Angesichts des Vorschlages von Bauministerin Nicole Razavi nach einer gesonderten Förderung für die Vermietung von Wohnraum an Geflüchtete aus der Ukraine warnen der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, die Landesarmutskonferenz Baden-Württemberg, Zusammenleben Willkommen und der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg davor, unterschiedliche Gruppen von bedürftigen Menschen auf dem Wohnungsmarkt zu hierarchisieren und gegeneinander auszuspielen.
„Es gibt geflüchtete Menschen in Baden-Württemberg, die seit 2015 in Containern und anderen Provisorien leben und dafür teilweise horrende Gebühren bezahlen müssen, die manchmal um ein Vielfaches höher sind als ortsübliche Mieten. Diese Menschen ärgern sich zu Recht, wenn Sie von Wohnungsangeboten und staatlicher Unterstützung hören, die sich nur an Menschen aus der Ukraine richten“, so Seán McGinley, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg.
Die Initiative „Zusammenleben Willkommen“ unterstützt seit vielen Jahren geflüchtete Menschen unabhängig von der Herkunft bei der Suche nach Wohnraum und wendet sich dezidiert gegen jede Ungleichbehandlung: „Der solidarische Umgang mit Geflüchteten aus der Ukraine ist super – nur sollte dieser für alle Menschen auf der Flucht gelten! Im Vergleich zu anderen Menschen auf der Flucht, werden Geflüchtete mit ukrainischer Staatsbürgerschaft auf allen Ebenen bevorzugt behandelt. Dies jetzt noch mit der angesprochenen Mietausgleichszahlung zu vertiefen während Menschen, die anderen Geflüchteten privaten Wohnraum anbieten, ständig Steine in den Weg gelegt werden, verfestigt die rassistische Ungleichbehandlung“, so Jonas Kakoschke von „Zusammenleben Willkommen“.
Auch Roland Saurer, Sprecher der Landesarmutskonferenz, beobachtet diese Entwicklung mit Sorge und fordert, alle bedürftigen Menschen mit und ohne Fluchthintergrund in den Blick zu nehmen: „Nicht nur ukrainische Geflüchtete brauchen eine Wohnung, sondern alle Geflüchteten. Ebenso benötigen Erwerbslose, Altersrentner*innen, Alleinerziehende, Kranke und behinderte Menschen Wohnraum. Die Lösung kann jetzt nicht sein, diese Gruppen gegeneinander auszuspielen, sondern der Wohnungsbau muss massiv befördert, Erleichterung bei der Bauplanung müssen geschaffen und die Angemessenheitsregeln für Unterkunftskosten für alle Gruppen zumindest vorübergehend ausgesetzt werden, bis der Wohnungsmarkt sich wieder entspannt hat.“ DER PARITÄTISCHE Baden-Württemberg fordert darüber hinaus ein grundlegendes Umdenken und Umsteuern bei der Unterbringung von geflüchteten Menschen: „Die Herausforderungen bei der Unterbringung von ukrainischen Geflüchteten, zeigen nur die Spitze des Problems. Die äußerst prekäre Situation von Menschen in Sammel- und Gemeinschaftsunterkünften ist seit Jahren bekannt. Deshalb fordern wir grundsätzlich, Sammel- und Gemeinschaftsunterkünfte abzuschaffen und durch dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten und integrierende Nachbarschaften zu ersetzen“, so Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg.