Seit dem 27. Juli 2022 gelten die ukrainischen Führerscheine auch in der EU. Alle Menschen, denen nach der Massenzustromrichtlinie oder nach nationalem Recht vorübergehender Schutz vor dem Krieg in der Ukraine gewährt wird, benötigen seitdem weder eine Übersetzung ihres ukrainischen Führerscheins noch einen internationalen oder deutschen Führerschein. Weitere Informationen finden Sie in einer Zusammenfassung des Mittelhessischen Landboten oder direkt in der Verordnung im Amtsblatt der EU.
Autor: Büro
Veranstaltung von Handicap International für Menschen mit Behinderung aus der Ukraine
Handicap International veranstaltet am Donnerstag, dem 04.08.2022, von 16-18 Uhr die kostenfreie Online-Veranstaltung „Austausch für Menschen mit Behinderung aus der Ukraine in Deutschland: Fragen und Antworten zum Thema: Was sind meine Rechte? Wo bekomme ich Hilfe?“. Die Veranstaltung richtet sich an Menschen mit Behinderung aus der Ukraine und bietet Raum für Fragen und Antworten. Das Treffen findet online via Zoom statt und wird von Dolmetscher*innen auf Ukrainisch und Russisch begleitet. Ukrainische Gebärdensprachdolmetscher*innen übertragen den Austausch in ukrainische Gebärdensprache. Bei Bedarf erfolgt auch Schriftdolmetschung in russischer Sprache. Weitere Informationen zur Veranstaltungen und Registrierung lassen sich im Flyer von Handicap International nachlesen.
„Von erheblicher Diskriminierung betroffen“
Die Anlaufstelle / Netzwerk Pro Sinti und Roma (ANPSR) berichtet in einer Stellungnahme von ihren Erfahrungen bei der Unterstützung geflüchteter Rom*nija aus der Ukraine. Wir dokumentieren die Stellungnahme im Wortlaut:
Durch den Krieg in der Ukraine seit Februar 2022 kommen Rom*nja aus der Ukraine mit, aber auch ohne ukrainische Staatsbürgerschaft als Geflüchtete nach Deutschland. Vielen ukrainischen Rom*nja war es durch eine jahrhundertealte diskriminierende Praxis in der Ukraine, aber auch in anderen europäischen Ländern, kaum möglich an gleichwertige Ausweis-Papiere zu kommen wie anderen Bürger*innen der entsprechenden Länder, in denen sie leben.
Nach Einschätzung der ANPSR sind ca. 3000 – 4000 Rom*nja in Baden – Württemberg angekommen. Die Zahl der geflüchteten Rom*nja endet hier nicht, sondern wird sich zukünftig womöglich noch verdoppeln, denn die Lage der Rom*nja in der Ukraine ist schon seit langem besonders prekär. Dort sind sie von erheblicher Diskriminierung betroffen, in 2018 gab es mehrere rechtsradikale Angriffe auf Rom*nja mit Todesopfern.
Auch in Deutschland ankommende Rom*nja erleben häufig rassistische Gewalt durch Polizei, Sicherheitskräfte, Behörden, Dolmetschende und Helfende, die ihnen vielfach Übernachtungsmöglichkeiten, frische Kleidung, sogar Essen oder Hygieneprodukte verweigern. Dies unter anderem mit der Begründung, sie seien seit Tagen oder schon öfter da gewesen, würden betrügen, wären gar keine Kriegsgeflüchtete, obwohl die Betreffenden nachweislich gerade erst mit dem Zug aus der Ukraine ankamen.
Hier nennen wir einige Fälle als Beispiele, die die ANPSR erreicht haben und in denen wir schnell intervenieren mussten:
Eine ukrainische alleinerziehende Mutter mit zwei kleinen Kindern, wurde in einem Lebensmittelmarkt in der Nähe von Stuttgart von einer Sicherheitsfirma kontrolliert und die Polizei eingeschaltet. Eines der Kinder hatte sich ein Überraschungsei genommen. Die Polizei fuhr daraufhin die Frau mit den Kindern zur Polizeistation, das Jugendamt wurde alarmiert. Die Frau musste 24 Stunden zur „Untersuchung“ in einer Polizeizelle verbringen, die Kinder wurden dem Jugendamt übergeben und fremd untergebracht. Nachdem die Frau frei gelassen wurde, bekam sie ihre Kinder nicht zurück, dies könnte noch Wochen dauern. Erst nach Intervention der ANPSR kam die Familie wieder zusammen. Dieses Vorgehen entspricht einer jahrhundertealten rassistischen Praxis .
