Gegen den Populismus: Wie viele ausreisepflichtige Geflüchtete gibt es wirklich?

Eine oft genannte Behauptung ist, dass „300.000 vollziehbar ausreisepflichtige abgelehnte Asylbewerber“ aus Deutschland ausreisen müssten. Dies stelle einen Beleg für „Asylmissbrauch“ und die die Effektivität von Abschiebungen dar. Diese pauschale Aussage hält einer tiefgehenden Betrachtung nicht Stand. Berlin hilft hat die Zahlen ausführlich analysiert, die wichtigsten Ergebnisse haben wir zusammengefasst.

Auf was bezieht sich die Zahl von 300.000 Personen?

Laut Plenarprotokoll des Bundestages 20/124 gab es Ende August 2023 261.925 ausreisepflichtige Personen in Deutschland. Die tatsächliche Zahl der ausreisepflichtigen Menschen ist also bereits niedriger als die angegebenen 300.000. Ausreisepflichtig sind Menschen, die keinen Aufenthaltstitel (mehr) haben.

Können alle diese 261.925 ausreisepflichtige Personen abgeschoben werden?

Nein, das ist nicht in allen Fällen möglich. Oft besteht ein Abschiebungshindernis, z.B. aufgrund einer Erkrankung oder wegen Passlosigkeit. In diesem Fall ist die Abschiebung dann vorübergehend ausgesetzt, solange das Abschiebungshindernis besteht. Die betroffenen Menschen haben dann Anspruch auf eine sog. Duldung. Von den 261.925 vollziehbar ausreisepflichtigen Personen Ende August hatten laut Plenarprotokoll des Bundestages 210.528 Menschen eine Duldung. Somit bleiben nur 51.397 Ausreisepflichtige übrig, bei denen eine Abschiebung überhaupt möglich gewesen wäre.

Haben alle der Personen, die man abschieben könnte, eine Ablehnung im Asylverfahren erhalten?

Nein. Berlin hilft verweist hier auf Zahlen von Ende Juni 2023 aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Partei Die Linke. Von insgesamt 279.098 ausreisepflichtigen Personen hatten zu diesem Stichtag nur 132.035 Personen, also knapp die Hälfte, einen abgelehnten Asylantrag. Davon waren nur 13.784 Personen ohne Duldung.

In die Betrachtung muss auch einbezogen werden, dass das Ausländerzentralregister (AZR) nicht durchgängig konsistente Daten liefert. So wird beispielsweise der Umstand, dass eine Person aus einem Asylverfahren kommt lebenslang gespeichert. Aus diesem Grund werden auch Personen als abgelehnte Asylbewerber*innen geführt, die mittlerweile aufgrund zwischenzeitlich erfolgter EU-Beitritte ihrer Herkunftsländer als EU-Bürger*innen in Deutschland leben.

Fazit: Statt von „300.000 ausreisepflichtigen abgelehnten Asylbewerbern“ müsste man korrekterweise von „13.784 ausreisepflichtigen abgelehnten Asylbewerbern ohne Duldung“ sprechen.  Dieses Beispiel zeigt anschaulich, dass Populist*innen Tatsachen verfälschen und Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gegenüber geflüchteten Menschen schüren.



BW: Abschiebekosten von über 8,8 Mio. Euro seit 2020

Eine am 13. September beantwortete Anfrage der AfD an das Justizministerium ergab, dass im Zeitraum 1.1.2020 bis 31.8.2023 5.639 Menschen abgeschoben wurden. Laut der Anfrage haben Abschiebungen im Zeitraum 1.1.2020 bis 19.9.2023 über 8,8 Mio. Euro an Kosten verursacht. Rund 1,7 Mio. Euro davon haben die abzuschiebenden/abgeschobenen Personen zurückgezahlt.

