BVerwG: Ehegattennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten

Das Bundesveraltungsgericht urteilte zu Ausnahmen vom Regelausschluss des Ehegattenachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten wenn die Ehe erst nach der Flucht aus dem Heimatland geschlossen wurde. Nur in besonderen Einzelfällen kann eine Ausnahme gemacht werden. Vor allem dann, wenn eine fortgesetzte räumlichen Trennung nicht weiter mit Art. 6 GG vereinbar ist. Weitere zu berücksichtigende Faktoren sind das Ausmaß der Bindungen im Bundesgebiet, im Herkunftsstaat und/oder in einem aufnehmenden Drittstaat und das Betroffensein minderjähriger Kinder. Die Fachinformation des DRK Suchdienstes gibt wichtige Informationen zu diesem Urteil für die Beratungspraxis.


Fachinformation Familiennachzug

Die aktuelle Broschüre des DRK-Suchdienstes beschäftigt sich mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu subsidiär Schutzberechtigten und dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Nachweis familiärer Bindungen.

Am 17.12.2020 urteilte das Bundesverwaltungsgericht (1 C 30.19) zum Regel-Ausschlussgrund „Eheschließung nach der Flucht“ beim Ehegattennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten nach § 36a Abs. 3 AufenthG. Folgende Faktoren sind bei einer Ausnahme der Regel zu berücksichtigen: Das Ausmaß der Unterbrechung des Familienlebens (rechtliche oder tatsächliche Hindernisse), das Ausmaß der Bindungen im Bundesgebiet, im Herkunftsstaat und/oder in einem aufnehmenden Drittstaat und das Betroffensein minderjähriger Kinder. Auch bestätigte das BVerwG, dass kein Familiennachzug nach § 36 Abs. 2 AufenthG möglich ist, wenn der Nachzug nach § 36a AufenthG abgelehnt wurde. Die Broschüre gibt wichtige Informationen für die Beratung von Paaren, die erst nach der Flucht geheiratet haben.

Am 13.03.2019 urteilte der EuGH (C 635/17) zum Nachweis familiärer Bindungen und entwickelte ein Stufenmodell für die Prüfung: 1. Die Pflichten der Referenzperson und ihrer Familienangehörigen und 2. Die behördliche Prüfung von Unterlagen und Erklärungen muss bestimmte Faktoren des Einzelfalls berücksichtigen. Das Urteil gilt in Deutschland nur unmittelbar für Personen mit Flüchtlingseigenschaft, kann aber auch als Prüfmaßstab für den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten geeignet sein. Auch hier finden sich sehr gute Tipps für die Praxis in der Begleitung von Familiennachzügen.


SG Karlsruhe: Monatlicher Mehrbedarf für Masken

Das Sozialgericht Karlsruhe hat einer SGB-II-Bezieherin einen monatlichen Anspruch über 34,40 € für Atemschutzmasken zugebilligt. Viele andere Sozialgerichte lehnen allerdings einen Mehrbedarf ab. Richter*innen scheint das Verständnis zu fehlen, ohne Rücklagen pandemiebedingte Mehrkosten, wie Masken, wegfallende Versorgung durch Tafeln und Schulessen, gestiegenen Stromkosten etc. tragen zu müssen.

Übrigens tritt das SG Karlsruhe auch unter den Sozialgerichten hervor weil es die Krisenpolitik der Bundesrepublik erheblich kritisiert. Es sei beispielsweise „nicht ansatzweise zu entnehmen, warum eine Einmalzahlung für den Monat Mai 2021 in Höhe von 150,-€ den Mehrbedarf aufgrund der COVID-19-Epidemie für die Monate Januar 2021 bis Juni 2021 decken sollte.“


Passbeschaffung und Identitätsklärung Guinea

Der Artikel aus dem Rundbrief „Perspektive“ 2/2020 des Flüchtlingsrats BW beinhaltet Informationen zu den wichtigsten guineischen Identitätsnachweisen und ihrer Beschaffung. Im einzelnen wird auf den Pass und Passersatz, die Konsularkarte, eine schriftliche Bestätigung über die Staatsangehörigkeit und die Geburtsurkunde eingegangen.

Die Informationen beruhen auf eigenen Recherchen, Erfahrungen und dem Austausch mit anderen Organisationen, Auslandsvertretungen und deutschen Behörden. Es gibt keine Gewähr auf die Richtigkeit dieser Informationen; haben Sie anderweitige Informationen, teilen Sie uns diese gerne mit. Auch verändern sich Verfahren bei den Behörden ständig. Deshalb soll dieser Artikel eine erste Orientierung bieten, aber im Einzelfall muss stets mit veränderten Umständen gerechnet werden.