In anderen Fällen erreichte uns die Nachricht, dass Reisepässe von der Behörde als „verdächtig“ und gefälscht eingestuft und an das LKA Stuttgart weitergeleitet wurden.
Kolleg*innen (Sozialarbeiter*innen) informierten die ANPSR darüber, dass die Behörden immer wieder nachfragten: „Haben Sie Probleme mit Roma? … Sind die sauber?“ und dass, je nach ethnischer Herkunft, ein sehr deutlicher Unterschied gegenüber anderen- weißen ukrainischen Geflüchteten gemacht wird. So haben Rom*nja, im Gegensatz zu anderen Ukrainer*innen, meist noch keinen Aufenthaltstitel erhalten, mit der fadenscheinigen „Begründung“: „die müssen erst noch überprüft werden“. Diese abwertende und
ausgrenzende Praxis muss beendet werden.
Dolmetscher*innen übersetzen oft nicht 1/1, was die Betroffenen Rom*nja sagen und wie es ihre Pflicht wäre, sondern geben ihre eigenen „Einschätzungen“, aus einer rassistischen Perspektive an die Behörden weiter. So, dass diese Rom*nja wären und keine „Original Ukrainer*innen“, was aufgrund der deutschen Geschichte, der Ausgrenzung, der Verfolgung und systematischen Ermordung von Rom*nja im Holocaust mit der damit einhergehenden gesonderten Erfassung von Rom*nja, besonders unerträglich ist. Hier muss Deutschland seiner besonderen Verantwortung gerecht werden und solche Formen der Diskriminierung
abstellen. Doch die Lage von Rom*nja droht sich im Gegenteil aufgrund einer diskriminierenden Ausschluss-Praxis eher zu verschlechtern, als zu verbessern.
Dennoch wollen wir auch gute Beispiele der Zusammenarbeit in dieser Presseklärung erwähnen. Die Stadt Freiburg – ABH und das Amt für Migration und Integration setzten sich in einigen Fällen schnell und offen für geflüchtete Rom*nja aus dem Westbalkan ein. Die Stadt Freiburg hat das Gespräch mit der ANPSR gesucht, um gemeinsam nach Lösungen gegen Diskriminierung und anderen Problemen zu suchen und hat zum Teil bereits Verbesserungen erreicht. Als weiteres gutes Beispiel können wir das Regierungspräsidium in Karlsruhe anführen, das der ANPSR den Zugang zur LEA erteilt hat, um dort Beratungen in Romanes durchzuführen.
Wir fordern nun dazu auf, der besonderen Verantwortung Deutschlands gerecht zu werden und sich aktiv für gleiche Voraussetzungen und Chancen aller aus der Ukraine geflohenen Rom*nja, im Sinne gleichwertiger Menschenrechte für Alle, einzusetzen.
Die Anlaufstelle /Netzwerk Pro Sinti und Roma bietet dabei Aufklärung für die deutsche Öffentlichkeit und Behörden, der Polizei und der ABH aber auch Unterstützung für Betroffene, an. Die ANPSR steht euch zu Verfügung mit:
- Dolmetscher*innen in der Sprache Romanes
- Aufklärung über Rassismus gegen Rom*nja und Sinti*zzi /Antiziganismus
- Konflikt-Gespräche
- Erstgespräche für Neuankommende
- Workshop für MitarbeiterInnen der Behörden gegen Rassismus/ Antiziganismus
- Strategische Unterstützung für Städte und Kommunen im B.W.
Wenden Sie sich gerne an uns mit Ihren Fragen.
