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Ukraine: Informationen und Links

Viele ukrainische Geflüchtete kommen in Baden-Württemberg an oder befinden sich noch auf der Flucht. Mit der Flucht und der Ankunft kommen jede Menge Fragen auf, sei es zu Unterkunft und Wohnen, Aufenthaltserlaubnis und Sozialleistungen, Arbeit und Sprachkurse oder besondere Hilfen für Alleinerziehende, Kinder, Jugendliche und Schwangere. Hier finden Sie Links zu all diesen Fragekomplexen.

Allgemeine Informationen (bundesweit)

Informationen aus Baden-Württemberg

Kinder und Jugendliche

Frauen

LSBTI*

Behinderung und Pflegebedarf

Rom*nja

Arbeit

Studium

Unterbringung und Wohnen

Familie

Gesundheit

Psychologische Unterstützung

Sozialleistungen

Kommunikation und Sprache

Alltag

Ehrenamtliche

Drittstaatsangehörige


Pro Asyl: EuGH stellt fest: BAMF handelte während Pandemie europarechtswidrig!

Erneut rügt der EuGH Deutschland wegen europarechtswidriger Handlungen in Flüchtlingsfragen. Das BAMF hatte während der Covid-Pandemie Überstellungsfristen nach der Dublin-Verordnung rechtswidrig ausgesetzt. Asylsuchenden drohte die Abschiebung in ein anderes EU-Land, obwohl die Zuständigkeit für ihr Asylverfahren auf Deutschland übergegangen war.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem heutigen Urteil festgestellt, dass Geflüchtete nicht die Leidtragenden sein dürfen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) pandemiebedingt keine Rückführungen in andere EU-Mitgliedstaaten durchführen kann. „Das ist ein wichtiges Urteil für den Flüchtlingsschutz in Europa, das den Betroffenen Rechtssicherheit gibt“, erklärt Wiebke Judith, rechtspolitische Referentin von PRO ASYL. „Die Luxemburger Richter und Richterinnen haben deutlich gemacht, dass ein Land nicht nach Belieben Fristen zur Überstellung von Geflüchteten in ein anderes EU-Land aussetzen darf, nur weil es aufgrund der Covid-19-Pandemie oder anderen Umständen Schwierigkeiten hat, schutzsuchende Menschen tatsächlich in ein anderes EU-Land zu bringen. Die betroffenen Menschen müssen jetzt endlich in Deutschland ein inhaltliches Asylverfahren bekommen, denn nun steht höchstgerichtlich fest, dass die vom BAMF betriebene Praxis europarechtswidrig war“, erläutert Judith.

Nach der Dublin-Verordnung werden Asylbewerber:innen in den europäischen Mitgliedsstaat zurückgeschickt, in dem sie zuerst europäischen Boden betreten haben und registriert wurden. Am 18. März 2020 beschloss das BAMF jedoch, aufgrund der Corona-Pandemie keine Dublin-Überstellungen mehr durchzuführen. Bei einer nicht erfolgten Überstellung innerhalb von sechs Monaten wird eigentlich der Mitgliedstaat für die asylsuchende Person zuständig, der die Überstellung angefragt hat – in diesen Fällen also Deutschland. Um zu verhindern, dass die Verantwortung auf die Bundesrepublik übergeht, hatte das BAMF aber eine Aussetzung dieser Überstellungsfristen veranlasst. Mit diesem juristischen Trick sollte die Überstellungsfrist bei erneuter Aufnahme des Verfahrens komplett neu beginnen. So wollte sich das Bundesamt erneut sechs Monate Zeit verschaffen, um die Rückführung zu organisieren. Dieses Vorgehen kündigte das BAMF allen Personen im Dublin-Verfahren schriftlich an. Über 21.000 Asylsuchende erhielten laut Angaben der Bundesregierung ein entsprechendes Schreiben, bei vermutlich circa 9.000 Personen wurde an der Aussetzung der Frist festgehalten.

