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Online-Seminar: Neuerungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht

Dieses Online-Seminar gibt einen Überblick über die wichtigsten Gesetzesänderungen im Bereich des Asyl und Aufenthaltsrechts. Es werden aktuelle Gesetze und neue Rechtsprechungen aufgezeigt und erklärt. Ein Schwerpunkt liegt auf dem „Chancen-Aufenthaltsrecht“ und den Veränderungen im Bereich Bleiberechtsregelungen bei nachhaltiger Integration (§§ 25a, 25b AufenthG).

Referentin: Maren Schulz, Flüchtlingsrat Baden-Württemberg

Die Veranstaltung richtet sich in erster Linie an ehrenamtlich Engagierte in der Geflüchtetenarbeit. Sie wird mit Zoom durchgeführt und ist kostenlos. Hinweise zum Datenschutz finden Sie hier. Die Teilnahme am Online-Seminar erfolgt am PC. Sie benötigen dazu einen gängigen Internetbrowser, eine stabile Internetverbindung und einen Kopfhörer bzw. Lautsprecher.

Sie erhalten die Zugangsdaten spätestens am Tag vor der Veranstaltung. Bitte beachten Sie: Für die Teilnahme an kostenlosen Online-Seminaren stellen wir keine Teilnahmebestätigungen aus. Von entsprechenden Anfragen bitten wir abzusehen.

Veranstaltet von: Diakonisches Werk Göppingen in Kooperation mit dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“ statt, unterstützt durch das Ministerium der Justiz und für Migration aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat.

Die Anmeldung ist geschlossen.


Änderungen durch das Bürgergeld-Gesetz

Zum 1. Januar 2023 sind im SGB XII erhebliche Änderungen bei der Anrechnung von Einkommen sowie andere Neuerungen in Kraft getreten. Diese sind von besonderer Bedeutung für Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG (Analogleistungen), auf die die Regelungen des SGB XII analog anwendbar sind. Hier die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

  • Für junge Menschen unter 25 Jahren, die eine dem Grunde nach BAföG-förderfähige schulische Ausbildung oder ein Studium, eine betriebliche Berufsausbildung, eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme, eine Einstiegsqualifizierung oder einen Schüler*innenjob während der Schulzeit absolvieren, gilt nun einen wesentlich höherer Freibetrag von 520 Euro, der vom Sozialamt nicht angerechnet werden darf (§ 82 SGB XII)
  • Aufwandsentschädigungen aus Ehrenamtspauschalen werden im SGB XII / § 2 AsylbLG nicht mehr monatlich mit 250 Euro, sondern jährlich mit 3.000 Euro anrechnungsfrei gestellt (§ 82 SGB XII).
  • Es gibt nun auch einen Mehrbedarf auch für einmalige Beihilfen, § 30 Abs. 10 SGB XII (z. B. wichtig für Passbeschaffungskosten)
  • Die Verpflichtung zur Aufnahme einer zumutbaren Arbeit ist gestrichen worden, ebenso die entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten. Stattdessen ist die Verpflichtung für das Sozialamt bzw. die Bezirksregierung eingeführt worden, die leistungsberechtigte Person dabei zu unterstützen, wenn diese den Wunsch äußert, einer Tätigkeit nachgehen zu wollen

Asylfolgeantrag

Stellt eine Person nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags in Deutschland erneut einen Asylantrag, so handelt es sich in der Regel um einen Asylfolgeantrag (§ 71 AsylG). Seit der Entscheidung über den ersten Antrag können sich Umstände geändert haben, die eine neue Beurteilung des Falles erfordern. Für vollziehbar ausreisepflichtige Personen kann deshalb ein Asylfolgeantrag eine sinnvolle Option sein, doch noch einen Schutzstatus zu erhalten. In manchen Konstellationen kann es zielführender sein, anstelle eines Asylfolgeantrags einen sog. Wiederaufgreifensantrag zu stellen.

I. Wichtige Begriffe
II. Antragstellung
III. Prüfung und Entscheidung
IV. Weiterführende Arbeitshilfen

I. Wichtige Begriffe

Was ist ein Asylfolgeantrag?

Wenn man in der Vergangenheit bereits einen Asylantrag in Deutschland gestellt hat und dieser endgültig abgelehnt oder zurückgenommen wurde, wird ein weiterer Asylantrag als Asylfolgeantrag bezeichnet.

Das Asylverfahren wird nur dann neu aufgerollt, wenn einer der in § 71 Absatz 1 Satz 1 AsylG abschließend genannten Gründe vorliegt. In der Regel handelt es sich hier um neue Elemente oder Erkenntnisse, die zutage getreten sind bzw. von der betroffenen Person vorgebracht werden. Diese neuen Elemente oder Erkenntnisse müssen mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für die Person günstigeren Entscheidung beitragen. Neue Elemente können laut der Dienstanweisung Asyl Angaben der antragstellenden Person sowie Unterlagen oder Belege sein. Auch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) stellen nach der EuGH-Rechtsprechung (8.2.2024, C-216/22) neue Elemente dar. Neue Erkenntnisse können Informationen sein, die von der antragstellenden Person oder auch vom BAMF erlangt werden und die sich auf die Situation der Person oder auf die Situation im Herkunftsland beziehen. Im Einzelfall kann es schwierig sein, zwischen Elementen und Erkenntnissen zu unterscheiden. Das ist aber auch nicht erforderlich, solange die Elemente oder Erkenntnisse entscheidungsrelevant sind. Daneben wird das Verfahren auch bei Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes gemäß § 580 ZPO neu aufgerollt. Zu einem erneuten Asylverfahren führen die neuen Umstände nur, wenn die antragstellende Person sie ohne eigenes Verschulden nicht im vorangegangenen Verfahren (inkl. Klageverfahren) geltend machen konnte.