Geflüchtete Rom*nja und Institutionen, wendet Euch in dringenden Fällen bitte direkt an die ANPSR oder an unsere Kooperationspartner*innen:
Sprachen : Romanes, Russisch, Ukrainisch, Serbisch, Mazedonisch, Deutsch
- Roma Antidisc. Network : +491623554670 / 49 6221 9811 52 /49 176 88215091
- hotline-ukraine@sintiundroma.de .
- Zentralrat Deutscher Sinti &Roma Tel. 06621/9811-53
- Anlaufstelle/Netzwerk Pro S.R. : 07681/4930645 / Mob: 0151 63385224
- K.ahmed@ksew.de
refugio stuttgart e.V. sucht Sprachmittler*innen für Beratung und Therapie
refugio stuttgart e.v. ist ein unabhängiger und gemeinnütziger Verein, der das psychosoziale Zentrum für traumatisierte Flüchtlinge betreibt. Im Rahmen von gezielten Beratungen und Therapien begleitet refugio stuttgart e.V. diese Menschen bei der Bearbeitung ihrer traumatischen Erlebnisse. Für diese Begleitung ist die Mitarbeit von Sprachmittler*innen unerlässlich. Dafür ist refugio stuttgart e.V. derzeit wieder auf der Suche nach Sprachmittler*innen, besonders für die Sprachen Paschtu und Urdu, aber auch für andere Sprachen. Voraussetzung ist neben entsprechenden Sprachkenntnissen die Teilnahme an einer kostenlosen Schulung, die wieder Ende September/Anfang Oktober angeboten wird. Alle weiteren Voraussetzungen und Informationen können in der Ausschreibung von refugio stuttgart e.V. nachgelesen werden.
Verlängerung der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung in angepasster Form
Zum 31. August endete für viele Drittstaatsangehörige, die bislang nicht den vorübergehenden Schutz oder eine andere Aufenthaltserlaubnis erhalten konnten, der Zeitraum, in dem sie sich rechtmäßig ohne Aufenthaltstitel in Deutschland aufhalten können.
Dies hat der Bundesrat am 08.07.2022 mit der Zustimmung über die Verlängerung der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung beschlossen. Geflüchtete aus der Ukraine können zwar auch über den 31.08.2022 hinaus visumsfrei einreisen und sich legal in Deutschland aufhalten. Die Verordnung wurde allerdings dahingehend verändert, dass der visumsfreie Aufenthalt nun nur noch für 90 Tage gilt. Die geänderte Verordnung wird am 01.09.2022 in Kraft treten. Die Beschränkung des visumsfreien Aufenthalts auf 90 Tage hat zur Folge, dass all diejenigen, die sich am 01.09.2022 bereits länger als 90 Tage im Bundesgebiet aufhalten, nun noch vor dem 01.09.2022 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 AufenthG stellen müssen, um die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 3 AufenthG auszulösen. Andernfalls ist der Aufenthalt ab dem 01.09.2022 unrechtmäßig. Diejenigen, die nach dem 01.09.2022 nach Deutschland einreisen, müssen binnen 90 Tagen nach Ankunft entsprechend handeln. Die Verordnung gilt nur für Personen, die bis zum 30.11.2022 nach Deutschland einreisen.
Weitere Informationen und Hintergründe sind bei Pro Asyl, dem Netzwerk Berlin hilft und der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchende nachzulesen.
Landesregierung muss illegale Abschiebungsversuche aufklären und künftig verhindern!
Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg weist auf zwei Fälle hin, in denen die Polizei versucht hat, einen geflüchteten Menschen zwecks Abschiebung festzunehmen, obwohl ein Gericht die Abschiebung ausgesetzt hatte, und fordert von der Landesregierung Aufklärung und Konsequenzen.
Im Juni war im südbadischen Schallstadt ein Nigerianer aus dem Fenster gesprungen und hatte sich dabei beide Beine gebrochen, als die Polizei ihn entgegen einer am Vortrag ergangenen richterlichen Entscheidung festnehmen wollte. Die Information über die Aussetzung der Abschiebung sei – so die Polizeimeldung – nicht intern weitergegeben worden.
