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Factsheet Afghanistan: Frauenspezifische Verfolgung

Frauen aus Afghanistan erhalten häufig keine Flüchtlingseigenschaft im Asylverfahren. Das liegt daran, dass das BAMF die systematische Unterdrückung von Frauen in Afghanistan nicht als frauenspezifische Verfolgung anerkennt.

In der Broschüre der Informations- und Beratungsstelle für frauenspezifische asyl- und aufenthaltsrechtliche Fragen der Diakonie Darmstadt-Dieburg geht es zum einen um die asylrelevante Situation von Frauen in Afghanistan und zum anderen um frauenspezifische Verfolgungskonstellationen bei afghanischen Frauen (zum Beispiel Zwangsverheiratung). Insbesondere wird auch auf die Verschärfung der Situation nach der Machtübernahme der Taliban eingegangen.

Das Factsheet soll Berater*innen und Unterstützer*innen für das Thema sensibilisieren. Trotzdem ist eine individuelle rechtliche Beratung unerlässlich.



VG Hannover: Unmenschliche Behandlung in Polen befürchtet

Das Verwaltungsgericht (VG) Hannover hat mit Beschluss vom 07.10.2022 (12 B 3546/22) einem Eilantrag in einem Dublin-Verfahren wegen Hinweise auf unmenschliche und erniedrigende Behandlung in Polen stattgegeben.

„Ein Schreiben des polnischen Ombudsmanns für die Einhaltung der Menschenrechtsstandards vom 25.01.2022 lässt befürchten, dass sich die Unterbringungssituation in den Gewahrsamseinrichtungen für Asylbewerber in Polen als unmenschlich und erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK und Art. 4 der EU-Grundrechte-Charta darstellt.“


BumF: Zwischenruf zur Unterbringungssituation unbegleiteter Minderjähriger

Erneut kommen derzeit über die Belarus- und Balkanroute auch viele unbegleitete Kinder und Jugendliche in Deutschland an. Diese Kinder und Jugendlichen sind in einer besonders vulnerablen Situation. Sie benötigen ein Setting, in dem ihr Kindeswohl geschützt und ihr Bedarf nach Sicherheit und Stabilität gewährleistet wird!

Doch die Ankunftsrealität sieht anders aus: die jungen Menschen treffen auf ein stark geschwächtes Ankunfts- und Betreuungssystem, die Unterbringungssituation gestaltet sich vielerorts als zunehmend katastrophal. 

Zugleich bringen die derzeit ankommenden Kinder und Jugendlichen mehr denn je psychische Belastungen auch durch ihre Erfahrungen auf den immer gefährlicher werdenden Fluchtrouten mit.

In der stationären Jugendhilfe fehlen durch Platzabbau in den letzten Jahren geeignete Plätze für junge Menschen mit komplexen Bedarfen und anders als 2015 finden freie Träger kein Fachpersonal, um angemessen auf die Situation zu reagieren. Gemäß aktuellen Erhebungen herrscht in der Berufsgruppe der Sozialarbeit und Sozialpädagogik aktuell die größte Fachkräftelücke (s.  Institut der Deutschen Wirtschaft). Dies hat direkte negative Auswirkungen auch auf die Betreuungssituation geflüchteter junger Menschen. 

Eine Betreuung nach den Standards des SGB VIII und ein entsprechend gründliches Clearing sind Voraussetzungen für die folgende bedarfsgerechte Unterbringung, das Ankommen in Deutschland und die weitere Entwicklung der Kinder und Jugendlichen. In vielen Bundesländern jedoch sind die Jugendhilfeeinrichtungen bereits über der Belastungsgrenze. An einigen Orten werden aufgrund von Platzmangel Turnhallen und Zelte für die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter hergerichtet. Junge Menschen werden in Großunterkünften ohne Privatsphäre und geeignete Schutzkonzepte untergebracht. Bundesweit wird zunehmend von den Standards abgewichen, die Wartezeiten bis zum Clearinggespräch gestalten sich oftmals lang. Träger der Jugendhilfe die bisher keinen pädagogischen Zugang zur Zielgruppe und entsprechend keine Expertise im Umgang mit unbegleiteten Kindern und Jugendlichen besitzen, werden mit der sensiblen Aufgabe betraut ein gelingendes Ankommen zu ermöglichen.

