(Teilweiser) Stopp für Abschiebungen in den Iran bis zum 31.12.2023

Die Innenministerkonferenz (IMK) hat sich angesichts der gegenwärtigen Menschenrechtslage darauf verständigt, dass bis zum 31.12.23 keine Abschiebungen in den Iran durchgeführt werden sollen und sich die IMK im Rahmen ihrer Herbst-Sitzung 2023 erneut mit der Lage im Iran befasst.

Ausnahmen kann es laut BMI geben für Gefährder*innen, Personen, die schwere Straftaten begangen haben, sowie Menschen, bei denen das Ausweisungsinteresse besonders schwer wiegt. Abgeschoben werden können auch Personen, die „hartnäckig“ ihre Mitwirkungspflichten zur Identitätsklärung bzw. Passbeschaffung verletzen.

Der Beschluss ist zwar nicht in den freigegebenen Beschlüssen enthalten, ist aber im Thüringer Erlass vom 23.08.2023 und einem Bericht des Städte- und Gemeindebunds NRW vom 22.08.2023 erwähnt.


Zahlen zu Geflüchteten in Deutschland

Die aktuellen Zahlen aus dem Ausländerzentralregister (AZR) bieten Einblicke in die Anzahl der registrierten Ausländer*innen mit verschiedenen Aufenthaltsstatus und Staatsangehörigkeiten. Die Daten verdeutlichen die Situation im Bereich Asyl und Schutz geflüchteter Menschen in Deutschland.

Bis zum Stichtag am 30. Juni 2023 befanden sich laut AZR 44.500 Ausländer*innen mit einer Asylberechtigung nach dem Grundgesetz. Die drei Hauptstaatsangehörigkeiten entfielen demnach auf die Türkei mit 12.405 Asylberechtigten, Syrien mit 5.989 Betroffenen und Iran mit 5.363 Personen.

Die Zahl der zur Jahresmitte im AZR registrierten Menschen mit Flüchtlingsschutz betrug den Angaben zufolge 755.626. Hauptstaatsangehörigkeit war in diesen Fällen Syrien mit 373.887 Personen vor dem Irak mit 106.079 und Afghanistan mit 64.795.

Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, waren zu dem Stichtag 307.471 Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1, 2. Alt. des Aufenthaltsgesetzes (subsidiärer Schutz) registriert. Hauptstaatsangehörigkeiten waren hier laut Bundesregierung Syrien mit 221.426 Personen sowie Irak mit 22.491 und Afghanistan mit 19.076.

Mit Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes, die wegen Abschiebungsverboten erteilt werden, seien zur Jahresmitte 174.845 Personen erfasst gewesen, heißt es in der Vorlage ferner. Die Hauptstaatsangehörigkeit entfiel demnach auf Afghanistan (112.922) vor Irak (10.497) und Syrien (6.581).

Die Zahl der zum Stichtag erfassten Personen mit einer Duldung gibt die Bundesregierung mit 224.768 an, wobei 27.954 Betroffenen aus dem Irak kommen, gefolgt von Afghanistan mit 16.067 und Nigeria mit 14.110.



  • Antwort der Bundesregierung (20/8182) auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (20/7829)Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Clara Bünger, Nicole Gohlke, Anke Domscheit-Berg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE (Drucksache 20/8046), 18.08.2023: Abschiebungen und Ausreisen im ersten Halbjahr 2023

Stuttgart: Kundgebung gegen rassistische Hetze

Das Aktionsbündnis Stuttgart gegen Rechts ruft auf:

„Menschen, die die Nacht mit Decken in der Innenstadt vor Ämtern verbringen, sind kein Intro für eine Elends-Doku, sondern Realität – in Stuttgart!

Vor der sogenannten „Ausländerbehörde“ in der Eberhardstraße sieht man dieses Bild seit Wochen beinahe täglich. Die Menschen warten hier auf einen Termin. Beispielsweise für die Verlängerung einer Arbeitserlaubnis, die Verlängerung von Duldungen oder andere wichtige Anliegen. Hier geht es nicht nur um bürokratische Akte, die keine Dringlichkeit haben, sondern darum, ob Menschen, die mittlerweile in Stuttgart ihren Lebensmittelpunkt haben, hier bleiben können oder nicht. Ob sie weiter arbeiten dürfen oder ob sie sogar ihr Recht in Deutschland zu bleiben, verlieren. Im schlimmsten Fall drohen Abschiebung in Leid und Verfolgung für ganze Familien.

Dieser Zustand ist unhaltbar für die verzweifelten, wartenden Menschen, aber auch für die völlig überlasteten Angestellten der Stadt Stuttgart. Deren schwere Arbeitsbedingungen könnten sich verbessern lassen: Durch beispielsweise die Aufstockung von Stellen oder noch besser durch Entbürokratisierung oder die Abschaffung rassistischer und unmenschlicher Asylgesetzgebungen. Stattdessen haben Vertreter*innen der kommunalen Politik und das CDU-geführte Justizministerium des Landes Baden-Württemberg nichts besseres im Sinn, als gegen Geflüchtete zu hetzen, sie gegeneinander oder gegen die Menschen, die in den Behörden arbeiten, auszuspielen.

