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OVG Niedersachsen: Familienasyl auch bei „Handschuhehe“

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen hat am 09.02.2023 beschlossen, dass Familienasyl auch bei einer religiös geschlossener Ehe durch Stellvertretung („Handschuhehe“) zu gewähren ist (9 LA 259/21).

1. Ob eine Ehe gemäß § 26 Abs. 1 AsylG wirksam geschlossen ist, bestimmt sich nach dem Recht des Herkunftsstaates der Asylsuchenden. Ist in dem Herkunftsstaat (hier: Irak) eine allein nach religiösem Ritus geschlossene Ehe wirksam, handelt es sich um eine im Hinblick auf das Familienasyl wirksame Eheschließung.

2. Etwas anderes gilt nach internationalem Privatrecht nur, wenn die Eheschließung gemäß Art. 6 EGBGB gegen den ordre public verstößt, d.h. mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist.

3. Bei einer Eheschließung durch Stellvertretung (sog. Handschuhehe) ist ein Verstoß gegen den ordre public nicht anzunehmen, wenn die Stellvertretung sich bloß auf die Abgabe der Erklärung der Eheschließung bezieht (Stellvertretung in der Erklärung). Ein Verstoß gegen den ordre public und daraus folgend die hiesige Unwirksamkeit der Eheschließung ist aber anzunehmen, wenn die Entscheidung über das Ob der Eheschließung und die Auswahl des Ehepartners/der Ehepartnerin nicht diesen überlassen bleibt, sondern durch eine*n Stellvertreter*in erfolgt (Stellvertretung im Willen). Die hiesige Wirksamkeit einer Eheschließung durch Stellvertretung hängt folglich davon ab, ob im Einzelfall Anhaltspunkte für eine Stellvertretung im Willen vorliegen. 


BAMF: Höherer Schutzstatus für Afghaninnen

Gegenüber Pro Asyl hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) angekündigt, dass Afghaninnen nun in der Regel die Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärem Schutz zuerkannt bekommen sollen. Denn die Situation von Frauen und Mädchen in Afghanistan hat sich weiter stark verschlechert. Deshalb wurden auch die Herkunftsländerleitsätze zu Afghanistan, auf deren Grundlage die Entscheider*innen des BAMF prüfen ob ein Schutzstatus in Frage kommt, angepasst. Es sollen jedoch nicht alle afghanischen Asylantragstellerinnen automatisch einen höheren Schutzstatus zuerkannt bekommen weil sie alle aufgrund ihres Geschlechts verfolgt sind, sondern Einzelfallprüfungen sollen weiterhin erfolgen.

Dies bleibt leider hinter der Realität von Frauen und Mädchen in Afghanistan zurück: Weiblich zu sein, bedeutet durch die Taliban verfolgt zu sein.


SG Nürnberg: Eingliederungshilfe für Geflüchtete aus der Ukraine

Das Sozialgericht (SG) Nürnberg entschied in einem Eilverfahren am 9.3.23 (S 5 SO 25/23 ER), dass einem ukrainischen Jungen mit einer Behinderung (Trisomie 21), der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG besitzt, Leistungen der Eingliederungshilfe zu gewähren sind. Für Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis gibt es in manchen Fällen keinen Anspruch auf Eingliederungshilfe, sondern die Behörde kann im Ermessen darüber entscheiden (§ 100 Abs. 1 SGB IX). Ausschlaggebend ist unter anderem, ob sich die Person voraussichtlich dauerhaft in Deutschland aufhalten wird.

Hier ging die Behörde davon aus, dass der Krieg in der Ukraine vorrübergehender Natur sei, eine Rückkehr in die Ukraine perspektivisch möglich wäre und deshalb die Eingliederungshilfe (Besuch einer Heilpädagogischen Tagesstätte) weder angemessen noch erforderlich sei. Das SG verurteilte die Ablehnung und verpflichtete die Behörde zur Bewilligung der Hilfe. Eine zweijährige Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG reicht für die Annahme eines dauerhaften Aufenthalts, auch weil sie verlängerbar ist. Dies entspricht auch der Auffassung der Bundesregierung (Informationsschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zu Anwendung des § 100 Abs. 1 SGB IX).

Immer wieder führt die Anwendung des § 100 SGB IX dazu, dass besonders schutzbedürftige Migrant*innen mit einer Behinderung keine notwendigen und geeigneten Hilfeleistungen bekommen. Trotzdem sollten für alle diese Personen – unabhängig vom Aufenthaltsstatus und Leistungsanspruch – Leistungen der Eingliederungshilfe beantragt und notfalls gerichtlich durchgefochten werden. Denn es gibt zahlreiche internationale und europäische Rechtsgrundlagen, die gegen den diskriminierenden § 100 SGB IX herangezogen werden können.


Online: Grundlagen- und Vertiefungsworkshops: Vielfalt inklusiv!

Der Verein „MINA – Leben in Vielfalt“ bietet in den kommenden Wochen und Monaten mehrere spannende Grundlagen- und Verteifugnsworkshops rund im die Themenkomplexe Lebenssituation, Aufenthalt und Leistungsansprüche von Menschen mit Zuwanderungsbiografie und Behinderung an.

Termine der Grundlagenworkshops

für Haupt- und Ehrenamtliche aus den Bereichen Flucht und Migration

  • 26.04. (Übersetzung in DGS) Behinderung und Befähigung: Was hat das mit mir zu tun? – Vielfaltssensibel Zugänge schaffen
  • 11.05. und erneut am 21.09. Rechtliche Grundlagen im Überblick 

für Haupt- und Ehrenamtliche aus den Bereichen Behinderung und Teilhabe

  • 14.06. Flucht, Behinderung und strukturelle Barrieren – Vielfaltssensibel Zugänge schaffen
  • 15.06. und erneut am 28.09 Rechtliche Grundlagen im Überblick 

Termine der Vertiefungsworkshops

für Haupt- und Ehrenamtliche aus allen vier Bereichen

  • 24.05. (Übersetzung in DGS) Freizeitgestaltung und Freizeitangebote an der Schnittstelle
  • 29.06. Zwischen Betreuung und Selbsthilfe: Assistenz- und Unterstützungsleistungen für Familien
  • 12.10. Duldung, Niederlassung und Staatsbürgerschaft im Kontext von Flucht, Behinderung und chronischer Erkrankung
  • 06.11. Jugendhilfe inklusiv?! Unterstützungsleistungen im Kontext von Flucht, Migration und Behinderung
  • 16.11. Arbeit und Ausbildung – Teilhabe im Kontext von Flucht, Migration und Behinderung

Die Veranstaltungen sind kostenlos und finden jeweils von 10.00 bis 13.30 Uhr online über Zoom statt. Kurze Pausen sind eingeplant. Die Anmeldung für alle Workshops ist online möglich. Weitere Informationen und die aktuellen Flyer finden Sie ebenfalls auf der Webseite von MINA.


Herzlich Willkommen: Neuer Vorstand

Am Samstag, den 1. April 2023, wählte die Mitgliederversammlung des Flüchtlingsrates einen neuen Vorstand für die kommenden zwei Jahre.

Im Rahmen der Frühjahrstagung fand am vergangenen Samstag die jährliche Mitgliederversammlung des Flüchtlingsrates statt. Insgesamt stellten sich 20 engagierte Personen als Vorstandskandidat*innen auf. Erneut wurden Lucia Braß als erste und Bärbel Mauch als zweite Vorsitzende des ehrenamtlichen Vorstands gewählt. In den erweiterten Vorstand wurden folgende Personen gewählt:

  • Monzer Haider, Nürtingen
  • Mariella Lampe, Stuttgart
  • Lena Schmid, Stuttgart
  • Elisa Söll, Tübingen
  • Julian Staiger, Freiburg
  • Eva Thien, Heidelberg
  • Manfred Weidmann, Tübingen
  • Sadiq Zartila, Schwäbisch Hall

Die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle freuen sich auf eine gute Zusammenarbeit! Darüber hinaus ermütigen wir die ausgeschiedenen Kandidat*innen sowie alle interessierten Mitglieder, sich mit ihren Anliegen, Erfahrungswerten und Kenntnissen aktiv in die Arbeit des Flüchtlingsrates einzubringen.


Web-Seminar: Einführung in das Phänomen Menschenhandel in Deutschland im Kontext von Flucht

Menschen auf der Flucht sind besonders gefährdet Gewalt zu erfahren und/oder ausgebeutet zu werden. Die besondere Gefährdung bleibt auch im europäischen Aufnahmeland bestehen. Faktoren wie prekäre Unterbringung, eingeschränkte Rechte, Lücken im Unterstützungssystem sowie fehlende Informationen zur eigenen rechtlichen Situation können das Risiko erhöhen, in ausbeuterische Situationen zu gelangen. In Deutschland stehen Betroffenen von Menschenhandel besondere Schutzrechte zu. Doch nur, wenn sie als Betroffene von Menschenhandel erkannt werden, können sie ihre Rechte wahrnehmen und Unterstützung erhalten.

Der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel – KOK e.V. bietet ein kostenfreies Web-Seminar zum Thema Einführung in das Phänomen Menschenhandel in Deutschland im Kontext von Flucht an. Es bietet umfassende Information zum Thema Menschenhandel im Kontext von Flucht und ermöglicht den Austausch mit Expert*innen. Zudem werden konkrete Handlungsmöglichkeiten für Fachkräfte aufgezeigt.



Verantwortung übernehmen, statt sie an die Außengrenzen zu schieben

PRO ASYL und Flüchtlingsräte sind entsetzt über die aggressive Debatte rund um den gestrigen CDU-Flüchtlingsgipfel, zu dem CDU-Chef Merz rund 700 Bürgermeister*innen und Landrät*innen eingeladen hatte. Thema war die Unterbringung geflüchteter Menschen in den Kommunen. „Die Aussagen der CDU sind weit weg von echten Lösungen: Jedoch torpedieren und diskreditieren sie die tägliche Arbeit und Bemühungen tausender engagierter Menschen und Kommunen,“ so Laura Müller vom Flüchtlingsrat Niedersachsen „Genau jetzt muss Solidarität mit Schutzsuchenden und keine weitere gesellschaftliche Spaltung erfolgen,“ so Müller weiter. Was wir wirklich brauchen ist eine vorausschauende Planung für bezahlbaren Wohnraum für alle Menschen. Die Debatte auf Geflüchtete zu reduzieren, Abschiebungen und europäische Abschottungspolitik als Lösungen zu präsentieren, ist politische Stimmungsmache gegen das Grundrecht auf Schutz. Die Union macht sich mit dieser Debatte mitverantwortlich für Gewalt gegen geflüchtete Menschen und fördert sie gar. Der Zugang zum Recht auf Asyl ist einer der Grundpfeiler unserer Rechtstaatlichkeit. Obergrenzen für Schutzsuchende oder sogenannte außereuropäische Aufnahmezentren sind Einschnitte in die Menschenrechte und inakzeptabel.
„Es geht um real existierende Menschen, die akut in Gefahr sind oder vor Gewalt fliehen, mehr als zwei Drittel der Asylsuchenden1 erhielten in 2022 Schutz in Deutschland,“ so Tareq Alaows von PRO ASYL.
Wir fordern ein sofortiges Ende dieser rassistische Debattenführung, befeuert durch die CDU. Es braucht stattdessen strukturelle und ernstgemeinte Lösungen, z.B. die Erlaubnis für alle geflüchtete Menschen, aus Sammelunterkünften auszuziehen, wie es bereits in Berlin der Fall ist.


Ulm: Workshop „Psychische Erkrankungen bei Geflüchteten erkennen, eigene Grenzen ausloten“

Woran erkenne ich, dass es einem Menschen mit Fluchtgeschichte nicht gut geht? Wie kann ich mit möglichen Symptomen einer psychischen Erkrankung umgehen und bestmöglich unterstützen? Und wie kann ich meine eigene psychische Gesundheit schützen?

Zusammen mit Katharina Schleifer, Psychotherapeutin des Behandlungszentrums für Folteropfer Ulm, werden wir diesen Fragen nachgehen. Als Ehrenamtliche in der Begleitung von Geflüchteten leisten Sie einen äußerst wertvollen Beitrag: Sie begünstigen ein möglichst gutes Ankommen, geben Halt, Stabilität, Sicherheit und Hoffnung. Gleichzeitig werden im Ehrenamt Fragen nach der richtigen Unterstützungsform aber auch den eigenen Grenzen aufgeworfen. Im Workshop werden zunächst Informationen zu psychischen Erkrankungen von Geflüchteten und zum Umgang mit möglichen psychischen Symptomen gegeben. Im zweiten Teil liegt der Schwerpunkt auf Ihnen als Ehrenamtliche, wie Sie gut für sich sorgen und in einer stimmigen Beziehung mit den Menschen stehen können, die Sie begleiten.

Die Teilnahme am Workshop ist kostenfrei. Da die Plätze begrenzt sind bitten wir um eine zeitnahe Anmeldung über untenstehendes Formular. Der Workshop findet in Ulm in der Bleichstraße 1/3 statt, weitere Informationen erhalten Sie nach Ihrer Anmeldung.

Der Workshop wird im Rahmen des Projekts „Perspektive durch Partizipation“ angeboten, gefördert von der Aktion Mensch.


Biberach: Workshop „Psychische Erkrankungen bei Geflüchteten erkennen, eigene Grenzen ausloten“

Woran erkenne ich, dass es einem Menschen mit Fluchtgeschichte nicht gut geht? Wie kann ich mit möglichen Symptomen einer psychischen Erkrankung umgehen und bestmöglich unterstützen? Und wie kann ich meine eigene psychische Gesundheit schützen?

Zusammen mit Katharina Schleifer, Psychotherapeutin des Behandlungszentrums für Folteropfer Ulm, werden wir diesen Fragen nachgehen. Als Ehrenamtliche in der Begleitung von Geflüchteten leisten Sie einen äußerst wertvollen Beitrag: Sie begünstigen ein möglichst gutes Ankommen, geben Halt, Stabilität, Sicherheit und Hoffnung. Gleichzeitig werden im Ehrenamt Fragen nach der richtigen Unterstützungsform aber auch den eigenen Grenzen aufgeworfen. Im Workshop werden zunächst Informationen zu psychischen Erkrankungen von Geflüchteten und zum Umgang mit möglichen psychischen Symptomen gegeben. Im zweiten Teil liegt der Schwerpunkt auf Ihnen als Ehrenamtliche, wie Sie gut für sich sorgen und in einer stimmigen Beziehung mit den Menschen stehen können, die Sie begleiten.

Die Teilnahme am Workshop ist kostenfrei. Da die Plätze begrenzt sind bitten wir um eine zeitnahe Anmeldung über untenstehendes Formular. Der Workshop findet in Biberach im Auerhaus in der Kolpingstraße 43 statt, weitere Informationen erhalten Sie nach Ihrer Anmeldung.

Der Workshop findet in Kooperation mit der Ökumenischen Migrationsarbeit statt wird im Rahmen des Projekts „Perspektive durch Partizipation“ angeboten, gefördert von der Aktion Mensch.


Mehrsprachige Informationen zum Familiennachzug

Wie kann ich meine Familie nach Deutschland holen? Welche Voraussetzungen muss ich oder müssen meine Familienangehörigen erfüllen? Welche Dokumente sind nötig und wo stelle ich einen Antrag?

Das Familiennachzugs-Projekt des BBZ (Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Geflüchtete und Migrant*innen) hat Informationsmaterialien zum Familiennachzug erstellt. Sie fassen in verschiedenen Sprachen die wichtigsten Aspekte zusammen.