Die hohen Kosten, die durch Abschiebungen verursacht werden, könnten aus unserer Sicht besser dazu verwendet werden, um menschenwürdige Unterkünfte zu bauen oder den Menschen das Ankommen in Deutschland zu erleichtern, z.B. über mehr/bessere Sprachkurse und Unterstützung bei der Arbeitssuche.



Georgien und Moldau sind nicht sicher!

PRO ASYL und die Flüchtlingsräte der Länder fordern die Bundesländer auf, sich am 20.10.2023 im Bundesrat gegen den Gesetzentwurf zur Einstufung Georgiens und Moldaus als “sichere” Herkunftsländer auszusprechen und sich stattdessen einer rationalen, faktenbasierten und lösungsorientierten Migrationspolitik zuzuwenden.

“Die Wahlen in Hessen und Bayern haben klar gezeigt: Je mehr SPD und Grüne sich rechts anbiedern, desto weiter verschiebt sich der gesamte Diskurs nach rechts – und gewählt wird dann dennoch das rechtsradikale Original. Wir brauchen endlich eine rationale und faktenbasierte Debatte über Flucht und Migration”, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.

PRO ASYL und die Flüchtlingsräte lehnen das Konzept der sicheren Herkunftsländer grundsätzlich ab. Im konkreten Fall von Moldau und Georgien gibt es zudem etliche tatsächliche Gründe, die der Einstufung als “sicher” entgegenstehen. Denn zu einer solchen Einstufung gelten klare gesetzliche Vorgaben: Staaten dürfen nur dann als “sichere Herkunftsstaaten” gelten, wenn „landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen“ Sicherheit vor Verfolgung besteht. Dies ist weder in Georgien noch in Moldau gegeben. PRO ASYL hat dazu eine ausführliche Stellungnahme verfasst.

In beiden Ländern gibt es abtrünnige Regionen, die von Russland und nicht von der jeweiligen Regierung kontrolliert werden: In Georgien die Regionen Abchasien und Südossetien und in der Republik Moldau die Region Transnistrien. Außerdem geht der Gesetzentwurf nicht auf die Gefahr des zunehmenden russischen Einflusses auf Politik und Gesellschaft auch außerhalb der abtrünnigen Gebiete ein und auch nicht auf die geänderte geopolitische Gefahrenlage seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.

Weiterhin sind nachweislich nicht alle Personen- und Bevölkerungsgruppen sicher. In Georgien gilt das speziell für die Gruppe der LGTBIQ*-Personen, in Moldau insbesondere für die Gruppe der Rom*nja. Beide Gruppen sind von Diskriminierung, Ausschlüssen und sogar von Angriffen betroffen. Auch Presse- und Medienvertreter*innen sowie Kunst- und Kulturschaffende geraten in jüngster Zeit zunehmend unter Druck. In Belgien wurde im Juli dieses Jahres das Land Georgien nach nicht einmal drei Monaten wieder von der Liste der sicheren Herkunftsländer genommen, insbesondere wegen der gefährlichen Situation für LGTBIQ*-Personen.

Der Gesetzentwurf wird als Maßnahme zur Entlastung von kommunalen Strukturen vermarktet. Dabei handelt es sich in Wahrheit bei diesen beiden Ländern nur um eine kleine Gruppe Asylsuchender, denen durch die Einstufung als “sicheres Herkunftsland” ihr Recht auf eine individuelle Überprüfung ihrer Asylanträge verweigert wird. Das wird nicht zu einer Entlastung der Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Geflüchteten führen. Was die Kommunen hingegen brauchen, ist eine rationale und faktenbasierte Debatte über echte Maßnahmen, die ihnen helfen – zum Beispiel eine dauerhafte und nachhaltige Finanzierung mit einer Pro-Kopf-Pauschale je aufgenommener Person, eine Digitalisierungsoffensive und die Aufhebung der Arbeitsverbote, von denen Tausende Geduldete betroffen sind.

PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte fordern Bund und Länder auf, eine Migrationspolitik zu verfolgen, die tatsächlich die Kommunen bei der Aufnahme sowie die Menschen beim Ankommen unterstützt, statt weiter rechte Stimmungsmache zu befördern.