EuGH rügt Bundesregierung das dritte Mal binnen kurzer Zeit für europarechtswidriges Verhalten

„Das Bundesamt hat Tausende Schutzsuchende inmitten einer Pandemie, in der zu Beginn aufgrund von Kontaktbeschränkungen der Zugang zu Beratung und Anwälten kaum möglich war, mit ihren Schreiben zur Aussetzung der Dublin-Fristen massiv verunsichert. PRO ASYL hat von Anfang an auf die offensichtliche Europarechtswidrigkeit hingewiesen, die auch die Europäische Kommission in ihrer Mitteilung zu Asylverfahren während der Covid-Pandemie vom 17. April 2020 festgestellt hat. Es ist ein Skandal, dass es überhaupt notwendig war, einen solchen Fall bis vor den EuGH zu bringen. Leidtragende sind die Menschen, die durch das europarechtswidrige Handeln des Bundesamtes bis heute auf die Prüfung ihrer Verfolgungsgründe warten müssen“, kommentiert Judith.

PRO ASYL unterstützt gezielt entsprechende Klageverfahren, darunter auch eines der Verfahren, das dem EuGH vorgelegt wurde

Nachdem der EuGH bereits im August in zwei Urteilen zum Familiennachzug deutschen Behörden europarechtswidriges Verhalten bescheinigte, ist dies eine erneute Schlappe der Bundesregierung vor dem höchsten Gericht der EU. „Man fragt sich, warum deutsche Behörden immer wieder versuchen, geltendes Recht zum Nachteil von Geflüchteten auszulegen und anzuwenden. Die neue Bundesregierung muss den Behörden auf den Zahn fühlen und Konsequenzen ziehen. Es braucht ganz offensichtlich eine Änderung in der Behördenkultur, sodass der Schutz von Menschen im Zentrum steht – und nicht deren Abwehr“, so Judith.

Nach Fristablauf hat Deutschland die Pflicht zur Durchführung des Asylverfahrens

Für die Betroffenen hat eine Aussetzung der Fristen harsche Konsequenzen: Die reguläre Überstellungsfrist von sechs Monaten beginnt von vorne, selbst wenn sie eigentlich schon mehrere Monate der Frist hinter sich hatten. Während dieser Zeit haben die Asylbewerber*innen keinen Zugang zu einem inhaltlichen Asylverfahren und befinden sich in einem zermürbenden Schwebezustand. Dabei ist ein Kernanliegen der Dublin-Verordnung, genau einen solchen Schwebezustand zu verhindern und durch die Fristen für klare Zuständigkeiten zu sorgen.

Am 26. Januar 2021 legte das Bundesverwaltungsgericht dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens drei Rechtsfragen vor. Zusammengefasst geht es insbesondere um folgende Frage: Kann ein Mitgliedstaat aufgrund von Schwierigkeiten bei der rechtzeitigen Überstellung wegen der Corona-Pandemie die Dublin-Frist unterbrechen?
Mit dem heutigen Urteil macht der EuGH klar: Die Aussetzung der Fristen ist nicht rechtmäßig. Die Dublin-III-Verordnung sieht eine solche Aussetzung nur für klar umfasste Situationen vor, insbesondere um den Rechtsschutz der Betroffenen zu gewährleisten. Eine Fristaussetzung widerspricht dem Beschleunigungsgebot, das vorsieht, für Betroffene zügig Rechtssicherheit zu schaffen.

Im Ergebnis bedeutet das Urteil für die betroffenen Personen, dass ihre Überstellungsfristen je nach Einzelfall überschritten wurden. Nach der Dublin-III-Verordnung hat nach Fristablauf der Mitgliedstaat, in dem sich die Geflüchteten aufhalten – in diesem Fall Deutschland – die Pflicht zur Durchführung des Asylverfahrens.


Innenministerium schafft menschenverachtende Diskretionsprognosen für LSBTI-Geflüchtete ab

Wir haben uns sehr gefreut zu erfahren, dass das BMI den Koalitionsvertag umsetzt und die menschenverachtende Diskretionsprognosen für LSBTI-Geflüchtete abschafft.

Bisher prüfen deutsche Behörden, ob ein Asylsuchender seine sexuelle Identität in der Heimat geheimhalten könnte. Das wird nun gestrichen.
Das hat das BMI gestern den Abgeordneten des Bundestag mitgeteilt.
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Wir brauchen eine Vorgriffsregelung für das Chancenaufenthaltsrecht

Sehr geehrte*r Abgeordnete*r der Christlich-Demokratischen Union,

sehr geehrte*r Abgeordnete*r von Bündnis 90/Die Grünen,

wir wenden uns heute an Sie mit der dringenden Bitte, dass die Landesregierung in dem genannten Sachverhalt zeitnah eine Vorgriffsregelung für das Chancenaufenthaltsrecht erlässt:

Geflüchtete, die seit vielen Jahren hier leben sollen laut Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 6. Juli 2022 das so genannte Chancenaufenthaltsrecht erhalten (§104c AufenthG). Im Hinblick darauf haben Bundesländer wie Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz bereits vor Monaten entsprechende Weisungen erlassen bzw. ihre früheren Erlasse und Anwendungshinweise ergänzt: Von Rückführungsmaßnahmen sei demnach für jenen Personenkreis abzusehen, der mit hoher Wahrscheinlichkeit unter das Chancenaufenthaltsrecht fällt. So hat z.B. das rheinland-pfälzische Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration bereits am 15.07.2022 in einem Rundschreiben an alle Ausländerbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte klar formuliert:

„Es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse daran, bei anspruchsberechtigten Personen im Vorgriff auf das nach der parlamentarischen Sommerpause des Deutschen Bundestages zu erwartende Inkrafttreten der Regelung bereits jetzt von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen. Ausländischen Staatsangehörigen, die die Voraussetzungen des Chancen-Aufenthaltsrechts gemäß § 104c AufenthG-E erfüllen, soll deshalb eine Ermessensduldung auf der Rechtsgrundlage des § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG erteilt werden.“

Die baden-württembergische Landesregierung hat bisher keine derartige Vorgriffsregelung erlassen und schiebt im Gegenteil noch Personen ab, die alle Kriterien für dieses neue Chancenaufenthaltsrecht erfüllen könnten. Dies ist aus unserer Sicht in keinster Weise mit dem Koalitionsvertrag vom Mai 2021 (!) vereinbar, der formuliert, dass „für diejenigen, die viele Jahre im Land leben, nicht straffällig geworden und gut integriert sind, alle Möglichkeiten im Land genutzt werden, um ein Bleiberecht zu ermöglichen“ (Koalitionsvertrag, S. 85).

Es kann angesichts dieser Ziele aus unserer Sicht nicht sein und entspricht keiner fairen und  menschenwürdigen Behandlung der betroffenen Personen, dass ausgerechnet in unserem Bundesland Menschen, die exakt zur Zielgruppe des direkt vor der Tür stehenden Chancenaufenthaltsrechtes gehören, kurz vor Inkrafttreten dieser Regelung noch immer in Abschiebehaft gebracht, in Flugzeuge gesetzt und abgeschoben werden.

Dazu einige Beispiele: Es handelt sich bei den Betroffenen um Menschen, die für das Chancenaufenthaltsrecht in Frage gekommen wären.

Am 7.9. 2022 wurde ein gambischer Geflüchteter aus Reutlingen abgeschoben. Er war seit 2014 in Deutschland, spricht fließend Deutsch, arbeitete in Vollzeit, hatte eine eigene Wohnung und keine schwerwiegenden Straftaten. Das zuständige Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag gegen die Abschiebung und den Antrag auf eine Ermessensduldung mit der Begründung ab, dass das geplante Gesetz zum Chancenaufenthaltsrecht noch nicht in Kraft getreten sei.