Geflüchtete Kinder und Jugendliche leben damit über einen längeren Zeitraum in desolaten und kindeswohlgefährdenden Umständen (Großunterkünfte, unzureichender Betreuungsschlüssel, fehlende 24h Betreuung, keine Beschulung, keine angemessene psychosoziale Versorgung), die ihnen nicht die Sicherheit und Unterstützung bieten, die sie brauchen und die ihnen zusteht. Die derzeitige Situation wird auch eine spätere Betreuung in der Kinder- und Jugendhilfe erheblich erschweren. Zudem sind sie unter diesen defizitären Unterstützungs- Unterbringungsstrukturen verstärkt Gefahren von Menschenhandel und Kriminalisierung ausgesetzt. 

Um die dringend benötigten Plätze in den Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, werden junge Menschen mit dem Erreichen des 18. Lebensjahres aus der Jugendhilfe und zum Teil in die Obdachlosigkeit entlassen, obwohl es einen Regelrechtsanspruch auf Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe bis mindestens zum 21 Lebensjahr gibt. Das ist aus Sicht des Minderjährigenschutzes verständlich, gleichzeitig werden hier gut begonnene Entwicklungen junger Menschen gefährdet, indem diese alleingelassen werden! 

Eine ähnliche Situation gab es in den Jahren 2015/2016, in den Folgejahren wurden Plätze rigoros abgebaut, obwohl zukünftige starke Fluchtbewegungen durchaus absehbar waren. 

Der BumF fordert:  

  • alleinreisende Kinder und Jugendliche müssen innerhalb der Standards des SGB VIII untergebracht werden,
  • es braucht eine Fachkräftekampagne, eine angemessene Bezahlung und Ausbildung, bessere Arbeitsbedingungen in der Kinder- und Jugendhilfe,
  • die Wohnungsmarktpolitik muss ausreichend Wohnungen für Care-Leaver*innen einplanen, so dass junge Menschen, die aus den Einrichtungen ausziehen, ihren bisher beschrittenen Weg fortsetzen können,
  • freie und öffentliche Träger der Jugendhilfe müssen miteinander Konzepte entwickeln, wie ausreichend Plätze vorgehalten werden, um auf größere Fluchtbewegungen und die Bedarfe aller jungen Menschen angemessen reagieren zu können. 

VG Bremen: Abschiebungsverbot Nigeria wegen PTBS und Verelendung

Das Verwaltungsgericht (VG) Bremen hat mit Urteil vom 05.09.2022 (4 K 1320/20) ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Nigerias bei einer Person festgestellt, die an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet.

Leitsätze:

1. Im Zuge der Corona-Pandemie wurde die nigerianische Wirtschaft schwer vom Verfall des Erdölpreises getroffen. Die wirtschaftliche Lage ist problematisch und die finanzielle Lage der breiten Bevölkerung schlecht. 40 Prozent der Bevölkerung leben in absoluter Armut.

2. Der an einer posttraumatischen Belastungsstörung [PTBS] und einer depressiven Symptomatik leidende Kläger ist derart in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert, dass es ihm nicht möglich sein wird, auf dem hart umkämpften Arbeitsmarkt Nigerias Fuß zu fassen. Die Fortsetzung der ärztlichen Behandlung und Therapie wären dem vermögenslosen Kläger im Falle einer Rückkehr nicht möglich, sodass eine Verschlechterung des Gesundheitszustands und damit einhergehend eine weitere Minderung der Erwerbsfähigkeit droht. Er würde bei einer Rückkehr nach Nigeria deshalb absehbar in eine Situation extremer materieller Not geraten.


VG Stuttgart: Keine Dublin-Überstellung wegen systemischer Mängel in Kroatien

Das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart hat am 02.09.2022 (A 16 K 3603/22) einem Eilantrag in einem Dublin-Verfahren wegen systemischer Mängel in Kroatien stattgegeben.