Handicap International: FAQs für ukrainische Geflüchtete mit Behinderung

Mit dem Projekt Crossroads informiert Handicap International Fachkräfte und ehrenamtlich Aktive für ihre Arbeit mit geflüchteten Menschen mit Behinderung in Deutschland. Im Zuge dessen entstanden im letzten Jahr FAQs für Menschen mit Behinderung aus der Ukraine, die nun überarbeitet und
aktualisiert wurden. Die FAQs sind auf Ukrainisch, Russisch und Deutsch verfügbar. Darüber hinaus stellt Handicap International ebenfalls andere mehrsprachige FAQs für geflüchtete Menschen mit Behinderung aus anderen Herkunftsländern zur Verfügung.


Weiterführende Informationen finden Sie hier:


BVerwG: Kindernachzug zu subsidiär Schutzberechtigten

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am 08.12.2022 – 1 C 8.21 geurteilt, dass Kinder von subsidiär Schutzberechtigten im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zum Familiennachzug weiterhin minderjährig sein müssen. Somit hält das BVerwG die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes bezüglich des Kindernachzugs/Elternnachzugs zu Personen mit einer Flüchtlingseigenschaft nicht für subsidiär Schutzberechtigte anwendbar (EuGH, Urteil vom 01.08.2022 – C-279/20).

„1. Die zum Kindernachzug nach § 32 AufenthG entwickelten Grundsätze zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bei einer gesetzlichen Altersgrenze […] gelten auch für den Nachzug zum subsidiär schutzberechtigten Elternteil nach § 36a AufenthG. [Anmerkung von asyl.net: Das BVerwG führt hierzu weiter aus, dass die Minderjährigkeit zum Zeitpunkt des Antrags auf Familienzusammenführung vorliegen muss und die übrigen Voraussetzungen für den Kindernachzug auch im Zeitpunkt des Erreichens der Altersgrenze und zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz vorliegen müssen.]

2. Der Ausschluss des Familiennachzuges zu subsidiär Schutzberechtigten nach § 104 Abs. 13 AufenthG ist nicht verfassungswidrig, weil Härtefällen durch die Erteilung von humanitären Aufenthaltserlaubnissen nach § 22 Satz 1 AufenthG Rechnung getragen werden kann […].

3. Die Ungleichbehandlung des Familiennachzuges zum anerkannten Flüchtling nach § 32 und § 36 Abs. 1 AufenthG einerseits und zum subsidiär Schutzberechtigten nach § 36a AufenthG andererseits verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Sie ist insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.“

(Amtliche Leitsätze)


Online-Veranstaltung: Let her learn!

TERRES DES FEMMES lädt ein mit afghanischen Frauenrechtsaktivistinnen ins Gespräch zu kommen, sich über die aktuelle Bildungssituation für Mädchen und Frauen in Afghanistan auszutauschen und mögliche Zukunftsperspektiven zu diskutieren. Die afghanischen Expertinnen haben bis zur Machtergreifung der Taliban im August 2021 das von TERRE DES FEMMES und der Deutsch-Afghanischen Initiative geförderte Frauenbildungszentrum Neswan in Herat betrieben. Die Veranstaltung findet auf Deutsch statt, die Dolmetscherin Nafiseh Bahavar (Dari – Deutsch) wird den Austausch begleiten.

Die gleiche Veranstaltung findet nochmal am 24. Oktober statt.