In einem Asylfolgeverfahren werden alle Schutzstatus geprüft: Die Asylberechtigung nach Artikel 16a Absatz 1 GG, die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG und der subsidiäre Schutz gemäß § 4 AsylG. Werden diese Schutzstatus nicht zuerkannt, werden auch Abschiebungsverbote gemäß § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG geprüft (>> Anerkennungsformen).

Was ist ein Wiederaufgreifensantrag?

Es besteht die Möglichkeit, den Folgeantrag auf die Prüfung von Abschiebungsverboten nach § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG zu beschränken. Dann handelt es sich um einen sog. Wiederaufgreifensantrag. Ein solcher Antrag kann z.B. dann sinnvoll sein, wenn sich die Gefährdung aus einer physischen oder psychischen Erkrankung oder aus einer sonstigen Gefahr ergibt, die nicht die Kriterien für die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes oder subsidiären Schutzes erfüllt.

Auch beim Wiederaufgreifensantrag wird zunächst geprüft, ob es gegenüber dem Erstverfahren veränderte Umstände gibt. Dazu gehören gemäß § 51 Absatz 1 VwVfG insbesondere folgende Konstellationen:

  • Die Sach- oder Rechtslage hat sich nachträglich zugunsten der Person verändert,
  • Neue Beweismittel sind aufgetaucht, die im vorherigen Verfahren noch nicht vorgelegt werden konnten.

Das Verfahren wird nur dann wieder aufgerollt, wenn die antragstellende Person ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen des Verfahrens in einem früheren Verfahren (inkl. Klageverfahren) geltend zu machen (§ 51 Absatz 2 VwVfG). Außerdem müssen die veränderten Umstände innerhalb von drei Monaten geltend gemacht werden (siehe unten).

Exkurs: Was ist ein Zweitantrag?

Um einen Zweitantrag (§ 71a AsylG) handelt es sich, wenn eine Person, die bereits erfolglos ein Asylverfahren in einem anderen Mitgliedstaat, der die Dublin III-Verordnung anwendet, einen Asylantrag in Deutschland stellt. Ein Zweitantrag ist nur dann erfolgreich, wenn Deutschland nach der Dublin-III-Verordnung für seine Prüfung zuständig ist und zusätzlich Gründe für das Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Absatz 1 VwVfG vorliegen (>> Das Dublin-Verfahren).

II. Antragstellung

Wie und wo stellt man einen Asylfolgeantrag oder Wiederaufgreifensantrag? Gibt es dafür Fristen?

Für den Asylfolgeantrag muss infolge eines EuGH-Urteils von 9.9.2021 (C-18/29) keine Frist mehr eingehalten werden. Veränderte Umstände können also auch dann geltend gemacht werden, wenn ihr Eintreten schon einige Zeit her ist. Voraussetzung ist allerdings, dass die antragstellende Person sie ohne eigenes Verschulden nicht im vorangegangenen Verfahren geltend machen konnte. Der Asylfolgeantrag ist grundsätzlich persönlich bei einer BAMF-Außenstelle zu stellen (§ 71 Absatz 2 Satz 1 AsylG) und zu begründen (§ 71 Absatz 3 Satz 1 AsylG). Gilt für die Person eine räumliche Beschränkung oder eine Wohnsitzauflage nach § 61 AufenthG (>> Unterbringung und Wohnen), muss der Folgeantrag bei der nächstgelegenen Außenstelle in dem Bundesland des Aufenthalts gestellt werden (§ 71 Absatz 2 Satz 1 AsylG).

Für die Stellung eines Wiederaufgreifensantrags gilt: Veränderte Umstände müssen innerhalb von drei Monaten, nachdem man von den neuen Umständen Kenntnis erhalten hat, geltend gemacht werden (§ 51 Absatz 3 VwVfG). Ansonsten entscheidet das BAMF nach Ermessen, ob es das Verfahren wiederaufgreift. Wurde in der Vergangenheit ein Asylantrag gestellt, wird der Wiederaufgreifensantrag beim BAMF gestellt, das auch für die Prüfung des Wiederaufgreifensantrags zuständig ist. Spezielle Formvorgaben bestehen hier nicht.

Wurde zuvor nie ein Asylantrag, sondern nur ein isolierter Antrag auf Feststellung von Abschiebungsverboten bei der Ausländerbehörde (§ 25 Absatz 3 AufenthG) gestellt, muss der Antrag schriftlich oder persönlich bei der Ausländerbehörde gestellt werden, die dann wiederum intern das BAMF beteiligt.

Was sollte man vor Folgeantragsstellung tun?

Ein Folgeantrag sollte immer intensiv mit einer Beratungsstelle oder mit einem Anwalt*einer Anwältin vorbereitet werden. In diesem Zusammenhang sollten u.a. folgende Fragen geklärt werden:

  • Ist das vorangegangene Verfahren wirklich komplett abgeschlossen?
  • Gibt es im Vergleich zum Asylerstverfahren veränderte Umstände?
  • Haben sich persönliche Umstände im Vergleich zum Asylerstverfahren stark geändert?
  • Falls die für den beabsichtigten Folgeantrag ausschlaggebenden Gründe im Erstverfahren schon vorlagen: Warum hat die Person sie nicht bereits im Erstverfahren geltend gemacht (auch im Erstverfahren bereits bestehende und nicht vorgetragene Gründe können im Folgeantragsverfahren berücksichtigt werden, wenn die Person sie unverschuldet nicht früher geltend machen konnte)?
  • Ist es im vorliegenden Fall sinnvoller, einen Asylfolgeantrag oder einen Wiederaufgreifensantrag zu stellen?

Idealerweise lässt man sich vor Antragstellung nicht nur beraten, sondern beauftragt auch einen Anwalt*eine Anwältin, die Gründe für den Folgeantrag schriftlich festzuhalten. Dies ist deshalb sinnvoll, weil der Folgeantrag begründet werden muss und im anschließenden Verfahren in bestimmten Fällen von einer persönlichen Anhörung abgesehen werden kann (§ 71 Absatz 3 AsylG, § 29 Absatz 2 AsylG). Das vom Anwalt*von der Anwältin verfasste Schreiben kann man dann zur Folgeantragstellung mitbringen. Spätestens wenn man gegen die Ablehnung des Folgeantrags vorgehen möchte, benötigt man unbedingt einen Anwalt*eine Anwältin für die Erhebung von Klage und Eilantrag.

III. Prüfung und Entscheidung

Ein wesentlicher Unterschied zum „normalen“ Asylantrag besteht darin, dass die Prüfung des Asylfolgeantrags zweistufig aufgebaut ist (für Informationen zum Verfahren beim Wiederaufgreifensantrag siehe Broschüre zum Asylfolgeantrag S. 75-77).

Was passiert auf Stufe 1 des Prüfverfahrens?

Auf „Stufe 1“ prüft das BAMF zunächst, ob es Gründe dafür gibt, erneut ein Asylverfahren durchzuführen. Während des Prüfverfahrens auf dieser Stufe haben die betroffenen Personen regelmäßig nur eine Duldung. Wird kein weiteres Asylverfahren durchgeführt, wird der Asylantrag als „unzulässig“ abgelehnt (§ 29 Absatz 1 Nummer 5 AsylG). Ist das der Fall, tritt die Person nicht in Stufe 2 des Verfahrens ein.

Gegen die Unzulässigkeitsentscheidung kann man klagen. Hierfür sollte man unbedingt einen Anwalt*eine Anwältin hinzuziehen. Da eine Klage gegen die Unzulässigkeitsentscheidung keine aufschiebende Wirkung hat, ist zusätzlich ein Eilantrag nötig, um vor einer Abschiebung geschützt zu sein. Wird der Eilantrag fristgerecht gestellt (die Fristen finden sich in der Rechtsbehelfsbelehrung), ist erst nach Ablehnung des Eilantrags die Abschiebung zulässig.

Ausnahmen gelten, wenn der Folgeantrag nur zur Verzögerung/Behinderung der Abschiebung gestellt wurde sowie bei abermaliger Stellung eines Folgeantrags nach Ablehnung des vorangegangenen Folgeantrags. In diesen Fällen ist die Abschiebung zulässig, wenn das BAMF mitgeteilt hat, dass keine Gründe für ein neues Asylverfahren vorliegen (§ 71 Absatz 5 Satz 2 und 3 AsylG).

Was passiert auf Stufe 2 des Prüfverfahrens?

Bejaht das BAMF das Vorliegen von Gründen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, geht es auf „Stufe 2“ mit einer ganz „normalen“ inhaltlichen Asylprüfung weiter (>> Das Asylverfahren). Erst auf dieser zweiten Stufe erhält die antragstellende Person eine Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung.

IV. Weiterführende Arbeitshilfen


Appell: Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!

Viele Geflüchtete erhalten zum Leben lediglich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz – und damit weniger als das neue Bürgergeld, das laut Gesetz das menschenwürdige Existenzminimum sicherstellen soll. Aber die Menschenwürde kennt nicht zweierlei Maß. Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände und Anwält*innenverbände fordern gleiche Standards für alle: Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden. Die Betroffenen müssen in das reguläre Sozialleistungssystem eingegliedert werden.

Seit dem 1. Januar 2023 erhalten materiell bedürftige Menschen in Deutschland das sogenannte Bürgergeld. Das Bürgergeld tritt an die Stelle der bisherigen Hartz-IV-Leistungen. Geflüchtete wurden dabei allerdings nicht mitgedacht: Denn wie schon bei Hartz IV bleiben asylsuchende und geduldete Menschen auch vom Bürgergeld ausgeschlossen. Statt des regulären Sozialrechts gilt für sie das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Das Asylbewerberleistungsgesetz besteht seit 1993. Es ist ein Sonderrecht für geflüchtete Menschen. Das Leistungsniveau des Asylbewerberleistungsgesetzes unterschreitet das sozialrechtliche Existenzminimum erheblich. Die Regelsätze sind viel niedriger. Oft werden Geldleistungen durch Sachleistungen ersetzt, die die Menschen diskriminieren und entmündigen. Weil Sachleistungen den individuellen Bedarf nie wirklich decken können, stellen sie in der Konsequenz eine weitere drastische Leistungskürzung dar. Die Einschränkung der Gesundheitsversorgung führt oft zu verschleppter, verspäteter und unzureichender Behandlung. Sanktionen führen häufig zu weiteren Kürzungen, die mitunter über viele Jahre aufrechterhalten werden. Durch die fehlende Einbindung in das reguläre Sozialsystem werden die Betroffenen zudem von den Maßnahmen der Arbeitsförderung weitgehend ausgeschlossen.

Erklärtermaßen hoffte man auf eine abschreckende Wirkung: Niedrige Geldbeträge und die Sachleistungsversorgung sollten Geflüchtete zur Ausreise bewegen. Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Kirchen und Anwält*innenverbände sind sich seit Einführung des Gesetzes darin einig, dass das Asylbewerberleistungsgesetz wieder abgeschafft werden muss.

2012 hat das Bundesverfassungsgericht in einer wegweisenden Entscheidung dafür gesorgt, dass die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zumindest vorübergehend annähernd dem Hartz-IV-Niveau entsprachen. Zugleich erteilte das höchste deutsche Gericht dem Ansinnen, Sozialleistungen zur Abschreckung Asylsuchender einzusetzen, eine deutliche Absage: „Die in Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren“ (Beschluss vom 18.7.2012 – 1 BvL 10/10).

Trotzdem kürzte die große Koalition die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in den Jahren 2014 bis 2019 in mehreren Schritten erneut und weitete den Anwendungszeitraum von 15 auf 18 Monate aus. 2022 hat das Verfassungsgericht die 2019 eingeführten zusätzlichen Leistungskürzungen für Alleinstehende in Sammelunterkünften als verfassungswidrig gekippt (Beschluss vom 19.10.2022 – 1 BvL 3/21). Ein weiteres Verfahren ist anhängig (1 BvL 5/21).

Auch zu den Sanktionen, die das Asylbewerberleistungsgesetz vorsieht, hat sich das Bundesverfassungsgericht geäußert. Aus dem Urteil zu den Hartz-IV-Sanktionen vom 5.11.2019 geht klar hervor, dass die Sanktionen des Asylbewerberleistungsgesetzes mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind.

Das Asylbewerberleistungsgesetz verstößt damit gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, das Grundrecht auf Gleichheit, das Sozialstaatsgebot (Art. 1, 3, 20 GG), das Grundrecht auf Gesundheit und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG), die UN-Kinderrechtskonvention und den UN-Sozialpakt.

Die Bundesregierung will das Asylbewerberleistungsgesetz laut Koalitionsvertrag von 2021 „im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“ überarbeiten, doch das reicht nicht aus. Letztlich bleibt es damit beim doppelten Standard.

Unsere Forderungen

Es kann nicht zweierlei Maß für die Menschenwürde geben. Wir fordern das gleiche Recht auf Sozialleistungen für alle in Deutschland lebenden Menschen, ohne diskriminierende Unterschiede. Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden. Die Betroffenen müssen in das reguläre Sozialleistungssystem einbezogen werden. Dies erfordert insbesondere folgende Änderungen:

1. Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und Einbeziehung Geflüchteter ins Bürgergeld bzw. die Sozialhilfe (SGB II/XII). Auf migrationspolitisch motivierte Kürzungen und Sanktionen ist gemäß dem Urteil des BVerfG aus 2012 ausnahmslos zu verzichten.

2. Einbeziehung aller Geflüchteten in die Sprach‑, Qualifizierungs- und Arbeitsförderungsinstrumente des SGB II.

3. Einbeziehung geflüchteter Menschen in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung (SGB V/XI). Dabei muss sichergestellt sein, dass auch Menschen ohne Papiere jederzeit ohne Angst vor Abschiebung Zugang zum Gesundheitssystem haben. Insbesondere muss ein Anspruch auf Sprachmittlung bei Inanspruchnahme von Leistungen im Gesundheitswesen verankert werden.

4. Von Krankheit, Traumatisierung, Behinderung, Pflegebedürftigkeit Betroffene sowie schwangere, alleinerziehende und ältere Menschen und geflüchtete Kinder müssen – entsprechend ihrem Recht aus der EU-Aufnahmerichtlinie – einen Anspruch auf alle aufgrund ihrer besonderen Situation erforderlichen zusätzlichen Leistungen erhalten (insbesondere nach SGB IX, SGB VIII u.a.).

5. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sind als Geldleistungen auszugestalten.

Die Liste der unterzeichnenden Organisationen finden Sie hier.

Eine umfangreiche Analyse und Stellungnahme zu Asylbewerberleistungsgesetz, Hartz IV und Bürgergeldgesetz finden Sie hier.


Studie: Benachteiligung in Jobcentern

SGB II anspruchsberechtigte EU-Bürger*innen und Geflüchtete erhalten Sozialleistungen vom Jobcenter. Eine aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass diese Ansprüche allerdings auf Grund struktureller Diskriminierung innerhalb der Jobcenter häufig nicht geltend gemacht werden können.

Das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) hat im November 2022 eine Studie zu formellen und informellen Ausdrücken institutioneller Diskriminierung gegenüber EU-Bürger*innen in deutschen Jobcentern veröffentlicht.

Die Studie zeigt auf, dass fehlende rechtliche, sprachliche und bürokratische Kenntnisse sich negativ auf die Erfolgsaussichten eines SGB II Antrags auswirken. Personen mit guten Deutschsprachkenntnissen und Know-how über die eigenen Rechte und Pflichten, haben Aussicht auf Erfolg.

Als strukturelle Probleme innerhalb der Jobcenter werden einerseits eine hohe Arbeitsbelastung und Zeitmangel benannt, andererseits aber auch ein zu enges Auslegen gesetzlicher Vorgaben und des Ermessens und insbesondere das Beharren auf eine ausschließliche Kommunikation auf Deutsch. Das MiGAZIN kommentiert dazu: „Antragssteller, die nicht genügend Deutsch können, sind deshalb im Nachteil. Dies widerspricht jedoch dem Prinzip der Gleichbehandlung: Sozialleistungen dürfen nicht an Sprachkenntnisse gekoppelt werden.“



1654 Abschiebungen aus Baden-Württemberg 2022

Die Anzahl der Abschiebungen aus Baden-Württemberg ist im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen. Insgesamt wurden 1654 Personen abgeschoben. Davon wurden 713 Personen in ihr Herkunftsland abgeschoben. Alle anderen wurden in Länder abgeschoben, die sich für ihre Aufnahme bereit erklärt haben (z.B. Überstellungen von Dublin-Fällen oder Personen mit Schutzstatus in anderen europäischen Ländern).

Das häufigste Herkunfts- und Zielland ist Nordmazedonien mit jeweils 204 abgeschobenen Personen. Das zweithäufigste Zielland ist Italien mit 127 Personen. Hierbei handelt es sich vermutlich überwiegend um Dublin-Überstellungen bzw. Personen mit Schutzstatus in Italien. An dritter Stelle kommen die Länder Gambia (87), Georgien (84), Pakistan (83) und Nigeria (81). Nach Afghanistan kann nach wie vor niemand abgeschoben werden.

In der Tabelle wird zwischen Ziel- und Herkunftsland unterschieden. Anhand der Zahlen zu den Zielländern wird ersichtlich wie viele Personen in ein bestimmtes Land abgeschoben worden sind. Die Zahlen zu Herkunftsländern geben die Anzahl der Personen mit einer bestimmten Staatsangehörigkeit an, die abgeschoben worden sind.

