Gambische Delegationen: Begleitpersonen sind zugelassen

Seit März 2020 sind Begleitpersonen von Gambier*innen bei Vorführungen bei der gambischen Delegation zugelassen. Nach langem Hin und Her zu der umstrittenen Zulassungsfrage hat das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Rechtsanwalt Franz Hoß telefonisch und schriftlich mitgeteilt, dass eine Begleitung grundsätzlich möglich ist. Herr Hoß berichtete über diese Wende und seinen Erfahrungen bei der Begleitung im Rundbrief 1/2020 des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg. Auch bei Delegationsbesuchen aus anderen Staaten sollten Begleitpersonen zugelassen sein und so kann der Artikel hilfreiche Argumente liefern und Lösungswege aufzeigen.

Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe 1/2020 des Rundbriefes des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg. Dieser erscheint dreimal im Jahr in gedruckter Form und kann kostenfrei über die Website des Flüchtlingsrats bestellt werden. Wenn Sie Mitglied des Flüchtlingsrats sind, bekommen Sie den Rundbrief immer direkt nach dem Erscheinen per Post zugeschickt




1362 Abschiebungen aus Baden-Württemberg 2020

Aus Baden-Württemberg wurden im Jahr 2020 insgesamt 1362 Personen abgeschoben. Damit ging die Zahl aus dem Jahr 2019 (2648) um 1286 zurück. Der Rückgang lässt sich vor allem mit der Corona-Krise erklären und den damit verbundenen Grenzschließungen, v.a. im Frühjahr, und zusätzlichen Maßnahmen zum Infektionsschutz der Herkunftsländer. Dass trotz der Pandemie und nationalem Lock-Down so viele Abschiebungen durchgeführt werden, erhöht das Infektionsrisiko der Abgeschobenen, verschärft ihre Lage in den Herkunftsländern und steht entgegen aller Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie.

Weiterhin werden besonders Abschiebungen in die sogenannten „sicheren Herkunftsländer“, den westlichen Balkanstaaten forciert (Albanien ist das Land, in das am meisten Menschen abgeschoben wurden). Hier wurden 2020 427 Menschen abgeschoben, rund 300 weniger als im Vorjahr. Dies geht auch mit sinkenden Zahlen an neueinreisenden Asylsuchenden aus diesen Ländern einher. Besonders hart zeigt sich hier die Landesregierung, da Menschen abgeschoben und von ihren Familien getrennt werden, die Jahrzehnte in Deutschland gelebt hatten. Sogar vor der Abschiebung von unbegleiteten Minderjährigen schreckte das Land nicht zurück.

An dritter und vierter Stelle tauchen Frankreich (101) und Italien (91) in der Statistik auf. Dies wird vor allem Geflüchtete in Dublin-Verfahren oder mit Schutzstatus in einer der beiden Ländern betreffen.

Auch nach Afghanistan hat sich die Landesregierung mit Abschiebungen beteiligt und schickte 19 Personen in das Land zurück, für das etliche Gerichte angesichts der verschlechterten Lage durch die Corona-Krise Abschiebungsverbote feststellten.

Nach Gambia wurden 28 Personen im Jahr 2020 abgeschoben.