Ein Jahr zuvor hatte es in Karlsruhe einen ähnlichen Vorfall gegeben, als die Polizei in die Wohnung eines Mannes aus Pakistan eindrang, um ihn zwecks Abschiebung festzunehmen. Auch in diesem Fall hatte ein Gericht kurz zuvor die Abschiebung ausgesetzt. Der Gesuchte war in diesem Fall nicht anwesend. Die Polizei ließ sich auch nicht davon beeindrucken, dass die Ehefrau des Gesuchten den entsprechenden Gerichtsbeschluss vorlegte. Die Ehefrau und die kleine Tochter des Betroffenen, die beide einen sicheren Aufenthaltsstatus haben, sind durch dieses Erlebnis schwer psychisch belastet. Umso mehr, weil die Ausländerbehörde weiterhin darauf beharrt, die Familie zwecks Nachholung des Visumsverfahrens für den Familienvater trennen zu wollen, obwohl das Gericht entschieden hat, dass dies zu einer unzumutbar langen Trennung führen würde.
„Jeder solche Fall ist einer zu viel, und richtet physische und psychische Schäden bei den Betroffenen und den ihnen nahestehenden Personen an. Die Landesregierung ist ihnen Antworten schuldig, warum die Polizei rechtswidrige Abschiebungen durchzuführen versucht und dabei klare Hinweise auf die Aussetzung der Abschiebung ignoriert, ob es neben diesen beiden Fällen noch weitere Fälle dieser Art gegeben hat, welche konkreten Schritte unternommen und Verfahrensabläufe geändert wurden, damit so etwas nicht nochmal passiert“, fordert Seán McGinley, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg. Er kritisiert, dass sowohl Regierung als auch Opposition immer sehr schnell dabei sind, die Durchsetzung des Rechts zu fordern, wenn es um Abschiebungen und Repression gegen Geflüchtete geht, aber schwerwiegende Verletzungen der Grundrechte von Geflüchteten auf parteiübergreifende Gleichgültigkeit stoßen.
Inzwischen hat der Betroffene in Schallstadt laut Presse eine Ausbildungsduldung in Aussicht. „Daran wird eine weitere Gemeinsamkeit zwischen den beiden Fällen sichtbar, neben der versuchten Durchsetzung einer rechtswidrigen Abschiebung, nämlich die Hartnäckigkeit, mit der Behörden versuchen, Menschen abzuschieben, die eine konkrete Perspektive auf einen legalen Aufenthalt hat. Dies zeigt leider einmal mehr, dass die im Koalitionsvertrag angekündigte ‚konsequente Anwendung von Bleiberechtsmöglichkeiten‘ seitens der Behörden nicht umgesetzt wird. Wir fordern die Landesregierung abermals dazu auf, Wort zu halten und dafür zu sorgen, dass solche Abschiebungsversuche nicht mehr stattfinden.“, so Seán McGinley abschließend.
Heilbronn: Angebot für alle, die mit traumatisierten Geflüchteten arbeiten
Die Citykirche Heilbronn bietet zusammen mit der ARGE-Flüchtlingsarbeit Heilbronn ein Gesprächs- und Schulungsangebot für Gastgebende und Unterstützer*innen an. Kontaktpersonen und Gastgebende von traumatisierten Geflüchteten können sich kostenlos informieren und schulen lassen für den Umgang mit Menschen, die in Kriegsgebieten, auf der Flucht oder nach ihrer Ankunft in Deutschland (z.B. durch Todesnachrichten aus der Heimat) traumatisiert wurden. Zweimal im Monat stehen geschulte Fachkräfte zur Verfügung, um den Austausch zu begleiten, Fragen zu beantworten und Hilfestellungen
zu geben. Ausführliche Informationen sowie alle Termine finden Sie in einem Flyer der Citykirche.