Abschiebungen nach Zielland

ZiellandAbschiebungen
Ägypten4
Albanien74
Algerien73
Argentinien2
Armenien4
Bangladesch1
Belgien5
Bosnien-Herzegowina35
Bulgarien34
Dänemark6
Dominikanische Republik1
Estland1
Finnland3
Frankreich53
Gambia87
Georgien84
Ghana8
Griechenland7
Großbritannien1
Irak6
Iran1
Italien127
Jordanien1
Kamerun2
Kasachstan2
Kolumbien1
Kosovo66
Kroatien29
Lettland5
Libanon2
Litauen9
Luxemburg11
Malaysia1
Malta4
Marokko6
Moldawien9
Montenegro7
Niederlande17
Nigeria81
Nordmazedonien204
Österreich44
Pakistan83
Polen35
Portugal9
Ruanda1
Rumänien65
Russische Föderation1
Schweden9
Schweiz29
Senegal4
Serbien72
Slowenien15
Spanien65
Sri Lanka26
Sudan1
Thailand1
Trinidad and Tobago1
Tschechische Republik4
Tunesien31
Türkei76
Ungarn5
USA1
Usbekistan1
Vietnam1
Gesamtergebnis1654

Abschiebungen nach Herkunftsland

HerkunftslandAbschiebungen
Afghanistan75
Ägypten4
Albanien75
Algerien112
Argentinien2
Armenien4
Bangladesch1
Bosnien-Herzegowina35
Brasilien1
Bulgarien10
China1
Dominikanische Republik1
Eritrea7
Frankreich3
Gambia109
Georgien84
Ghana8
Griechenland2
Großbritannien1
Indien2
Irak37
Iran15
Italien12
Jordanien1
Kamerun16
Kasachstan2
Kolumbien1
Kosovo68
Kroatien8
Libanon2
Litauen6
Malaysia1
Marokko18
Moldawien9
Montenegro7
Niederlande6
Nigeria112
Nordmazedonien204
Österreich1
Pakistan83
Polen30
Portugal1
Ruanda1
Rumänien53
Russische Föderation16
Schweiz1
Senegal7
Serbien82
Somalia19
Spanien3
Sri Lanka27
Sudan1
Syrien96
Thailand1
Togo7
Trinidad and Tobago1
Tschechische Republik4
Tunesien48
Türkei95
Unbekannt7
Ungarn5
USA1
Usbekistan1
Vietnam1
Gesamtergebnis1654

Bad Boll: Die kurdische Perspektive aus Europa 2023

Die aktuelle Situation in der Region Kurdistan ist wieder einmal angespannt. Erst vor wenigen Wochen gab es wieder Angriffe auf kurdische Gebiete im Irak und in Syrien.

Die Veranstaltung „Die kurdische Perspektive aus Europa 2023“ greift die Fragen „Welche Chance haben Kurd*innen ihre Rechte geltend zu machen, und was setzen sie der Gefahr, zum Spielball internationaler Politik zu werden, entgegen?“ auf. Diese werden von Referent*innen aus Politik, Kultur und Wissenschaft bearbeitet. Außerdem wird das dreitägige Programm durch künstlerische Beiträge ergänzt und gestaltet.

Stattfinden wird die Veranstaltung in der Evangelischen Tagungsstätte Bad Boll. Die Anmeldung ist online bis zum 10.03.2023 möglich.



Musteranträge § § 104c, 25b und 25a AufenthG

Auf Basis von Vorlagen des Flüchtlingsrats Thüringen haben wir Musterschreiben für die Aufenthaltserlaubnisse nach § 104c AufenthG, § 25a AufenthG und § 25b AufenthG verfasst. Die Musterschreiben müssen sorgfältig auf den jeweiligen Fall angepasst werden. Im Zweifel sollte immer der Rat einer Beratungsstelle eingeholt werden.


Bereich „Grundlagen“ veröffentlicht

Ab sofort ist auf der Homepage des Flüchtlingsrats BW der Bereich „Grundlagen“ veröffentlicht. Darin werden die wichtigsten Themen der Arbeit mit geflüchteten Menschen im Überblick dargestellt. Der Bereich soll ehrenamtlich Engagierten einen ersten Überblick über die jeweiligen Themen geben. Für inhaltliche Fehler wird keine Haftung übernommen. Die Inhalte ersetzen keine professionelle Beratung durch hauptamtliche Beratende bzw. Anwält*innen.


Arbeit und Ausbildung

Arbeit zu finden ist ein wesentlicher Aspekt des Ankommens in Deutschland. Doch der Weg in den Arbeitsmarkt ist oftmals schwierig und birgt etliche Hürden und Unsicherheiten. Der Arbeitsmarktzugang hängt insbesondere vom Aufenthaltsstatus und manchmal auch von der Dauer des Aufenthalts ab.

I. Allgemeines
II. Personen mit einer Gestattung oder Duldung
III. Personen mit Aufenthaltserlaubnis
IV. Weiterführende Arbeitshilfen

I. Allgemeines

Was gibt es grundsätzlich zu beachten?
Ausländer*innen, die einen Aufenthaltstitel haben, dürfen eine Erwerbstätigkeit ausüben – sofern dies nicht durch das Gesetz verboten oder beschränkt ist. Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis aufgrund eines Schutzstatus im Asylverfahren haben, dürfen folglich grundsätzlich arbeiten.

Personen, die keinen Aufenthaltstitel besitzen, ist die Arbeitsaufnahme grundsätzlich verboten, sie kann aber im Einzelfall auf Antrag erlaubt werden (§ 4a Absatz 4 AufenthG). Dies betrifft vor allem Personen, die eine Duldung oder Gestattung haben.

Welche Begriffe bedeuten was?

