Neue Entwicklungen im Fall Dana und Edi: Niemand ist sorgeberechtigt, kein Schulbesuch möglich
Im Fall der beiden im Dezember aus einer Jugendhilfeeinrichtung im Landkreis Böblingen nach Albanien abgeschobenen Kinder Dana und Edi liegt nun ein Gutachten vor, welches das Ausmaß der entstandenen Kindeswohlgefährdung deutlich macht. Eine Sozialarbeiterin und Juristin von der Organisation International Social Service hat die Kinder besucht, um sich über ihre Situation zu informieren.
Die Gutachterin bestätigt, dass Edi kein Albanisch spricht, und sich nur mit ihr verständigen konnte, weil seine Schwester gedolmetscht hat. Dana kann zwar albanisch sprechen, aber nicht schreiben. Ein Schulbesuch ist für beide Kinder daher aktuell unmöglich. Die vorhandenen Verwandten sind nicht in der Lage, sich um die Kinder zu kümmern, da sie selbst für ihren Lebensunterhalt auf die Unterstützung von im Ausland lebenden Verwandten angewiesen sind. Die Großeltern der Kinder sind zudem gesundheitlich zu sehr angeschlagen, um sich dauerhaft um die Kinder zu kümmern. Aktuell leben die Kinder in einer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung, zusammen mit ihrem 24-jährigen Halbbruder und dessen hochschwangere Frau.
Die Gutachterin erläutert, dass aktuell niemand das Sorgerecht für die Kinder innehat, so dass es keine Möglichkeit gibt, in ihrem Namen irgendwelche Rechtsgeschäfte wie etwa die Beantragung von Sozialleistungen zu tätigen. Eine staatliche Inobhutnahme, die nach albanischen Recht in solchen Fällen vorgesehen ist, würde zu einer Trennung der Kinder führen, da sie in unterschiedliche Heime kommen würden. Dies wäre nach Überzeugung der Gutachterin keine geeignete Lösung, denn nach allem, was die beiden in den letzten Jahren durchgemacht haben, ist für beide das jeweils andere Geschwisterteil die einzige wirkliche Bezugsperson, die sie haben.
Zusammenfassend bezeichnet die Gutachterin die Situation als „problematisch“ – die Kinder seien durch die Abschiebung traumatisiert, fühlen sich in ihrer aktuellen Umgebung fremd und können ihr Recht auf Bildung nicht in Anspruch nehmen, zudem ist keine sorgeberechtigte Person in der Nähe.
Die Verantwortlichen in der Jugendhilfeeinrichtung Waldhaus, wo die Kinder bis zur Abschiebung gelebt haben, nehmen diese neuen Information tief besorgt zur Kenntnis: „Wir machen uns weiterhin große Sorgen um Dana und Edi. Je länger die beiden in dieser unsicheren Situation sind, desto größer die negativen Auswirkungen auf ihre Entwicklung. Beispielsweise fehlt beiden nun schon vier Monate Schulbildung. Wir alle, auch die Jugendlichen in den Wohngruppen, hoffen weiterhin darauf, dass Dana und Edi zurück kehren können“, so Cordula Breining, Koordinatorin für unbegleitete Minderjährige im Waldhaus.
Im Februar hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart den Eilantrag auf Rückholung der Kinder abgelehnt, obwohl die Abschiebung „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ rechtswidrig war. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die eingetretene Kindeswohlgefährdung nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei. „Dieses Gutachten bestätigt die wesentlichen Umstände, die die Kinder bereits seit ihrer Abschiebung geschildert haben. Es wird deutlich, dass durch das rechtswidrige Verhalten von Behörden des Landes Baden-Württemberg eines Kindeswohlgefährdung eingetreten ist und fortbesteht“, stellt Seán McGinley vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg fest. Er fordert die neue Landesregierung auf, sich um eine Rückholung der Kinder zu kümmern, die Umstände der rechtswidrigen Abschiebung aufzuklären und Maßnahmen dafür zu treffen, dass sich ein solcher Fall nie wiederholen kann.
Die Petition zur Rückholung der Kinder hat mittlerweile über 8000 Unterschriften und kann noch unterschrieben werden:
https://www.openpetition.de/petition/unterzeichner/herr-strobl-holen-sie-die-beiden-elternlosen-abgeschobenen-kinder-nach-leonberg-zurueck