Am 15.9. 2022 wurde ein Tamile aus Sri Lanka aus Schwaikheim nach Sri Lanka abgeschoben, der seit 7 Jahren in Deutschland lebte, seit 5 Jahren arbeitet.

Am 20.9. 2022 wurden Menschen nach Nigeria abgeschoben, die seit mehreren Jahren in Deutschland gelebt haben und berufstätig waren.

Für Arbeitgeber*innen sind diese Abschiebungen eine Katastrophe. Ehrenamtlich Engagierte haben sich lange für diese Menschen eingesetzt. Die Betroffenen selbst waren in regulären Arbeitsprozessen, haben Steuern gezahlt und sich in Baden-Württemberg eingelebt.

Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Regelungen, die die Landesregierung bisher beschlossen hat, nicht dafür ausgereicht haben, die Betroffenen vor Abschiebungen zu schützen. Mit unserem Brief appellieren wir dringend an Sie, die von Ihnen im Landeskoalitionsvertrag von 2021 formulierten Zusagen umzusetzen und fordern Sie im Sinne der potentiell betroffenen Geflüchteten und ihrer Arbeitgeber*innen auf, jetzt so schnell wie möglich eine Vorgriffsregelung analog zu anderen Bundesländern zu erlassen.

Es kann nicht sein, dass diese Abschiebungen weitergehen. Bitte setzen Sie sich dafür ein, dass diese so schnell wie möglich gestoppt werden.

Mit freundlichen Grüßen und herzlichem Dank für Ihre Bemühungen,

Lucia Braß
(1. Vorsitzende)


Forderung an die Bundesregierung: Recht auf Familiennachzug umsetzen!

Im Koalitionsvertrag hat die Regierungskoalition Verbesserungen beim Familiennachzug für Geflüchtete versprochen. Zum Weltkindertag am 20. September ruft das internationale Kinderhilfswerk terre des hommes gemeinsam mit vielen weiteren Verbänden zur Umsetzung dieser Verbesserungen sowie der EuGH-Urteile und zur Abschaffung zahlreicher Hürden beim Familiennachzug auf.

Die Forderung nimmt Bezug auf das aktuelle Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 1. August 2022, in dem festgestellt wurde, dass Deutschland europarechtswidrig Familiennachzug verhindert. Geflüchteten Jugendlichen wurde der Familiennachzug verweigert, wenn sie zwischen Antragsstellung und Entscheidung über den Asylantrag volljährig geworden sind. Das Bündnis fordert die Umsetzung der minderjährige Geflüchtete begünstigenden EuGH-Urteile.

Überdies fordern die Organisationen, einen Rechtsanspruch für den Nachzug der Geschwister beim Elternnachzug zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu schaffen. Nach derzeitiger Rechtslagekönnen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zwar ihre Eltern, nicht aber ihre Geschwister nachziehen lassen. Diese Form von Familientrennung sei für viele Kinder und Jugendliche eine starke psychische Belastung, die negative Folgen für ihre weitere Entwicklung haben kann.

Des Weiteren fordert die Initiative sowohl die Herstellung des Rechtanspruchs auf Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten als auch den Abbau der administrativen Hürden im Visumsverfahren. „Wir erwarten, dass die Bundesregierung ihren Versprechungen zur Verwirklichung des Grundrechts auf Familienleben für Geflüchtete oberste Priorität einräumt“, erklärte Beat Wehrle, Vorstandssprecher von terre des hommes.



Ludwigsburg: Mahnwache „Flucht nach Europa. Die Festung Europa ist unerbittlich“

Die Ökumenische Fachstelle Asyl ruft zu einer Mahnwache auf dem Rathausplatz in Ludwigsburg auf. Sie möchte darauf aufmerksam machen, dass immer noch Menschen das Risiko auf sich nehmen und unter den widrigsten Umständen über das Meer nach Europa kommen.