Vielfach sorgen Begriffe, die in der Alltagssprache synonym verwendet werden, wie beispielsweise „Erlaubnis“ und „Zustimmung“ oder auch „Erwerbstätigkeit“ und „Beschäftigung“, für Verwirrung. Denn im Gesetz haben diese Begriffe unterschiedliche Bedeutungen:

  • Erwerbstätigkeit ist der Oberbegriff für unselbstständige (Beschäftigung) und selbstständige bezahlte Tätigkeit (§ 2 Absatz 2 AufenthG).
  • Beschäftigung umfasst jegliche abhängige, unselbstständige Tätigkeit im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses (auch Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), Bundesfreiwilligendienst (BuFDi), Praktikum etc.). Dagegen sind Hospitationen, rein schulische Ausbildungen, ein Studium und Arbeitsgelegenheiten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (§ 5 AsylbLG) keine Beschäftigung im Sinne des Aufenthaltsrechts.
  • Die Erlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit erteilt die zuständige Ausländerbehörde (§ 4 AAZuVO). Bei Gestatteten ist dies in der Regel die untere Ausländerbehörde, also das Landratsamt oder die Stadtverwaltung, bei Geduldeten das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe. Geduldete und Gestattete brauchen für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit immer eine Erlaubnis.
  • Von der Erlaubnis ist die im Gesetz ebenfalls vorgesehene Zustimmung zu unterscheiden. Die Zustimmung zur Ausübung einer bestimmten Beschäftigung wird durch die Agentur für Arbeit in einem internen Verfahren erteilt. Manchmal ist eine Zustimmung der Agentur für Arbeit nicht erforderlich. Auch zustimmungsfreie Beschäftigungen bleiben aber erlaubnispflichtig.

II. Personen mit einer Gestattung oder Duldung

Wie bekommen Gestattete oder Geduldete eine Arbeitserlaubnis?

Gestattete und Geduldete können von der Ausländerbehörde eine Arbeitserlaubnis für eine abhängige, also unselbstständige, Beschäftigung erhalten. Es ist fraglich, ob auch eine selbstständige Erwerbstätigkeit erlaubt werden kann. Hier muss im Einzelfall bei der Ausländerbehörde nachgefragt werden.

Bei Personen mit Aufenthaltsgestattung entscheidet die untere Ausländerbehörde über den Antrag, wenn man nicht mehr in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen muss. Bei Menschen mit Duldung entscheidet in Baden-Württemberg landesweit das RP Karlsruhe über den Arbeitsmarktzugang, der Antrag kann allerdings bei der unteren Ausländerbehörde gestellt werden, die ihn zur Entscheidung an das RP weiterleitet.

Je nach Voraufenthaltsdauer und Art der Beschäftigung ist vor Arbeitsbeginn nicht nur die Erlaubnis von unterer Ausländerbehörde bzw. RP Karlsruhe, sondern auch noch die Zustimmung der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit nötig.

Es empfiehlt sich, zur Antragstellung die „Erklärung zum Beschäftigungsverhältnis“ der Agentur für Arbeit gemeinsam mit dem*der potenziellen Arbeitgeber*in auszufüllen. Der Antrag wird der Ausländerbehörde zur Prüfung vorgelegt. Diese leitet, wenn erforderlich, den Antrag zur Prüfung an die ZAV der Bundesagentur für Arbeit weiter. Die ZAV führt unter anderem eine sog. Arbeitsbedingungenprüfung durch. Dabei wird geprüft, ob Lohn und Arbeitszeit tarifüblich/ortsüblich sind bzw. den Vorgaben des Mindestlohngesetzes entsprechen. Das Arbeitserlaubnisverfahren benötigt oft einige Zeit.

Welchen Zugang zu Arbeit und Ausbildung haben Gestattete und Geduldete?

Die gesetzlichen Hürden beim Arbeitsmarktzugang für Gestattete oder Geduldete werden mit zunehmender Aufenthaltsdauer kleiner. Entscheidend beim Arbeitsmarktzugang ist zudem, ob die Person noch in einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnen muss. Die gesetzlichen Bestimmungen werden im Folgenden dargestellt, Sonderfälle sind weiter unten erklärt.

Für Personen mit Aufenthaltsgestattung, die in der Erstaufnahme wohnen müssen, gilt:

0 – 6 Monate [ab Asylantrag*]Beschäftigungsverbot. Die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ist ausgeschlossen (§ 61 Absatz 1 Satz 1 AsylG).
ab 7. Monat [ab Asylantrag*]Personen, die nicht aus einem sog. „sicheren Herkunftsland“ (siehe unten) kommen, haben Anspruch auf die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis, sofern ihr Asylantrag nicht als unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, es sei denn die aufschiebende Wirkung der Klage wurde angeordnet (§ 61 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 1 AsylG). Für den Sonderfall „Dublin-Fälle“ siehe unten.
Ab 49. Monat des geduldeten, gestatteten oder erlaubten AufenthaltsDie Zustimmung der Agentur für Arbeit muss nicht mehr eingeholt werden (§ 32 Absatz 2 Nummer 5 BeschV), eine Erlaubnis durch die Ausländerbehörde ist weiterhin nötig.
* Da die Vorschrift europäisches Recht umsetzt, beginnt die Frist bereits mit dem Asylgesuch, nicht erst mit Stellung des förmlichen Asylantrags.

Für Personen mit Duldung, die in der Erstaufnahme wohnen müssen, gilt:

0 – 6 Monate [ab Erteilung der Duldung]Beschäftigungsverbot. Die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ist ausgeschlossen (§ 61 Absatz 1 Satz 1 AsylG).
ab 7. Monat [ab Erteilung der Duldung]Die Ausübung einer Beschäftigung „soll“ vom RP Karlsruhe erlaubt werden. Die Beschäftigungserlaubnis soll aber nicht erteilt werden, wenn schon „konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung“ unmittelbar bevorstehen (z. B. Antrag auf Rückkehrförderung gestellt, Untersuchung zur Reisefähigkeit veranlasst, Abschiebungsflug gebucht, Dublinverfahren) (§ 61 Absatz 1 Satz 2, 2. Halbsatz AsylG).
Ab 49. Monat des geduldeten, gestatteten oder erlaubten AufenthaltsDie Zustimmung der Agentur für Arbeit muss nicht mehr eingeholt werden (§ 32 Absatz 2 Nummer 5 BeschV), eine Erlaubnis durch das Regierungspräsidium Karlsruhe ist weiterhin nötig.