Hier finden Sie die Teilnahmelinks für den 17. Oktober und den 24. Oktober sowie mehr Informationen zur Veranstaltung.                                                                                                                                        


Herbsttagung 2023

Informationen auf: Englisch und Türkisch

Herzliche Einladung zur Herbsttagung am Samstag, den 18. November 2023, in Stuttgart. Wir haben ein äußerst spannendes und vielfältiges Programm auf die Beine gestellt. Der Hauptvortrag beleuchtet kritisch die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). In den Arbeitsgruppen können Sie wählen zwischen den Themen Abschiebehaft, Flucht aus der Türkei und Rechtsmittel im AsylbLG. Zudem gibt es zwei Gruppen zu Rassismus, jeweils ein Reflexionsraum für weiß-gelesene Personen und ein Empowerment-Raum für von Rassismus betroffene Personen. Zum Abschluss der Tagung findet ein Fachgespräch zu Ausgrenzungsmechanismen statt. Dazwischen wird es ausreichend Möglichkeiten zur Vernetzung und zum Austausch geben.

Die Tagung ist kostenlos und richtet sich in erster Linie an Ehrenamtliche in der Geflüchtetenarbeit.

Ort: Bürgerräume West in der Bebelstraße 22, 70193 Stuttgart (barrierefrei)

Unsere Tagung soll einen möglichst geschützten Raum für alle Beteiligten darstellen. Deshalb bitten wir alle Beteiligten, die Vereinbarung zum Umgang miteinander bei der Anmeldung zur Kenntnis und sich bei der Tagung zu Herzen zu nehmen.

Die Tagung findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Integration“ statt, unterstützt durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat. Eine Koförderung besteht durch die UNO-Flüchtlingshilfe und die Deutsche Postcode Lotterie.

PROGRAMM

09:45 Uhr: Anmeldung und Ankommen

10:00 Uhr: Begrüßung

10:15 11:45 Uhr: Arbeitsgruppen-Phase I

Wählen Sie eine Arbeitsgruppe aus den vier folgenden aus. Die Arbeitsgruppen „Was tun bei Abschiebehaft?“, „Flucht und Migration aus der Türkei“ und „“Bekomme ich wirklich nur so wenig Geld?“ AsylbLG-Bescheide verstehen und dagegen vorgehen werden“ werden in der Arbeitsgruppen-Phase II wiederholt. Die Arbeitsgruppe 4 „Reflexionsraum „kritisches weiß-Sein““ findet nur in der Arbeitsgruppen-Phase I statt. Die Arbeitsgruppe 5 „Empowerment Raum“ findet nur in der Arbeitsgruppen-Phase II statt.

Arbeitsgruppe 1: Was tun bei Abschiebehaft?

Kommt eine Person in Abschiebehaft, dann stehen alle Kopf. Oft bricht erstmal der Kontakt zu der inhaftierten Person ab. Die Betroffenen wissen kaum wie ihnen geschieht, sind überrumpelt, überfordert und überwältigt. Und dann soll alles ganz schnell gehen, denn Unterstützung muss aktiviert werden. Alle Beteiligten hoffen, dass der*die Inhaftierte doch noch entlassen und nicht abgeschoben wird. In dieser Arbeitsgruppe geht es um die Grundlagen von Abschiebehaft: Was ist Abschiebehaft und wie läuft sie rechtlich und praktisch ab? Was kommt auf die Betroffenen und ihre Unterstützer*innen zu? Welche praktischen und rechtlichen Möglichkeiten gibt es, die Betroffenen zu unterstützen? Gibt es überhaupt Chancen, dass jemand aus der Abschiebehaft entlassen wird? Diesen Fragen werden die Berater*innen in der Abschiebehaft Pforzheim Dirk Keil und Theresa Kräling sowie die Anwältin Anne Feßenbecker nachgehen.

Referent*innen: Anne Feßenbecker (Rechtsanwältin Mannheim), Dirk Keil (Unabhängige Beratung in der Abschiebehaft Pforzheim, Caritasverband Erzdiözese Freiburg) und Theresa Kräling (Unabhängige Beratung in der Abschiebehaft Pforzheim, Diakonisches Werk Baden)

Arbeitsgruppe 2: Flucht und Migration aus der Türkei

Seit vielen Jahrzehnten fliehen und migrieren Menschen aus der Türkei aus politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Gründen nach Deutschland. Nach dem Militärputsch und dem blutigen Krieg in den kurdischen Gebieten begann in den 1980er Jahren die am stärksten sichtbare politische Fluchtbewegung aus der Türkei nach Deutschland. Sie dauert bis heute an, auch wenn sich die spezifischen Auslöser ebenso verändert haben wie die Zusammensetzung der Geflüchteten selbst.