Nach der Mahnwache (um 12:30 Uhr) wird Peter Schmidt seine Skulptur „Festung Europa“ in der Stadtbibliothek vorstellen. Die Skulptur wird dort vom 24.9. bis zum 8.10. ausgestellt.

Um 13:00 Uhr gibt es einen Imbiss und Theresa Bischof wird über ihre Einsätze in Flüchtlingslagern auf der griechischen Insel Lesvos im Kulturzentrum Ludwigsburg berichten.


Pro Asyl: Hürden beim Familiennachzug von Ehepartner*innen

Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, DGB, PRO ASYL und zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen fordern die Ampelkoalition auf, das Erfordernis eines deutschen Sprachnachweises für die Einreise zu in Deutschland lebenden Ehepartner*innen endlich zu streichen. Die Regelung verhindert jährlich tausendfach das Recht auf eheliches Zusammenleben. 

Rund ein Drittel aller Menschen, die zu ihrem Ehemann oder zu ihrer Ehefrau nach Deutschland ziehen möchten, scheitern an den dafür erforderlichen Deutschkenntnissen, die sie vorab zur Einreise nachweisen müssen. Das sind im Jahr circa 10.000 Paare, denen dadurch das gemeinsame Leben versagt wird (siehe Plenarprotokoll vom 16.3.22, Frage 31).

Die Regierungsparteien haben vor der parlamentarischen Sommerpause den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts vorgelegt. Dieser sieht vor, dass Ehegatt*innen von in Deutschland lebenden Fachkräften für den Nachzug keinen Nachweis über bestehende deutsche Sprachkenntnisse mehr erbringen müssen. „Wir fragen uns, warum denn nicht gleich für alle? Warum werden die Paare und Familien im partnerschaftlichen Familiennachzug erneut übergangen? Hier könnten die Regierungsparteien ihr Versprechen doch auf ganzeinfache Art einlösen. Da genügt ein kleiner zusätzlicher Satz“, so Chrysovalantou Vangeltziki, Bundesgeschäftsführerin Verband binationaler Familien und Partnerschaften.

Auf Initiative des Verbands binationaler Familien und Partnerschaften haben PRO ASYL und weitere zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter DER PARITÄTISCHE Gesamtverband, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), das Bundesjugendwerk der AWO und zahlreiche Landesflüchtlingsräte nun einen Aufruf veröffentlicht. Darin beklagen sie, dass das Spracherfordernis für die Betroffenen in vielen Fällen eine unzumutbare Belastung darstellt und auch unverhältnismäßig ist, denn die deutsche Sprache kann sehr viel leichter in Deutschland als im Ausland erworben werden.

Die unterzeichnenden Organisationen sehen in dem Spracherfordernis zudem einen Verstoß gegen das Recht auf eheliches und familiäres Zusammenleben nach Art. 6 GG sowie einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 GG, weil die Vorgabe nur einige Paare trifft und andere nicht. Angehörige von in Deutschland lebenden Hochqualifizierten, Unionsbürger*innen und Menschen bestimmter Herkunftsländer (definiert in §41 AufenthV) sind von dem Spracherfordernis befreit. Im Zuge des geplanten Chancen-Aufenthaltsrecht könnte das bald ebenso für nachziehende Ehepartner*innen von in Deutschland lebenden Fach- und IT-Kräften gelten. Menschen hingegen, die zu ihren Ehepartner*innen nach Deutschland ziehen wollen, die schon die deutsche Staatsbürgerschaft erlangt haben, sowie Ehepartner*innen anderer in Deutschland lebender Drittstaater*innen müssen den Nachweis weiterhin erbringen. Dies ist weder aus wirtschaftlichen noch aus humanitären Gründen nachvollziehbar. „Es wird wirklich Zeit, diese Ungleichbehandlung endlich aufzugeben“, fordert Chrysovalantou Vangeltziki, Bundesgeschäftsführerin des Verbands binationaler Familien und Partnerschaften.

Hintergrund

Im Jahr 2007 wurde für den Familiennachzug von Ehepartner*innen der Nachweis einfacher deutscher Sprachkenntnisse (Niveau A1) als Voraussetzung eingeführt. Dieser umfasst auch schriftliche Deutschkenntnisse und muss bereits vor Einreise erbracht werden. Begründet wurde dies damit, Integration zu fördern und Zwangsverheiratung verhindern zu wollen. Die gesetzlichen Ausnahmeregelungen (in § 30 Abs. 1 S. 3 AufenthG) werden behördlich so restriktiv gehandhabt, dass sie kaum Anwendung finden.

Die Regierungsparteien hatten in ihrem Koalitionsvertrag bereits Ende vergangenen Jahres eine Änderung der Rechtslage angekündigt, so dass „zum Ehepartner oder zur Ehepartnerin nachziehende Personen […] den erforderlichen Sprachnachweis auch erst unverzüglich nach ihrer Ankunft erbringen [können]“ (S.111). In ihrem Aufruf erinnern die Organisationen die Regierung an ihr Versprechen.



Verstärkung der Bleibeperspektive für Drittstaatsangehörige

In einem neuen Urteil vom 7. September hat der Europäische Gerichtshofs (EuGH) entschieden, dass ein Drittstaatsangehöriger, der als Familienangehöriger eines Unionsbürgers über einen Aufenthaltstitel verfügt, eine langfristige Aufenthaltserlaubnis erlangen kann.

Die Entscheidung wurde in der Sache einer ghanaischen Mutter und ihrem niederländischen Sonn getroffen. Die Frau hat seit 2013 um ihren Sonn, der EU-Bürger ist, in den Niederlanden gekümmert. Sie versuchte 2019 eine langfristige Aufenthaltserlaubnis zu bekommen, allerdings wurde das von den niederländischen Behörden abgelehnt, da sie der Ansicht waren, dass ihr Aufenthaltsrecht als Familienangehörige nur von vorübergehender Natur sei.

Nun hat der EuGH allerdings zugunsten der Frau entschieden: der Aufenthalt als Familienmitglied eines Unionsbürgers ist nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen. Dabei hat der EuGH deren vorrangiges Ziel betont, nämlich die Integration von Drittstaatsangehörigen, die in einem Mitgliedstaat langfristig bleiben. Laut dem EuGH seien nur solche Drittstaatsangehörigen, die sich ausschließlich vorübergehend im Mitgliedstaat aufhalten, z.B. Au-pairs, Saisonarbeitnehmer, entsendete Arbeitnehmer oder bei förmlich begrenzten Aufenthaltsgenehmigungen, vom Anwendungsbereich der Daueraufenthaltsrichtlinie ausgeschlossen.

Für mehr Information lesen Sie den Migazin Artikel dazu sowie die Pressemitteilung des EuGH.


Presseerklärung von Pro Asyl: Frontalangriff auf das europäische Asylrecht

PRO ASYL und rund 60 NGOs aus ganz Europa warnen in einem Brandbrief vom 8. September angesichts einer derzeit diskutierten EU-Verordnung vor einer weitreichenden Aushebelung des europäischen Asylrechts.

In Brüssel und den europäischen Hauptstädten soll im Hauruck-Tempo eine EU-Verordnung durchgepeitscht werden, die das europäische Asylsystem weitgehend aushebelt. „Diese Verordnung darf nicht verabschiedet werden – sie ist ein Frontalangriff auf das europäische Asylsystem und die Rechtsstaatlichkeit in Europa. Die Bundesregierung darf ihr im Rat keinesfalls zustimmen“, fordert Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von PRO ASYL.