Chancen-Aufenthalt? Baden-Württemberg schiebt lieber schnell noch ab
Flüchtlingsrat kritisiert bevorstehende Abschiebung einer Person, die von der neuen Regelung der Bundesregierung profitieren würde
Wenige Tage nachdem das Bundeskabinett das neue Chancen-Aufenthaltsrecht verabschiedet hat, welches Menschen, die am 01.01.22 seit fünf Jahren in Deutschland aufhältig waren und zudem weitere Voraussetzungen erfüllen, die Option auf einen einjährigen Aufenthaltstitel gibt, steht mindestens ein potenzieller Nutznießer der neuen Bleiberechtsoption in Baden-Württemberg vor der Abschiebung. Möglich ist dies, da der Gesetzesentwurf erst nach der Sommerpause im September verabschiedet werden soll und es bis dahin in Baden-Württemberg nicht wie in anderen Ländern eine sogenannte „Vorgriffsregelung“ für Fälle gibt, die alle Anforderungen erfüllen.
Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg hat von dem Fall eines Mannes aus Sri Lanka erfahren, der seit zehn Jahren in Deutschland lebt und alle Voraussetzungen für die Aufenthaltserlaubnis bei nachhaltiger Integration nach § 25b AufenthG erfüllt, bis auf den Besitz eines gültigen Reisepasses. Diesen hat er beantragt, aber noch nicht erhalten. Der Betroffene hat das Deutschniveau B1 erreicht, hat einen Vollzeit- und einen Minijob, hat den „Leben in Deutschland“-Test bestanden, keine strafrechtlichen Verurteilungen, und ist darüber hinaus ehrenamtlich in seiner Kirchengemeinde aktiv. Jetzt sitzt er in Pforzheim in Abschiebungshaft.
„Genau für solche Personen ist das neue Chancen-Aufenthaltsrecht gedacht. Würde man ihm noch etwas Zeit einräumen, bis sein beantragter Pass vorliegt, würde er ein legales Aufenthaltsrecht erwerben. Wäre das Gesetz zum Chancen-Aufenthalt schon in Kraft, könnte er davon profitieren. Und wenn Baden-Württemberg eine Vorgriffsregelung hätte, wie es viele andere Bundesländern haben, würde er nicht abgeschoben werden“, erklärt Seán McGinley, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg.
Gleichzeitig befinden sich zwei weitere Personen aus Sri Lanka in Abschiebungshaft, die mit unbefristeten Vollzeitverträgen berufstätig sind, keine Straftaten begangen haben und seit 2017 in Deutschland sind. Für den Chancen-Aufenthalt in seiner aktuellen Form kommen sie nicht in Frage, weil dieser am ursprünglichen Stichtag des 1. Januar 2022, an dem der fünfjährige Aufenthalt gegeben sein muss, festhält – aus Sicht des Flüchtlingsrats ein Beispiel dafür, warum dieser Stichtag aus dem Gesetzesentwurf gestrichen werden muss.
Bereits im vergangenen Jahr hatte es mehrere Fälle gegeben, in denen Abschiebungen bei Personen eingeleitet wurden, die eine konkrete Bleibeperspektive in Aussicht hatten. Der Fall von Andi Olalere Adegbite aus Bad Schönborn in Landkreis Karlsruhe erregte dabei besondere Aufmerksamkeit. Seine Abschiebung war bereits eingeleitet worden, obwohl er die Voraussetzungen für eine Beschäftigungsduldung erfüllte. Aufgrund der Bemühungen seiner Unterstützer*innen, seines Arbeitgebers und des Flüchtlingsrats konnte die Abschiebung gerade noch abgewendet werden. Mittlerweile hat er eine Aufenthaltserlaubnis.
Vor einem Jahr hat die Landesregierung im Koalitionsvertrag angekündigt, alle rechtliche Möglichkeiten auszuschöpfen, um Bleiberechtsoptionen zu nutzen und darüber hinaus Betroffene rechtzeitig entsprechend zu beraten, bevor eine Abschiebung droht. Nach Erfahrung des Flüchtlingsrats ist der Gegenteil der Fall: „Die Behörden scheinen stattdessen darauf aus zu sein, möglichst viele Abschiebungen zu ermöglichen, bevor ein Bleiberecht ‚droht‘. Die Weigerung der Landesregierung, eine Vorgriffsregelung zum Chancen-Aufenthaltsrecht einzuführen – mit der hahnebüchenen Ausrede, dies sei rechtlich gar nicht zulässig, obwohl es vor drei Jahren mal eine solche Regelung gab – lässt befürchten dass es viele weitere solche Fälle geben wird. Wir fordern die Landesregierung auf, die Abschiebungen sofort zu stoppen, endlich die lange geforderte Vorgriffsregelung einzuführen und Position zu beziehen gegen diese wiederholten Missachtung des Koalitionsvertrages.“, so Seán McGinley.