Die Situation in Deutschland ist für Geflüchtete und Migrant*innen aus der Türkei sehr unterschiedlich. So erhielten beispielsweise 2022 73 Prozent der geflohenen Türk*innen einen Schutzstatus im Asylverfahren, im Vergleich zu nur 8,2 Prozent der Kurd*innen aus der Türkei. Auch die Chancen auf politische Partizipation verteilen sich sehr ungleich; während Kurd*innen häufig unter den Generalverdacht einer vermeintlichen Nähe zu der verbotenen PKK geraten und entsprechend seitens der deutschen Mehrheitsgesellschaft gemieden werden, erhalten liberale Türk*innen einen deutlich größeren Zugang zur Öffentlichkeit. In dieser Arbeitsgruppe beschäftigen wir uns mit den unterschiedlichen Personengruppen aus der Türkei, ihrer Lage in Deutschland und inwieweit der türkische Geheimdienst auf sie einwirkt.

Referent: Dr. Ismail Küpeli (Politikwissenschaftler an der Universität Köln)

Arbeitsgruppe 3: „Bekomme ich wirklich nur so wenig Geld?“ AsylbLG-Bescheide verstehen und dagegen vorgehen

Geflüchtete Personen in Duldung und Gestattung erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Vielen werden die Leistungen gekürzt und sie bekommen nur noch extrem wenig Geld. Doch die meisten Bescheide sind fehlerhaft und verletzen die Rechte der Betroffenen. Insbesondere da Leistungskürzungen den sehr sensiblen Bereich des Existenzminimums betreffen ist es überaus wichtig und gar nicht mal so schwierig, dagegen vorzugehen. Rechtsanwalt Jörg Schmidt-Rohr erklärt die häufigsten Fehler in Bescheiden, welche Rechtsmittel möglich sind und wie man selbst Widersprüche schreiben kann. Für die Teilnahme sind Vorkennntnisse im AsylbLG notwendig: Lesen Sie dazu „Grundlagen Sozialleistungen“ auf der Internetseite des Flüchtlingsrats BW. Bringen Sie gerne anonymisierte Bescheide mit.

Referent: Jörg Schmidt-Rohr (Rechtsanwalt Wiesloch)

Arbeitsgruppe 4: Reflexionsraum „kritisches weiß-Sein“

Die Arbeitsgruppe richtet sich an weiße Menschen, die sich bereits mit Rassismus auseinandergesetzt haben. Anhand von verschiedenen Impulsen wollen wir unsere Rolle und Aufgabe im Machtverhältnis Rassismus reflektieren und uns dazu austauschen. Mit den Worten von Tupoka Ogette ausgedrückt:

„Ich wünsche mir, dass der Kampf gegen Rassismus von weißen Menschen nicht als Bürde, sondern als Chance gesehen wird. Als Chance, Teil der Veränderung zu sein. Teil der Lösung und nicht Teil des Problems.“

Die Anzahl der Teilnehmenden ist aufgrund des Formats beschränkt.