ZiellandAbschiebungen
Albanien137
Georgien132
Frankreich101
Kosovo95
Italien91
Serbien81
Bosnien-Herzegowina61
Rumänien54
Türkei54
Nordmazedonien53
Pakistan46
Bulgarien29
Gambia28
Schweiz28
Polen27
Tunesien26
Algerien22
Österreich21
Kroatien20
Niederlande20
Afghanistan19
Litauen19
Nigeria17
Spanien17
Russische Föderation16
Griechenland13
Montenegro13
Portugal12
Schweden11
USA11
Ungarn9
Iran7
Kamerun7
Malta6
Marokko5
Slowenien5
Moldawien4
Slowakische Republik4
Belgien3
Finnland3
Lettland3
Ukraine3
Armenien2
Indien2
Irak2
Vietnam2
Argentinien1
Benin1
Brasilien1
Chile1
China1
Dänemark1
Estland1
Ghana1
Großbritannien1
Guinea1
Kasachstan1
Kenia1
Kolumbien1
Libanon1
Luxemburg1
Mexiko1
Norwegen1
Somalia1
Thailand1
Tschechische Republik1
Weißrussland1
Gesamtergebnis1362
HerkunftslandAbschiebungen
Albanien144
Georgien136
Kosovo99
Serbien82
Nigeria74
Türkei67
Bosnien-Herzegowina63
Nordmazedonien53
Rumänien52
Pakistan48
Gambia45
Afghanistan41
Tunesien40
Algerien32
Russische Föderation32
Syrien32
Irak30
Polen21
Guinea19
Litauen18
Bulgarien16
Indien16
Somalia14
Kamerun13
Montenegro13
Frankreich12
Italien12
Iran11
USA11
China10
Kroatien10
Togo9
Ungarn8
Armenien7
Eritrea7
Sri Lanka7
Griechenland6
Marokko6
Moldawien4
Portugal4
Slowakische Republik4
Ghana3
Ukraine3
Lettland2
Niederlande2
Senegal2
Spanien2
Vietnam2
Argentinien1
Aserbaidschan1
Benin1
Brasilien1
Chile1
Großbritannien1
Guinea-Bissau1
Kasachstan1
Kenia1
Kolumbien1
Kuba1
Libanon1
Mexiko1
Niger1
Sierra Leone1
staatenlos1
Thailand1
Weißrussland1
Gesamtergebnis1362

Asylfolgeanträge: Syrische Kriegsdienstverweigerer

Der Paritätische Gesamtverband hat seine Arbeitshilfe zum Schutzstatus syrischer Wehrdienstverweigerer in einer überarbeiteten Neuauflage veröffentlicht. Darin wird erläutert, dass Asylfolgeanträge auch weiterhin möglich sind, wenn betroffene Personen erst später von der Änderung der Rechtslage (hier: durch ein Urteil des EuGH vom November 2020) erfahren haben. Weiterhin wichtig sind die zwei Musterschriftstätze von Pro Asyl und das Infoblatt der Initiative „Plan.B“.

Der EuGH urteilte am 19.11.2020, dass viel dafür spreche, dass die Verweigerung des Militärdienstes in Syrien mit einer politischen oder religiösen Überzeugung in Zusammenhang stehe. Aufgrund dieses Urteils sollten syrischen Kriegsdienstverweigerern die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden.

Syrer, die Asylfolgeanträge stellen möchten, müssen sich darauf einstellen, dass das BAMF diese als „unzulässig“ ablehnen wird. Das bedeutet, dass das BAMF gar nicht inhaltlich prüfen wird, ob die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen ist. Dies geht aus dem Entscheiderbrief des BAMF 12/2020 hervor. Nach einer Ablehnung durch das BAMF kann dagegen geklagt werden. Ein positiver Ausgang vor dem zuständigen Verwaltungsgericht würde dann dazu führen, dass das BAMF sich inhaltlich mit dem Folgeantrag beschäftigen muss.


Vereinigtes Königreich: Dublin III-VO außer Kraft

Die Dublin III-Verordnung regelt die Verantwortlichkeiten der Mitgliedstaaten für Asylantragsteller*innen. Mit dem Brexit findet die Dublin III-Verordnung seit dem 1. Januar 2021 in Bezug auf GB keine Anwendung mehr. Bis dato gibt es noch kein neues Abkommen zwischen GB und der EU. Die britische Regierung ließ verlauten, dass womöglich zunächst bilaterale Abkommen mit einzelnen europäischen Ländern getroffen werden könnten.

Das BAMF bestätigte nun, dass sich aus der Nicht-Anwendbarkeit der Dublin III-Verordnung unmittelbare Auswirkungen auf Asylverfahren in Deutschland ergeben:

  1. Das „Dublin-Regime“ findet in Fällen mit GB-Bezug keine Anwendung mehr. Dies bedeutet konkret, dass Bescheide in denen vor dem 31.12.2020 die Zuständigkeit GBs festgestellt wurde, zurückgenommen werden. Außerdem werden seit dem 31.12.2020 unabhängig von vorherigen Zustimmungen des betroffenen Staates weder Überstellungen nach GB durchgeführt, noch Überstellungen nach Deutschland akzeptiert. Seit dem 1.1.2021 werden zudem keine Übernahmeersuchen mehr an GB gestellt oder aus GB empfangen. Alle von diesen Auswirkungen betroffenen Fälle gehen dementsprechend in das nationale Verfahren des Staates über, in denen sich die betroffene Person derzeit befindet.
  2. GB wird nicht mehr als „sicherer Drittstaat“ eingestuft. Dies bedeutet, dass Personen die über GB nach Deutschland einreisen sich nun unmittelbar auf das deutsche Asylgrundrecht berufen können.
  3. Möglicherweise wird GB allerdings als „sonstiger Drittstaat“ eingestuft. Auf Grundlage der europäischen Asylverfahrensrichtlinie könnten Asylanträge von Personen, die aus GB nach Deutschland einreisen, dann als „unzulässig“ abgelehnt werden. Dies könnte ehemalige Dublin-Fälle oder Personen, die in GB bereits einen Schutzstatus erhalten haben, betreffen. Es ist allerdings umstritten, ob das entsprechende Konzept der Asylverfahrensrichtlinie im deutschen Recht überhaupt vollständig umgesetzt ist. Ohnehin wäre dann eine Wiederaufnahmebereitschaft GBs zwingend notwendig. Es bleibt aber fraglich, ob bzw. auf welcher Rechtsgrundlage GB verpflichtet wäre, betroffene Personen wiederaufzunehmen.

Weiterführende Informationen finden Sie hier:


SG Kassel: Kindergeldanspruch für unbegleitete Minderjährige

Unbegleitete Minderjährige haben einen Anspruch auf Kindergeld, wenn sie nicht den Aufenthaltsort ihrer Eltern kennen (§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BKGG). Das Kindergeld darf auch dann nicht verweigert werden, wenn der Suchdienst des DRK o.ä. eingeschaltet wurde, der im Übrigen nicht für die Durchsetzung von Kindergeldansprüchen zur Verfügung steht.


Kriminalisierung von Geflüchteten in Griechenland

Der Bericht analysiert 48 Gerichtsverfahren und die Biographien der Geflüchteten, die als vermeintliche Schmuggler zu meist lebenslangen Haftstrafen verurteilt wurden. In den Verfahren werden grundlegende rechtliche Standards unterlaufen und damit die Rechte der Schutzsuchenden verletzt. Diese Gerichtsverfahren stehen beispielhaft für das europäische Paradigma des „Schutzes der Außengrenzen“, das diejenigenigen Flüchtenden als Schmuggler deklariert, die zum Zeitpunkt der Rettung die Boote zufällig gefahren hatten. Sie sind gefundene Sündenböcke für die fehlgeschlagene Migrationspolitik.

Der Bericht entstand in Zusammenarbeit von borderline-europe e.V. mit Deportation Monitoring Aegean und Aegean Migrant Solidarity (ehemals Christian Peace Maker Team).

Valeria Hänsel, Rob Moloney, Dariusz Firla, Rûnbîr Serkepkanî, November 2020: Stigmatisiert, kriminalisiert, inhaftiert. Der Kampf gegen vermeintliche ›Schleuser‹ auf den griechischen Hotspot-Inseln


Gesucht: Gescheiterte Dublin III – Familienzusammenführungen

Der Flüchtlingsrat Niedersachesen sammelt Einzelfälle von Betroffenen, bei denen Familienangehörige nicht über die Dublin III Verordnung nach Deutschland einreisen konnten. Diese sollen noch vor Weihnachten gebündelt und dann der Bundesregierung vorgelegt werden.

Gesucht werden folgende Fallkonstellationen:

  • Einzelfälle aus Griechenland, die wegen verfristeter Übernahmeanträge unter der Dublin III Verordnung abgelehnt wurden
  • Einzelfälle aus Griechenland, die nicht Dublin-Fälle sind, aber „hängen“
  • Einzelfälle aus anderen Ländern, bei denen aufgrund verfristeter Dublin-Übernahmeanträge ein Familiennachzug nicht zustande kommt
  • Einzelfälle aus anderen Ländern, bei denen aufgrund übersteigerter Anforderungen der Botschaften oder aus anderen Gründen eine Visumserteilung nicht erfolgt

Wer entsprechende Personen begleitet, kann eine Darstellung des Falles, am besten mit dem BAMF Aktenzeichen, an Karim Alwasiti schicken: ka@nds-fluerat.org



EGMR: Kein Schutz vor nicht-staatlicher Verfolgung von LSBTTIQ* in Gambia

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden, dass es zwar keine Belege dafür gibt, dass die in Gambia nach wie vor geltenden Strafvorschriften bezüglich Homosexualität unter der neuen Regierung angewandt werden, dass es aber sehr wohl eine Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure gibt, vor der der Staat keinen Schutz bietet.
EGMR, Urteil vom 17.11.2020 – 889/19 and 43987/16 (B. and C. v. Switzerland)

Abschiebung und unbegleitete minderjährige Geflüchtete

Unbegleitete Minderjährige können aufgrund des Vorrang des Kindeswohls nicht einfach so abgeschoben werden. Dennoch versuchen Behörden, Abschiebungen einzuleiten und teilweise durchzuführen. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen hat einen Überblick zu rechtlichen Möglichkeiten und dem praktischen Umgang mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erstellt, welcher der Jugendhilfe und Vormundschaft mehr Handlungs- und Rechtssicherheit geben soll.


Online-Seminar: Asylverfahren & Unterstützung von LSBTTIQ Geflüchteten

LSBTTIQ Geflüchtete haben einen besonderen Schutzbedarf. Sie benötigen spezielle Unterstützung bei der sehr sensiblen Geltendmachung ihrer Fluchtgründe im Asylverfahren sowie im alltäglichen Leben, das oft mit etlichen sozialen, gesundheitlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen einhergeht kann.

Das Online-Seminar beschäftigt sich mit Fragen rund um sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität als Asylgrund und mit der Begleitung von LSBTTIQ Geflüchteten im Alltag. Wir schauen uns schwerpunktmäßig den Unterstützungsbedarf und die Unterstützungsmöglichkeiten im Asylverfahren an. Darüber hinaus wird es um Unterbringung und Umzug, Arbeitsmarktzugang, Sprachförderung und Sozialleistungen gehen.

Die Infoveranstaltung richtet sich in erster Linie an ehrenamtlich Engagierte in der Flüchtlingsarbeit, die schon erste Grundkenntnisse im Asylverfahren besitzen. Wer sich noch ein bisschen einlesen möchte, kann gerne hier schmökern: https://aktiv.fluechtlingsrat-bw.de/online-fortbildung.html

Dies ist eine kostenlose Veranstaltung im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“, gefördert vom Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration“ mit Unterstützung der UNO-Flüchtlingshilfe. Sie wird gemeinsam veranstaltet mit PLUS. Psychologische Lesben- und Schwulenberatung Rhein-Neckar e.V.

Die Online-Veranstaltung wird mit Zoom durchgeführt. Mehr Informationen zu technischen Details erhalten Sie nach der Anmeldung.

Referentinnen: Meike Olszak und Maren Schulz

Anmeldungen bitte bis zum21.01.2021 an Frau Hessas : eve.hessas@plus-mannheim.de Achtung: Personen mit einer gmail-E-Mail Adresse sollen bitte Telefonnummern angeben, für die Bestätigung der Anmeldung (gmail lässt E-Mails von Plus e.V. oft nicht durch)