Leitsätze:

1. Systemische Mängel des kroatischen Asylverfahrens ergeben sich daraus, dass Personen, die Kroatien verlassen und ihren Asylantrag zurückgezogen bzw. eine Zurückweisung erhalten haben – entgegen den Vorgaben der Dublin III-VO – bei ihrer Rückkehr als Folgeantragstellende behandelt werden. Das stellt einen Verstoß gegen Art. 18 Abs. 2 der Dublin-III-VO dar. Demnach müssen Antragstellende, die einen Antrag vor Entscheidung in der Sache in erster Instanz zurückgezogen haben, berechtigt sein, den Abschluss des Verfahrens zu beantragen oder die Möglichkeit erhalten, einen neuen Antrag zu stellen, der nicht als Folgeantrag behandelt wird. Durch die Behandlung als Folgeantragstellende besteht die Gefahr, dass Rückehrende keinen Schutz vor Zurückweisung („Refoulement“, Art. 33 Abs. 1 GFK) erhalten, sondern ohne Anhörung und wesentliche Verfahrensgarantien aus Kroatien abgeschoben werden.

2. Anhaltspunkte für systemische Mängel des kroatischen Asylverfahrens bestehen auch aufgrund der gehäuften Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang mit sogenannten „Push-Backs“, d.h. dem gewaltsamen Abdrängen von Asylsuchenden über die kroatische EU-Außengrenze nach Serbien oder Bosnien-Herzegowina, sowie aufgrund der Hinweise auf Kettenabschiebungen aus anderen Dublin-Mitgliedstaaten dorthin.

Bereits das VG Freiburg hatte im Juli 2022 einem Eilverfahren stattgegeben.


Mannheim: Kundgebung „Solidarität mit der Freiheitsbewegung im Iran“

„Die mutigen Menschen im Iran brauchen Ihre Unterstützung! Allen voran brauchen Frauen, queere Menschen, Schüler*innen und Studierende Ihre Solidarität. Ebenso alle Menschen, denen ihre Rechte bisher verwehrt bleiben.“

Seit dem brutalen Tod der 22-jährigen Jîna Mahsa Amînî erregen die Bilder der Proteste im Iran weltweite Aufmerksamkeit. Auch in Deutschland gehen diese nicht spurlos vorbei. Zusätzlich zu der unerträglichen Verzweiflung sich um Familie und Angehörige Vorort zu sorgen, müssen Geflüchtete Personen aus dem Iran sich vor möglichen Abschiebungen fürchten.
In unserer Pressemitteilung vom 12.10.2022 berichten wir, dass einige Bundesländer bereits ein Abschiebestopp veranlasst haben, allerdings ist dies in Baden-Württemberg nicht der Fall.

Um die Proteste im Iran öffentlich zu machen und die Protestierenden zu unterstützen, veranstaltet die Initiative Frauen Leben Freiheit Rhein-Neckar eine Kundgebung am Mannheimer Marktplatz. Diese wird von diversen Beiträgen aus Politik und Zivilgesellschaft begleitet.

Außerdem ruft die Initiative zur Unterzeichnung eines Offenen Briefs auf.


  • Frauen Leben Freiheit, 21. Oktober 2022: Pressemitteilung „Die Protestierenden im Iran sehen uns!“
  • Frauen Leben Freiheit: Flyer Kundgebung


Mehrsprachiger Brutto-Netto-Gehalts-Rechner

Sie haben einen neuen Job und fragen sich möglicherweise, wie viel von Ihrem Gehalt nach dem Abzug der Steuern und Sozialabgaben für Sie übrigbleibt? Wie viel Geld sollte Ihnen auf Ihr Bankkonto überwiesen werden? Genau diese Fragen werden auf der Webseite „Lohntastik“ beantwortet.

Lohntastik bietet einen online Brutto-Netto-Gehalts-Rechner mit dem Sie ganz bequem von Zuhause aus Ihr voraussichtliches Nettoeinkommen berechnen können. Dieses Tool wird in mehreren Sprachen angeboten, darunter Englisch und Ukrainisch. In der Zukunft soll es auch in andere Sprachen (z.B. Arabisch) übersetzt werden.

Der Brutto-Netto-Gehalts-Rechner ist mobilfreundlich und kann unkompliziert von jedem Smartphone benutzt werden.


Sulz am Neckar: Ausstellung „Bedrohung, Drohbriefe, Beleidigungen“

 „Engagieren für mehr Menschlichkeit, Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe. Und dann kommen die Neider. Bedrohen anonym und beleidigen. Dies geschieht jeden Tag – viel zu oft. Und so manch eine engagierte Person wird verängstigt und legt seine Ämter nieder. Menschen die bedroht werden, leiden unter Ängste und Einsamkeit, werden nicht ernst genommen. Doch das stimmt nicht. Engagement lohnt sich immer. Gegen Armut, gegen Einsamkeit, gegen Fremdenhass, für einen respektvollen Umgang miteinander und untereinander.“

Auch Engagierte in der Geflüchtetenarbeit machen teilweise diese Erfahrungen. Die Ausstellung soll Empfänger*innen von Drohungen empowern, die Gesellschaft sensibilisieren und der Vernetzung dienen. Begleitet wird die Ausstellung durch diverse Vorträge, beispielsweise von der Beratungsstelle „Leuchtlinie“, „Frauen helfen Frauen“ und einem Seenotretter.

Ausstellung und Vorträge finden in den Räumen der VHS Sulz am Neckar statt.


Gutachten: Diaspora-Status für Eritreer*innen

Der Diaspora-Status, den Eritreer*innen im Ausland bekommen können, schützt nicht unbedingt vor Verfolgung. So geht es aus dem Gutachten von Pro Asyl und Connection e.V. hervor. Dies hatte das BAMF angenommen und Widerrufsverfahren von anerkannten Eritreer*innen eingeleitet. Zudem ist es für die Beantragung des Diaspora-Status notwendig, eine Reueerklärung zu unterzeichnen. Dies ist nach dem Bundesverwaltungsgerichtsurteil vom 11.10.2022 nicht zumutbar.

Im September 2022 wurde von Pro Asyl zusammen mit Connection e.V. ein unabhängiges Gutachten zu den Voraussetzungen und rechtlichen Auswirkungen des eritreischen Diaspora-Status veröffentlicht. Dafür wurden 14 Fragen von den Juristen Daniel Mekonnen und Amanuel Yohannes aufgearbeitet und beantwortet. Die Juristen betonen, dass der Diaspora-Status nicht zwingend vor Verfolgung in Eritrea schützt. Vorfälle wurden bekannt, bei denen Reisende in Eritrea verhaftet wurden.

Der Diaspora-Status wird von der eritreischen Regierung an Eritreer*innen ausgegeben, die im Ausland leben und Eritrea besuchen möchten. Der Status soll reisen nach und aus Eritrea vereinfachen und garantieren, dass Inhaber*innen nicht in den Militärdienst einbezogen werden. Um diesen Status zu erlangen, muss eine Reueerklärung unterzeichnet und eine Steuer bezahlt werden. Der Status ist zeitlich begrenzt und wird nach ein bis drei Jahren ungültig. Das BAMF hatte teilweise Schutzstatus von Eritreer*innen widerrufen, mit der Begründung diese wären über den Diaspora-Status vor Verfolgung geschützt. Dies war eine falsche Annahme, wie das Gutachten aufdeckt.


Broschüre: Wohnungssuche in Deutschland

Sie suchen schon lange nach einer Wohnung und stoßen dabei immer wieder auf Hindernisse? Möglicherweise wissen Sie nicht wo Sie suchen sollen, bekommen keine Rückmeldungen auf Ihre Anfragen oder kennen Ihre eigenen Rechte nicht? Dann könnte dieser Ratgeber ein hilfreiches Instrument für Sie sein, welcher Ihnen noch einige Tipps und Tricks mit auf den Weg geben kann.

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen hat im Juni 2022 einen Ratgeber zum Thema Wohnungssuche herausgegeben. Der Ratgeber deckt folgende Themen ab: Wohnungssuche, Basisinformationen zum Mietrecht, staatliche Unterstützung und Diskriminierung bei der Wohnungssuche. Zudem gibt es Informationen zu Kosten und zur Kostenübernahme durch das Jobcenter, zu wichtigen Fristen (z.B. Kündigung), Wohnungsberechtigungsschein und Beratungsstellen.

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen hat ebenfalls hilfreiche Informationen zum Thema Wohnungsuche zusammengestellt. Mit den beiden Ausarbeitungen „Tipps und Hinweise für die Wohnungssuche in Niedersachsen“ und „Informationen für Vermieter:innen“ werden praktische Informationen für Vermieter:innen und geflüchteten Menschen zur Verfügung gestellt, die einen Beitrag zur Überwindung von vielfältigen Barrieren auf dem Weg zur passenden Unterkunft leisten sollen.