Referentin: Susanne Belz (Büro für Diskriminierungskritische Arbeit Stuttgart)

11:45 Uhr: Pause

12:00 Uhr: Hauptvortrag: EU-Europas Grenzen – Grenzen der Demokratie und der Menschenrechte

Die Europäische Union will die Regeln für Asylverfahren weiter verschärfen: Durch die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) sollen unter anderem an den Außengrenzen Haftzentren entstehen, um Geflüchtete festzusetzen, in Grenzverfahren auszusortieren und in fast jedes beliebige Land wieder abzuschieben. Faire und menschenwürdige Asylverfahren sind unter diesen Bedingungen nicht möglich. Prof. Dr. Sabine Hess wird auf die aktuellen Entwicklungen eingehen und die zentralen Dynamiken des europäischen Grenz- und Fluchtregimes seit 2016 betrachten. Sie wird zeigen, dass was heute als GEAS Reform verkauft wird, teils schon längst in der Praxis praktiziert wird – und nicht funktioniert. Was funktioniert, ist eine autoritäre Wende der europäischen Gesellschaften.

Referentin: Prof. Dr. Sabine Hess (Kulturanthropologin an der Universität Göttingen)

13:00 – 14:00 Uhr: Mittagessen

14:00 15:30 Uhr: Arbeitsgruppen-Phase II

Wählen Sie eine Arbeitsgruppe aus den vier folgenden aus. Wiederholung der Arbeitsgruppen 1-3. Die Arbeitsgruppe 5 „Empowerment Raum“ findet nur in der Arbeitsgruppen-Phase II statt.

Arbeitsgruppe 1: Was tun bei Abschiebehaft?

Arbeitsgruppe 2: Flucht und Migration aus der Türkei

Arbeitsgruppe 3: „Bekomme ich wirklich nur so wenig Geld?“ AsylbLG-Bescheide verstehen und dagegen vorgehen

Arbeitsgruppe 5: Empowerment Raum

Der Raum richtet sich an Menschen, die in Deutschland negative Erfahrungen mit Rassismus und/oder Antisemitismus machen.

Menschen, die Rassismus und/oder Antisemitismus erleben, sind mehrfach belastet. Diskriminierung verletzt und kann krankmachen. Deshalb ist es so wichtig, Räume zu haben, in denen sich Menschen dazu in einem möglichst sicheren Rahmen austauschen können, ohne dass ihnen ihre Erfahrungen abgesprochen werden. Wir wollen zusammen sein, uns gegenseitig zuhören, uns stärken und darüber sprechen, welche Ressourcen wir in uns tragen.

Referentinnen: Eden Mengis und Anna Feldbein (Büro für diskriminierungskritische Arbeit Stuttgart)

15:30 Uhr: Pause

15:45 17:00 Uhr: Fachgespräch: Ausgrenzungsmechanismen

Zum Abschluss der Tagung diskutieren Prof. Dr. Sabine Hess (Universität Göttingen), Dr. Ismail Küpeli (Universität Köln), Monzer Haider (Flüchtlingsrat BW) und N.N das Thema Ausgrenzung aus ihren Expertisen und Blickwinkeln. Dabei werden die unterschiedlichen Ebenen von Teilhabeprozessen und Ausgrenzung bzw. Abschottung in den Blick genommen.

Die Anmeldung ist geschlossen – kommen Sie spontan vorbei!


Europäischer Rat verlängert vorübergehenden Schutz für geflüchtete Ukrainer*innen

Der Europäische Rat beschloss am 28. September die Verlängerung der sog. Massenzustromrichtlinie. Dadurch gibt es bis zum 04.03.2025 weiterhin eine Rechtsgrundlage dafür, geflüchteten Menschen aus der Ukraine in der EU vorübergehenden Schutz zu gewähren.

Besonders für Deutschland hat dies eine große Bedeutung. Zurzeit besitzt ein Großteil der rund 1,1 Mio. ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Aufenthaltserlaubnisse, welche im kommenden März auslaufen werden. Aufgrund des Beschlusses des Europäischen Rats können die stark überlasteten Ausländerbehörden ab sofort bereits Aufenthaltserlaubnisse über den 04.03.2024 hinaus bis zum 04.03.2025 verlängern bzw. neu ausstellen. 