Betroffene des Messerangriffs in Kressbronn melden sich zu Wort
Am 26. Juni ist es in der Asylunterkunft Kressbronn im Bodenseekreis zu einem Messerangriff gekommen, bei dem ein Bewohner einen syrischen Mitbewohner getötet und fünf weitere Menschen teils schwer verletzt hatte. Nun haben sich Betroffene zu Wort gemeldet: Im Südkurier berichtet ein ehemaliger Bewohner der Unterkunft über die Perspektivlosigkeit und die mangelnde persönliche Zuwendung in der Asylunterkunft Kressbronn. Die Website Agora-LA berichtet von einer Demonstration der syrischen Community aus Kressbronn und Umgebung. Auch hier kamen die Betreuungsmissstände in der Unterkunft zur Sprache, ohne die die Tat vielleicht hätte verhindert werden können.
867 Abschiebungen im ersten Halbjahr 2022
Im ersten Halbjahr 2022 wurden insgesamt 867 Menschen aus Baden-Württemberg abgeschoben, 392 davon im ersten Quartal. Im Vergleich zu den beiden Vorjahreszeiträumen hat die Zahl der Abschiebungen deutlich zugenommen: Im ersten Halbjahr 2021 wurden 518 Menschen, im gleichen Zeitraum 2020 655 Menschen aus Baden-Württemberg abgeschoben. Häufigstes Zielland ist Nordmazedonien, wohin 138 Abschiebungen durchgeführt wurden, gefolgt von Italien mit 77 Abschiebungen.
Abschiebungen nach Herkunftsland:
Nordmazedonien 138
Syrien 61
Nigeria 58
Pakistan 57
Algerien 51
Serbien 47
Georgien 44
Kosovo 44
Türkei 44
Albanien 36
Afghanistan 32
Rumänien 31
Tunesien 30
Gambia 28
Irak 19
Sri Lanka 17
Polen 12
Russische Föderation 12
Somalia 11
Kamerun 9
Bosnien-Herzegowina 8
Iran 8
Montenegro 7
Kroatien 5
Senegal 5
Bulgarien 4
Italien 4
Marokko 4
Togo 4
Tschechische Republik 4
Unbekannt 4
Moldawien 3
Eritrea 2
Ghana 2
Libanon 2
Litauen 2
Niederlande 2
Ägypten 1
Algerien 1
Brasilien 1
China 1
Dominikanische Republik 1
Griechenland 1
Großbritannien 1
Indien 1
Kolumbien 1
Malaysia 1
Portugal 1
Schweiz 1
Spanien 1
Sudan 1
Ungarn 1
Vietnam 1
Gesamt: 867
Abschiebungen nach Zielland:
Nordmazedonien 138
Italien 77
Pakistan 57
Georgien 44
Nigeria 44
Kosovo 43
Türkei 38
Spanien 38
Serbien 37
Rumänien 35
Albanien 35
Frankreich 29
Algerien 28
Tunesien 20
Bulgarien 19
Österreich 17
Sri Lanka 17
Gambia 13
Polen 12
Kroatien 12
Luxemburg 11
Schweiz 10
Slowenien 9
Bosnien-Herzegowina 8
Niederlande 8
Montenegro 7
Portugal 6
Schweden 6
Griechenland 5
Senegal 4
Lettland 4
Tschechische Republik 4
Litauen 4
Irak 4
Moldawien 3
Finnland 3
Ghana 2
Dänemark 2
Libanon 2
Sudan 1
Ungarn 1
Ägypten 1
Russische Föderation 1
Kamerun 1
Estland 1
Kolumbien 1
Vietnam 1
Dominikanische Republik 1
Großbritannien 1
Iran 1
Malaysia 1
Gesamt: 867