Für Personen mit Aufenthaltsgestattung, die nicht (mehr) in der Erstaufnahme wohnen müssen, gilt:

0 – 3 Monate [ab Asylantrag*/**]Beschäftigungsverbot. Die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ist ausgeschlossen (§ 61 Absatz 2 Satz 1 AsylG).
ab 4. Monat des gestatteten Aufenthalts **Eine Beschäftigungserlaubnis kann erteilt werden. Ausgenommen sind Personen, die aus einem sog. „sicheren Herkunftsland“ (siehe unten) kommen und ihr Asylgesuch nach dem 31.8.2015 gestellt haben (§ 61 Absatz 2 AsylG).
ab 7. Monat [ab Asylantrag*]Personen, die nicht aus einem sog. „sicheren Herkunftsland“ kommen, haben Anspruch auf die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis, sofern ihr Asylantrag nicht als unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, es sei denn die aufschiebende Wirkung der Klage wurde angeordnet (§ 61 Absatz 2 Satz 5 AsylG). Für den Sonderfall „Dublin-Fälle“ siehe unten.
Ab 49. Monat des geduldeten, gestatteten oder erlaubten AufenthaltsDie Zustimmung der Agentur für Arbeit muss nicht mehr eingeholt werden (§ 32 Absatz 2 Nummer 5 BeschV), eine Erlaubnis durch die Ausländerbehörde ist weiterhin nötig.
* Da die Vorschrift europäisches Recht umsetzt, beginnt die Frist bereits mit dem Asylgesuch, nicht erst mit Stellung des förmlichen Asylantrags.
** Zeiten mit Duldung oder Aufenthaltserlaubnis werden angerechnet.

Für Personen mit Duldung, die nicht (mehr) in der Erstaufnahme wohnen müssen, gilt:

0 – 3 Monate [erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung]Beschäftigungsverbot. Die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ist ausgeschlossen (§ 4a Absatz 4 Satz 1 i.V.m. § 32 Absatz 1 BeschV).
ab 4. Monat des erlaubten/geduldeten Aufenthalts bzw. des Aufenthalts mit AufenthaltsgestattungDie Ausübung einer Beschäftigung „soll“ vom RP Karlsruhe erlaubt werden. Die Beschäftigungserlaubnis soll aber nicht erteilt werden, wenn schon „konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung“ unmittelbar bevorstehen (z. B. Antrag auf Rückkehrförderung gestellt, Untersuchung zur Reisefähigkeit veranlasst, Abschiebungsflug gebucht, Dublinverfahren) ( § 60a Absatz 5b AufenthG). Ausgenommen sind Personen mit einem Arbeitsverbot nach § 60a Absatz 6 AufenthG bzw. § 60b Absatz 5 Satz 2 AufenthG (siehe unten).
Ab 49. Monat des geduldeten, gestatteten oder erlaubten AufenthaltsDie Zustimmung der Agentur für Arbeit muss nicht mehr eingeholt werden (§ 32 Absatz 2 Nummer 5 BeschV), eine Erlaubnis durch die Ausländerbehörde ist weiterhin nötig.

Für Personen mit Duldung, die ihre eigene Abschiebung verhindern (weil sie z.B. über ihre Identität/Staatsangehörigkeit täuschen oder die Abschiebung daran scheitert, dass der dafür nötige Pass nicht beschafft wird), ist die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ausgeschlossen. Weitere Ausschlusskriterien werden in § 60a Absatz 6 AufenthG genannt, wobei der oben genannte in der Praxis am bedeutsamsten sind.

Wichtig: Bei mangelnder Mitwirkung wird der Person häufig eine „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität‘“ (§ 60b AufenthG) ausgestellt. Wer eine solche Duldung besitzt, ist ebenfalls generell vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen (§ 60b Absatz 5 Satz 2 AufenthG). Eine Beschäftigungserlaubnis kann erst dann erteilt werden, wenn der Zusatz („Person mit ungeklärter Identität“) aus der Duldung entfernt wird. Dazu ist die Ausländerbehörde verpflichtet, sobald die erforderliche Mitwirkungshandlung erbracht wird.

Weitere Informationen:

Sonderfall 1: Personen aus sog. sicheren Herkunftsstaaten
Personen aus sog. sicheren Herkunftsstaaten (das sind derzeit alle EU-Staaten, Albanien, Bosnien & Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien, sowie Ghana und Senegal, § 29a AsylG) haben während des Asylverfahrens keinen Arbeitsmarktzugang, wenn sie ihr Asylgesuch nach dem 31.8.2015 gestellt haben (§ 61 Absatz 2 Satz 4 AsylG). Bei diesem generellen Arbeitsverbot bleibt es auch, wenn ihr nach dem 31.8.2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde (§ 60a Absatz 6 Satz 1 Nummer 3 AufenthG). Bei Erwachsenen besteht nur dann eine Ausnahme, wenn die Rücknahme des Asylantrags nach einer Beratung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erfolgt ist. Auch wenn kein Asylantrag gestellt wurde, haben Personen aus sog. sicheren Herkunftsstaaten in aller Regel ein Arbeitsverbot. Ausgenommen hiervon sind unbegleitete Minderjährigen aus sicheren Herkunftsstaaten, wenn der Asylantrag zum Wohle des Kindes nicht gestellt bzw. zurückgenommen wurde (§ 60a Absatz 6 Satz 3 AufenthG).

Seit dem 23.12.2023 sind auch Georgien und Moldau als „sichere Herkunftsstaaten“ eingestuft. Personen aus diesen Staaten sind vom Arbeitsverbot allerdings ausgenommen, wenn sie sich am 30. August 2023 bereits als Asylsuchende oder mit einer Duldung in Deutschland aufgehalten haben. Dieser Personengruppe kann also im Einzelfall auch weiterhin eine Beschäftigungserlaubnis erteilt werden.