Es bleibt dabei offen, wie nach Ablauf des neu gesetzten Datums mit den Ukrainer*innen umzugehen ist, welche gemäß § 24 AufenthG vorübergehenden Schutz haben. Denn nach jetzigem Stand müssten ukrainische Geflüchtete die Voraussetzungen anderer Aufenthaltstitel erfüllen können, da der vorübergehende Schutz nicht um ein weiteres Mal verlängert werden kann. Für viele andere Aufenthaltserlaubnisse gilt jedoch im Regelfall das Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung, das insbesondere für alleinerziehende Frauen mit Kindern schwer zu erfüllen ist. Aktuell arbeitet das Bundesinnenministerium an einer alternativen Möglichkeit eines möglicherweise neuen humanitären Aufenthaltstitel.



Flüchtlingsrat NDS: Materialien zu Rechten von minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten

Im Rahmen des Projekts „Kenne deine Rechte“ hat der Flüchtlingsrat Niedersachsen verschiedene Materialien zu den Rechten von minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten erstellt und aktualisiert.

Die aktualisierte Broschüre „Das Asylverfahren. Deine Rechte, deine Perspektiven – erklärt für unbegleitete Minderjährige“ richtet sich an unbegleitete geflüchtete Kinder und Jugendliche und gibt einen Einblick in das Asylverfahren und weitere aufenthaltsrechtliche Perspektiven in Deutschland. Die Broschüre informiert über die Bestimmungen der geänderten Regelungen zu §§ 25a und 25b AufenthG sowie über das Chancenaufenthaltsrecht (§ 104c AufenthG). Die Print-Ausgabe wird in wenigen Wochen zu bestellen sein.

Darüber hinaus gibt es eine eigene Online-Infoplattform für junge Geflüchtete. Diese stellt erste Informationen rund um die Themen Asyl- und Aufenthaltsrecht, Jugendhilfe, Schule und Ausbildung in einfacher Sprache zur Verfügung. Für Multiplikator*innen oder Unterstützer*innen finden sich außerdem weitere Literaturhinweise, um Workshops und die allgemeine Zusammenarbeit mit jungen Geflüchteten diversitätsorientiert sowie rassismus- und machtkritisch zu gestalten.


Handicap International: Behinderung und Pflege in der Gesetzesänderung des StAG berücksichtigen!

Handicap International fordert in einem offenen Brief anlässlich der Neuregelung des Staatsangehörigengesetzes (StAG), geflüchtete Menschen mit Behinderung und pflegende Angehörige nicht zu vergessen und den spezifischen Bedarf dieser Gruppen zu berücksichtigen. Unter #nichtPASSgenau? setzt sich die NGO gemeinsam mit anderen Organisationen und Selbstvertretungsgruppen für die Berücksichtigung dieser Gruppen in der Gesetzesneuregelung ein.

Das Staatsangehörigkeitsgesetz wird aktuell überarbeitet. Der Gesetzesentwurf sieht große Hürden für sind geflüchtete Menschen mit Behinderung und ihre pflegenden Angehörigen vor. Auch diese müssen die Voraussetzungen der Lebensunterhaltssicherung sowie des Spracherwerbs erfüllen, um eingebürgert werden zu können. Das ist für viele nicht erfüllbar.

Aus diesem Grund appelliert Handicap International an die Sprecher*innen der Regierungskoalition, im Zuge der Neuregelung des Staatsangehörigkeitsgesetzes die tatsächliche Lebenssituation geflüchteter Menschen mit Behinderung und ihrer pflegenden Angehörigen zu berücksichtigen:

  1. Pflegende Angehörige sollen von der Lebensunterhaltssicherung und dem Erreichen des Sprachziels B1 ausgenommen und Pflege als wichtige Arbeit gewürdigt werden, sodass eine Benachteiligung aufgrund einer familiären Pflegetätigkeit vermieden wird.
  2. Bei der Entscheidung über Ausnahmen bei der Lebensunterhaltssicherung für Menschen mit Behinderung müssen bestehende Barrieren beim Arbeitsmarktzugang Berücksichtigung finden.