Online-Fachtag Gambia

English version below

Herzliche Einladung zum diesjährigen online-Fachtag zum Thema Gambia! Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg lädt alle Interessierten zu vier spannenden Veranstaltungen mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten ab dem 17. April ein. Die Referent*innen sprechen zu Entwicklungszusammenarbeit, der politischen Situation, Identitätsklärung und der Lage von Frauen und freuen sich auf anregende Diskussionen mit den Teilnehmenden.

Das Programm finden Sie anbei und ebenso die Anmeldeformalitäten. Anmeldeschluss ist zwei Tage vor der jeweiligen Veranstaltung. Die Veranstaltungen finden teilweise auf deutsch, englisch oder zweisprachig statt. Alle Veranstaltungen werden mit Zoom durchgeführt (Hinweise zum Datenschutz finden Sie hier). Den Link zu den Veranstaltungen erhalten angemeldete Teilnehmende einen Tag vor der jeweiligen Veranstaltung.

Der Fachtag findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“ statt, gefördert vom Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration mit Unterstützung der UNO Flüchtlingshilfe und der Deutschen Postcode-Lotterie.

Warm invitation to this year’s online symposium on The Gambia! The Refugee Council Baden-Württemberg invites all interested parties to four exciting events with very different focuses starting on April 17th. The speakers will talk about development cooperation, the political situation, identity clarification and the situation of women and are looking forward to inspiring discussions with the participants.

Please find below the program and also the registration formalities. Registration deadline is two days before the respective event. Some of the events are held in German, English or bilingual. All events are held with Zoom (information on data protection can be found here). Registered participants will receive the link to the events one day before the event takes place.

The symposium is part of the project „Active for Refugees“, sponsored by the State of Baden-Württemberg, Ministry of the Interior, Digitalization and Migration with the support of UNO Flüchtlingshilfe and the German Postcode Lottery.

Die Anmeldung ist geschlossen / Registration is closed.

Programm

Samstag, 17. April 2021, 10:30-12:00 Uhr

Vortrag: Reintegrationsprojekte für Gambia? Was Rückkehrer*innen (nicht) gebrauchen können

Die Rückkehr ins Heimatland birgt erhebliche Herausforderungen und Risiken für alle Migrant*innen weltweit, für Asylbewerber*innen ebenso wie für hochqualifizierte Arbeitsmigrant*innen. Der Entscheidung, ins Heimatland zurückzukehren, geht daher meist ein komplexer Abwägungs- und Vorbereitungsprozess voraus. Die Abwägungen – ob oder ob nicht, wann und unter welchen Umständen jemand zurückkehrt – werden von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Dazu gehören auch die Individuen, Projekte oder Organisationen, die als Freund*innen, Beratende und Begleitende die Rückkehr bestmöglich unterstützen möchten. Doch auch wenn diese an bestimmten Punkten mitunter großen Einfluss auf die Rückkehrerfahrungen haben können, bleibt ihr Spielraum an anderen Stellen eher begrenzt.

In dem Vortrag werden existierende Unterstützungs-Programme und Organisationen für zurückkehrende Asylsuchende nach Gambia vorgestellt und über Rückkehrerfahrungen berichtet. Auch wird es um die Frage gehen, inwieweit die Unterstützungsangebote aus Sicht der Migrationsforschung zum Erfolg von Rückkehr und Reintegration beitragen können.

Der Vortrag wird auf Deutsch sein, Fragen können auf Deutsch und Englisch gestellt werden. Maximal können 100 Personen daran teilnehmen.

Referentin: Judith Altrogge (Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS), Universität Osnabrück)

Samstag, 17. April 2021, 14:00-16:00 Uhr

Vortrag: Politische Situation in Gambia
Anschließend: Vernetzungsmöglichkeit mit der gambischen Diaspora in Deutschland


2021 wird ein kritisches Jahr in Gambia da nationale Wahlen im Dezember anstehen. Seit den letzten Wahlen und dem Regierungswechsel im Jahr 2016 kämpft das Land an vielen Ecken und Enden, so muss bspw. immer noch eine neue Verfassung verabschiedet werden. Der Vortrag beleuchtet die sozio-politischen Entwicklungen der letzten Jahre und bietet Raum für anschließende Fragen.
Danach wird es die Möglichkeit geben, die Gambia Refugee Association Europe Branch kennenzulernen und sich zu vernetzen.