Im Dezember 2021 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung vor, die den EU-Mitgliedstaaten in Situationen der „Instrumentalisierung“ von Migration und Asyl ermöglicht, von ihren Verpflichtungen nach dem EU-Asylrecht abzuweichen. Auslöser war die Initiative des belarussischen Diktators Lukaschenko, der die Not von Schutzsuchenden schamlos ausnutzte und diese an die EU-Grenze brachte. Der Mechanismus, der nun diskutiert wird, soll den EU-Mitgliedstaaten dauerhaft zur Verfügung stehen und in verschiedenen Situationen in Anspruch genommen werden. Die Folge ist, dass die Nationalstaaten nach Belieben von ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen abweichen können.

„Wir beobachten seit Jahren eine Erosion des Asylrechts und der Rechtsstaatlichkeit an den europäischen Außengrenzen. Doch mit dieser Verordnung würden schäbige Praktiken von Rechtsbrüchen in Gesetzesform gegossen. Das bedeutet einen Freifahrtschein für repressive Regierungen in der EU, die die Rechte von Schutzsuchenden mit Füßen treten“, warnt Karl Kopp.

Gefährlicher Präzedenzfall: Rechtsstaatlichkeit in Europa wird in Frage gestellt


Die Stellungnahme wurde von knapp sechzig NGOs aus ganz Europa unterzeichnet, darunter der Europäische Flüchtlingsrat ECRE, Amnesty International, Caritas Europa und Human Rights Watch. Sie warnen: Eine Einigung über die sogenannte Instrumentalisierungsverordnung wird der letzte Schlag gegen ein gemeinsames europäisches Asylsystem in Europa sein. Die unterzeichnenden Nichtregierungsorganisationen lehnen die Einführung und Anwendung des Konzepts der Instrumentalisierung und seine Kodifizierung im EU-Recht entschieden ab. Wir lehnen ferner Reformen ab, die weitreichende Ausnahmen vom EU-Recht ermöglichen“, heißt es in dem am 8. September veröffentlichten Positionspapier (hier in deutscher Übersetzung).

Die vorgeschlagenen Ausnahmeregelungen sind unverhältnismäßig, kontraproduktiv, unnötig, fehlgeleitet und ungerecht, wie in der Stellungnahme der NGOs weiter ausgeführt wird. „Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass diese Reformen die Achtung des EU-Rechts insgesamt untergraben. Die Einführung eines Modells, das (…) beliebige Ausnahmen zulässt, könnte einen Präzedenzfall schaffen, insbesondere da die Rechtsstaatlichkeit in ganz Europa in Frage gestellt wird.“

Soweit bekannt, gibt es unter den Mitgliedstaaten eine breite Unterstützung für die vorgeschlagene Verordnung. Die tschechische Ratspräsidentschaft strebt die Verabschiedung einer gemeinsamen Verhandlungsposition bis Dezember an. Die zuständige Asylarbeitsgruppe des Rates wird voraussichtlich am 21. September weiter über das Thema beraten.

Quelle: Pro Asyl


Heilbronn: „Klimagerechtigkeit als globales Friedenprojekt“

Klimawandel ist ein dringendes Problem, das viel zu wenig bearbeitet wird. Das Bewusstsein der Klima-Krise muss deswegen immer wieder geschärft werden, besonders in Bezug auf ihre umweltgefährdenden als auch humanitären und politischen Folgen auf den globalen Süden.

Die Veranstaltung ist als ein Treffen mit Mamadou Mbodji konzpiert, Vizepräsident der NaturFreunde Internationale und Präsident der afrikanischen NaturFreunde. Mamadou Mbodji warnt schon seit Jahren vor den Folgen der Klima-Krise. Er spricht nicht nur über die Ursachen der Klima-Krise, sondern auch über praktische und praktikable Projekte in Afrika, deren Ziel es ist, die Klima-Katastrophe abzumildern.

Zum Flyer der Veranstaltung.