Sonderfall 2: Personen im Dublin-Verfahren
Personen, deren Asylantrag als „unzulässig“ abgelehnt wurde, haben in der Regel keinen Arbeitsmarktzugang (§ 61 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 AsylG). Der Gesetzeswortlaut erfasst damit auch Personen, die sich im Dublin-Verfahren befinden. Dieser pauschale Ausschluss vom Arbeitsmarkt ist laut einem Urteil des Europäischem Gerichtshofs vom 14.1.2021 (C 322-19, C 385/19) nicht mit Unionsrecht vereinbar.

Können Gestattete und Geduldete eine Ausbildung, ein Praktikum, einen Freiwilligendienst etc. machen?
Betriebliche Ausbildungen, Praktika, Bundes- oder andere Freiwilligendienste sowie Einstiegsqualifizierungen (EQ) sind Beschäftigungen und benötigen deshalb die Erlaubnis durch die zuständige Ausländerbehörde.

Eine Zustimmung durch die Agentur für Arbeit holt die Ausländerbehörde lediglich bei Praktika ein, die länger als drei Monate dauern (§ 22 MiLoG).

Vor Beginn einer Ausbildung ist zu beachten, dass nicht nur die für den Ausbildungsberuf relevanten Voraussetzungen (z. B. handwerkliches Geschick, räumliches Vorstellungsvermögen, Schulabschluss) gegeben sein sollten, sondern auch wichtige Deutsch- und Mathematikkenntnisse für den Besuch der Berufsschule. Die Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass es in der Regel sinnvoll ist, bei Ausbildungsbeginn Sprachkenntnisse mindestens auf B1-Niveau zu haben. Rechtlich zwingend ist ein bestimmtes Sprachniveau bei betrieblichen Ausbildungen allerdings nicht. Bei schulischen Ausbildungen gibt es dagegen manchmal Vorgaben zum Sprachniveau, die sich in der jeweiligen Ausbildungsordnung finden.

Hinweis: Eine rein schulische Ausbildung ist keine Beschäftigung. Es muss aber beachtet werden, dass die im Rahmen der Ausbildung zu absolvierenden Praktika unter Umständen eine erlaubnispflichtige Beschäftigung darstellen können.

Weitere Informationen:

Welche Ausbildungsförderung gibt es für Gestattete und Geduldete?
Die Agentur für Arbeit kann sowohl vor Beginn einer Ausbildung als auch währenddessen ausbildungsbegleitend Unterstützung gewähren. Aus diesem Grund empfiehlt sich eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit der Agentur für Arbeit. Diese kann dann Förderinstrumente wie eine Einstiegsqualifizierung, Berufsausbildungsbeihilfe oder weitere Maßnahmen vermitteln. Welche Instrumente möglich sind, hängt vom Aufenthaltsstatus, vom Herkunftsland und von der Aufenthaltsdauer ab.

Weitere Informationen:

Wie können Sie als Ehrenamtliche Gestattete und Geduldete unterstützen?
Solange die Menschen noch keine drei Monate in Deutschland sind, haben sie keinen Zugang zum Arbeitsmarkt. Diese Zeit kann genutzt werden, um einen bestmöglichen Spracherwerb in die Wege zu leiten (>> Sprachförderung). Daneben können unter Umständen schon vorhandene berufliche (Vor-)Qualifikationen oder Kompetenzen identifiziert werden. Besonders Facharbeiter*innen und Akademiker*innen können bereits mit der Anerkennung beruflicher Abschlüsse beginnen. Hierfür kann man sich an die Anerkennungsberatungsstellen wenden. Denkbar ist auch die Aufnahme einer sog. Arbeitsgelegenheit nach § 5 AsylbLG, um einen ersten Einblick in das Arbeiten in Deutschland zu erhalten.

Nach drei Monaten Aufenthalt kann man sich bereits bei der Agentur für Arbeit arbeits- bzw. ausbildungssuchend melden. In der Regel beraten die Agenturen für Arbeit die Menschen aber erst, wenn ein Gespräch in einfacher deutscher Sprache möglich ist. Wenn die Sprachkenntnisse noch nicht ausreichen, aber dennoch arbeitsmarktbezogene Beratung gewünscht ist, kann es hilfreich sein, eine*n Sprachmittler*in mitzubringen. Wenn von den Betroffenen gewünscht, können Ehrenamtliche Gestattete und Geduldete zu den Terminen bei der Arbeitsagentur begleiten.

III. Personen mit Aufenthaltserlaubnis

Welchen Zugang zu Arbeit, Ausbildung und Arbeitsförderung haben Personen mit Aufenthaltserlaubnis?

Personen mit einem Aufenthaltstitel dürfen grundsätzlich eine Erwerbstätigkeit ausüben, sofern dies nicht durch ein Gesetz verboten oder beschränkt ist (§ 4a Absatz 1 AufenthG). Entsprechende Ausnahmen ergeben sich aus dem Aufenthaltstitel und sind dort erkennbar. Personen mit Aufenthaltserlaubnis aufgrund eines Schutzstatus im Asylverfahren dürfen grundsätzlich arbeiten. Auch eine selbstständige Erwerbstätigkeit ist grundsätzlich gestattet.

Für die Arbeitsaufnahme ist keine Erlaubnis erforderlich. Wurden zuvor allerdings Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II bezogen, muss das Jobcenter über die Arbeitsaufnahme informiert werden.

Als Kund*innen der Jobcenter stehen Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis in der Regel sämtliche Förderinstrumente des SGB II zur Verfügung. Hier empfiehlt sich eine enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fallmanager*innen, um einen guten Einstieg in Arbeit oder Ausbildung zu finden.

Wie können Sie als Ehrenamtliche Schutzberechtigte mit Aufenthaltserlaubnis unterstützen?

Schutzberechtigte mit Aufenthaltserlaubnis werden von den Jobcentern bei Spracherwerb und Arbeits- bzw. Ausbildungsplatzsuche unterstützt. Hier können Ehrenamtliche jeweils ergänzend tätig werden und Geflüchtete ggf. zu den Jobcenter-Terminen begleiten.

IV. Weiterführende Arbeitshilfen