Der Vortrag wird auf Deutsch sein, Fragen können auf Deutsch und Englisch gestellt werden. Maximal können 100 Personen daran teilnehmen.

Referenten: Assan Sallah (Journalist und Vorsitzender der Gambia Refugee Association Europe Branch) und Alieu Suso (stellvertretender Pressesprecher der Gambia Refugee Association Europe Branch)

Dienstag, 20.04.2021, 17:00-18:30 Uhr / Tuesday, 20-04-2021, 5 pm to 6:30 pm

Kurzvortrag mit anschließender Diskussion: Gambia und Deutschland im Fokus: Frauen, die aus der Isolation kommen

Frauen in Gambia und Deutschland leben oft in sehr unterschiedlichen Lebenswelten. Familiäre, kulturelle und strukturelle Grenzen bestimmen ihre Leben in Gambia und einige möchten und schaffen es, diese Hindernisse zu überwinden. Doch auch in Deutschland gibt es sichtbare und unsichtbare Grenzen für (geflüchtete) Frauen. Welche Rechte, Möglichkeiten, Herausforderungen und Schwierigkeiten begegnen Frauen in Gambia und Deutschland? Warum fliehen Frauen? Wie leben Frauen, die nach Deutschland gekommen sind? Alle Interesssierten sind zu einer anschließenden Diskussion und Austausch herzlich eingeladen.

Der Kurzinput wird auf Englisch, mit deutscher Übersetzung sein. Maximal können 50 Personen daran teilnehmen.

Referentin: Nyima Jadama (Journalistin und Aktivistin)

Input followed by discussion: The Gambia and Germany in focus: Women emerging from Isolation

Women in The Gambia and Germany often live in very different environments. Family, cultural and structural boundaries determine their lives in The Gambia and some want and manage to break such barriers. But also in Germany there are visible and invisible borders for (refugee) women. What rights, opportunities, challenges and difficulties do women face in The Gambia and Germany? Why do women flee? How do refugee women live in Germany? Everybody is highly invited to a subsequent discussion and exchange.

The input will be in English, with German translation. A maximum of 50 people can participate.

Speaker: Nyima Jadama (journalist and activist)

Wednesday, 21-04-2021, 6 pm to 8 pm

Online workshop: Gambian passport and birth certificate – what can I do to clarify my identity?

In this online workshop we will discuss frequently sent demands from the Ausländerbehörden and the Regierungspräsidium Karlsruhe to hand in documents proving one’s identity. What do I have to do and what are the authorities allowed to ask from me? More specifically, we will look at different Gambian identification documents and how they are assessed by German authorities. This workshop will also be of benefit to those who need to know how to obtain a Gambian passport (Proxy-Pass) and a birth certificate.

The workshop will be held in English and is offered for refugees. A maximum of 50 people can participate.

Speaker: Maren Schulz


Passbeschaffung & Identitätsklärung am Beispiel Gambia

Die neue Arbeitshilfe des Flüchtlingsrats enthält gesammelte Informationen zur Beschaffung des gambischen Proxy-Passes und der gambischen Geburtsurkunde sowie deren Anerkennung durch deutsche Behörden. Eingeleitet wird die Handreichung mit einer rechtlichen Einordnung der Themenkomplexe Passpflicht, Mitwirkungspflicht zur Passbeschaffung und Identitätsklärung. Sie richtet sich hauptsächlich an Ehrenamtliche und legt den Fokus auf die Praxis in Baden-Württemberg. Sie ist sicherlich für alle interessant, die sich mit der Beschaffung und Anerkennung gambischer Identitätsdokumente beschäftigen.

Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, März 2021: Passpflicht, Mitwirkungspflicht zur Passbeschaffung und Identitätsklärung am Beispiel Gambia


Gutachten: Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten

Das Gutachten von Pro Asyl und Jumen stellt fest, dass tausende Familien seit Jahren dauerhaft getrennt leben und viele keine Chance auf Familiennachzug haben. Dies betrifft vor allem syrische und eritreische Geflüchtete, die „nur“ den subsidiären Schutz bekommen haben und keineswegs in ihre Herkunftsländer und zu ihren Familien zurückkehren können. Die Analyse zeigt sowohl die praktischen Probleme der in 2018 geschaffenen gesetzlichen Grundlage des Familiennachzugs auf, als auch die Verfassungswidrigkeit der Regelung. Grundgesetz, Europäische Menschenrechtskonvention, EU-Grundrechte-Charta und UN-Kinderrechtskonvention werden verletzt.

