Herausforderungen formuliert. Sie kritisieren dabei die Fehler der EU- und NATO Außenpolitik in Afghanistan und die Abwälzung der Folgen auf die afghanische Bevölkerung.  Anstatt auf Nationalismus und Abschottung zu setzen, müsse man Solidarität über Ländergrenzen hinweg praktisch werden lassen und Schutzsuchenden mit einer humanen Migrations- und Flüchtlingspolitik begegnen.


Spannender Austausch mit Partnerorganisationen

Im Rahmen des ErasmusPlus-Projekts „Balkan-Migrations-Trialog“ haben sich der letzten August-Woche Vertreter*innen der beteiligten Partnerorganisationen Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, Netzwerk Pro Sinti und Roma, URI (Verband der Roma-Intellektuellen, Serbien) beim Gastgeber Romalitico in der nordmazedonischen Hauptstadt Skopje getroffen. Sinn des Projekts ist ein Austausch zwischen den Organisationen, die allesamt mit dem Thema Migration zwischen den Westbalkanländern und Deutschland, inklusive der Situation von Rückkehrenden bzw. Abgeschobenen, zu tun haben. Durch die Zusammenarbeit bekommen alle Projektpartner regelmäßig wichtige Infos aus der Praxis, können sich gegenseitig Fragen beantworten, die Wissen aus dem jeweils eigenen Land erfordern, und halten sich auch über relevante politische Entwicklungen und Gesetzesänderungen auf dem Laufenden.

Bei der Projektsitzung waren sich alle Organisationen einig, dass das Projekt fortgesetzt und ausgebaut werden soll. Dazu wird im kommenden Jahr ein neuer Antrag gestellt.

Zusätzlich zu dem Projekttreffen wurde die Gelegenheit genutzt, an den folgenden Tagen mehrere Gespräche mit wichtigen Akteur*innen vor Ort zu führen. So traf man sich unter anderem mit dem Staatssekretär im Justizministerium, Muhamed Toci, dem Berater des Premierministers, Elvis Memeti, mit Marijana Milevski vom UN-Entwicklungsprogramm UNDP, Mabera Kamberi vom Sozialministerium, Mersiha Sali vom neuen Projekt ROMACTED, das von der EU und dem Europarat finanziert wird, sowie abschließend am letzten Tag des offiziellen Programms mit Kurto Dudus, dem Bürgermeister der Gemeinde Šuto Orizari, der weltweit einzigen Gemeinde, die mehrheitlich von Rom*nija bewohnt wird.

Aus diesen Gesprächen konnten viele wichtige und wertvolle Informationen gewonnen werden. So informierte Muhamed Toci über ein neues Gesetz zur kostenfreien Rechtshilfe, wonach Menschen in prekären sozialen Lagen – dazu gehören alle Rückkehrenden aus dem Ausland – ein Recht auf kostenfreie Rechtsberatung und gegebenenfalls anwaltliche Vertretung haben. Mabera Kamberi konnte Auskunft über das Prozedere zur Beschaffung von Dokumenten wie z.B. Geburtsurkunden geben, und sie informierte auch darüber, dass die Regierung gerade dabei ist, Lösungen zu finden für die geschätzt rund 500-600 Personen im Land, die keine Papiere haben und nie welche hatten. Im Rahmen der bevorstehenden Volkszählung sollen diese Personen gefunden werden, anschließend ist eine erstmalige Erteilung von offiziellen Dokumenten geplant.

Viele der Gesprächspartner*innen berichteten davon, dass es bei Menschen, die aus Deutschland zurückkehrend, bestimmte immer wieder auftretenden praktischen Fragen gibt, wie zum Beispiel die Beschaffung von Geburtsurkunden für in Deutschland geborene Kinder und Schulbescheinigung für den Schulbesuch in Deutschland, die nötig sind, damit die Kinder in Nordmazedonien wieder in die Schule gehen können. Hier konnten die in Deutschland ansässigen Organisationen Unterstützung anbieten.

Die Probleme der Rückkehrenden sind allerdings nicht nur praktischer Art. Es ist nicht selten, dass sie bei Ämtern und Behörden „abgewimmelt“ werden, und irgendwann entnervt aufgeben. Für viele Rom*nija ist angesichts der weit verbreiteten Diskriminierung und Ausgrenzung der Weg ins Ausland der einzige möglich erscheinende Weg, der auf eine menschenwürdige Zukunft hoffen lässt. Rechte, die auf dem Papier existieren, können in vielen Fällen in der Praxis nicht durchgesetzt werden. Das Problem der Diskriminierung und des „Abwimmelns“ von Rom*nija in Behörden konnte uns Bürgermeister Dudus anhand von anderen Kommunen bestätigen beziehungsweise anhand der Erfahrung von Einwohner*innen seiner Gemeinde, die mit in anderen Gemeinden ansässigen Behörden zu tun hatten. Dass es neue Beratungs- und Anlaufstelle geben soll – unter anderem durch das von Romalitico mitbegründete AVAJA-Netzwerk und im Rahmen des ROMACTED-Projekts – ist dabei eine wichtige Hilfe. Mit fachkundiger Begleitung an der Seite lassen die Menschen nicht so leicht abwimmeln. Allerdings wird eine grundlegende Verbesserung der Situation der Rom*nija im Land – und damit auch eine Bekämpfung der Fluchtursachen – nur durch eine Veränderung der Einstellung großer Teile der Mehrheitsgesellschaft zu erreichen sein – und das zu erreichen ist in der Tat eine sehr große Herausforderung.