Beispielsweise soll bei Familiennachzügen zu subsidiär Geschützten nach § 36a AufenthG das Bundesveraltungsamt Visumsanträge nach Härtefallkriterien priorisieren. Allerdings kam es bis dato noch zu keiner Priorisierungsentscheidung, da die Auslandsvertretungen zu wenige Visumsanträge entgegennehmen, bearbeiten und weiterleiten. Es liegen dem Bundesverwaltungsamt viel zu wenig Anträge vor, sodass nicht mal die politisch versprochenene Quote von 1.000 Nachzüge pro Monat bewilligt werden kann.


VG Sigmaringen: Fristablauf Dublin-Rückkehrer*innen

Reist eine im Rahmen des Dublin-Verfahrens in einen anderen Mitgliedstaat überstellte Person wieder ein, so muss ein Wiederaufanahmeersuchen innerhalb der Frist erfolgen. Dies gilt auch wenn die wiedereingereiste Person keinen neuen Asylantrag gestellt hat.

Das VG Sigmaringen bezieht sich auf die Anwendung des EuGH Urteils vom 25.1.2018, C-360/16. Im vorliegenden Fall wurde der Geflüchtete im Oktober 2019 nach Frankreich überstellt. Er reiste umgehend wieder ein und meldete sich bei der Ausländerbehörde an ohne einen neuen Asylantrag zu stellen. Das Regierungspräsidium informierte das BAMF erst im Februar 2020 über die Wiedereinreise und dieses stellte im August 2020 ein Wiederaufnahmeersuchen an Frankreich. Das Gericht verweist auf Art. 24 Abs. 2 Dublin-VO, wonach das Wiederaufnahmeersuchen innerhalb von zwei Monaten gestellt werden muss. Wenn diese Frist abgelaufen ist, muss das BAMF der wiedereingereisten Person aktiv Gelegenheit geben, einen Asylantrag zu stellen und muss ein nationales Asylverfahren durchführen.


Checkliste: Übergang Ausbildung in Aufenthaltserlaubnis

Der Handlungsleitfaden richtet sich an Hauptamtliche und Unternehmen, um Geflüchtete im Übergang zwischen Ausbildungsduldung und Aufenthaltserlaubnis zu unterstützen. Dieser Übergang ist in der Praxis oftmals mit etlichen Herausforderungen verbunden. Damit eine ungeplante Arbeitslosigkeit verhindert werden kann, zeigt diese sehr übersichtliche Checkliste konkrete Handlungsschritte für relevante Probleme auf. Sie wurde mit dem Fokus auf die Region Freiburg erstellt, daher sind einige Adressen freiburgspezifisch. Sie ist jedoch überregional hilfreich in der Begleitung von Geflüchteten in Ausbildung.


Kostenübernahme digitaler Endgeräte für Fernunterricht

Für Kinder und Jugendliche, die sowohl nach dem SGB II, AsylbLG oder analog zu SGB XII leistungsberechtigt sind, gibt es nun endlich bundesweit einheitliche Lösungen für die Kostenübernahme von digitalen Endgeräten für den Fernunterricht.

Nach einer Weisung der Bundesagentur für Arbeit haben Jobcenter ab sofort die Kosten für digitale Endgeräte für alle Schüler*innen im SGB II Leistungsbezug im Rahmen eines Zuschusses zu übernehmen. Dies gilt allerdings nur wenn aufgrund von Fernunterricht ein digitales Gerät benötigt wird, welches nicht anderweitig zur Verfügung gestellt werden kann (z.B. als Leihmittel der Schule).

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat am 12.2.21 Hinweise zur Kostenübernahme für Asylbewerberleistungsberechtigte veröffentlicht. Hier unterscheidet das BMAS zwischen Familien im Grundleistungs- und Analogleistungsbezug. Für Grundleistungsberechtigte ist die Kostenübernahme über § 6 Absatz 1 AsylbLG möglich. Dies gilt auch wenn Leistungen nach § 1a AsylbLG gekürzt wurden, da es um die Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geht. Bei Analogleistungsberechtigten, die Leistungen nach § 2 AsylbLG beziehen, ist eine Finanzierung durch die Sozialämter nicht möglich. Das BMAS empfiehlt ein ergänzendes Darlehens nach § 37 Abs. 1 SGB XII zu gewähren, bei gleichzeitigem dauerhaftem Verzicht auf eine Rückzahlung gemäß § 37 Abs. 4 SGB XII.

Die Landesregierung in Baden-Württemberg hat sich den Hinweisen des BMAS angeschlossen und diese an die Aufnahmebehörden weitergegeben.