Die Schuld an den langen Warteschlangen wird in bekannter, ekliger Art und Weise – das könnte auch von der AfD kommen – den Menschen gegeben, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, die den anderen „guten“ Migranten „den Platz wegnehmen“. Statt auf die veränderte Situation konstruktiv und sozial zu reagieren, werden unsinnige und unmenschliche Vorschläge gemacht: Die Abschottung an den EU-Außengrenzen verstärken und die Grenzen noch tödlicher machen.

Wir sagen: Schluss damit! In Stuttgart bleibt rassistische Hetze nicht unwidersprochen. Die Situation an den EU-Außengrenzen und der Umgang mit Schutz- und Unterstützungssuchenden brauchen unseren Widerspruch – auch hier in Stuttgart.

Als Aktionsbündnis Stuttgart gegen Rechts rufen wir euch auf: Kommt zur Kundgebung am Mittwoch, den 13. September 2023 um 16 Uhr am Bürgeramt Mitte. Lasst uns ein gemeinsames starkes Zeichen setzten. Gegen rechte Hetze und für Solidarität mit allen, die unsere Unterstützung brauchen. Refugees welcome!“


PRO ASYL und die Flüchtlingsräte der Bundesländer: Kindergrundsicherung muss für alle Kinder gelten!

Die geplante Kindergrundsicherung ist ein wichtiges Projekt gegen Kinderarmut, schließt aber viele Kinder aus und verstärkt dadurch bereits bestehende Chancenungleichheiten. Denn geflüchtete Kinder, die schon jetzt benachteiligt werden, weil sie kein Kindergeld bekommen, sollen nun auch von der Kindergrundsicherung ausgeschlossen werden. PRO ASYL und die Flüchtlingsräte der Bundesländer fordern von der Bundesregierung, wirklich alle Kinder zu berücksichtigen!

Aktuell wird ein Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung diskutiert, der zeitnah im Kabinett beschlossen werden soll. PRO ASYL und die Flüchtlingsräte sind empört, dass von der wichtigen Maßnahme, die laut dem Familienministerium „Kinder besser vor Armut schützen und gleiche Chancen schaffen“ soll, ausgerechnet viele geflüchtete Kinder ausgenommen werden. „Schon jetzt leben geflüchtete Kinder oft prekär – für andere Kinder normale Aktivitäten oder Anschaffungen sind für sie nicht denkbar. Das wurde besonders während der Corona-Lockdowns sichtbar, als viele geflüchtete Minderjährige die notwendigen technischen Geräte für die Teilnahme am Schulunterricht nicht anschaffen konnten. Der geplante Ausschluss geflüchteter Kinder von der Kindergrundsicherung ist Teil einer unwürdigen und auf Abschreckung gerichteten Sozialpolitik“, kommentiert Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL.

Die neue Kindergrundsicherung soll das bisherige Kindergeld (künftig: Kindergarantiebetrag) um einen einkommensabhängigen Kinderzusatzbetrag ergänzen, der gegebenenfalls den bisher über die Sozialhilfe oder das Bürgergeld gesicherten Lebensunterhaltsbedarf von Kindern abdecken soll. Laut einem Eckpunktepapier aus dem Familienministerium von Januar 2023 war eigentlich vorgesehen, auch Kinder, die bisher nur Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen, in die Kindergrundsicherung einzubeziehen. Nach den aktuellen Plänen der Bundesregierung sollen nun jedoch die Kinder asylsuchender und geduldeter Eltern ganz aus der Kindergrundsicherung rausfallen. Darüber hinaus sollen auch die Kinder ausgeschlossen werden, deren Eltern zum Beispiel bestimmte humanitäre Aufenthaltstitel oder wegen Überlastung der Ausländerbehörden „nur“ eine Fiktionsbescheinigung besitzen. Dies gilt auch dann, wenn die Kinder selbst ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht besitzen oder Deutsche sind. Sie sollen weder das Kindergeld noch den einkommensabhängigen Kinderzusatzbetrag erhalten. Sie wären auch von der Kindergrundsicherung ausgeschlossen.

PRO ASYL und die Flüchtlingsräte der Bundeländer kritisieren, dass nach Deutschland geflüchtete Menschen sozialrechtlich systematisch schlechter gestellt werden. Hierzu gehört insbesondere das Asylbewerberleistungsgesetz, welches deutlich niedrigere Leistungssätze als das Bürgergeld und zum Teil sogar entmündigende Sachleistungen statt Bargeld vorsieht. Weder die geltenden Regelungen noch die in der aktuellen Debatte häufiger gewordenen Rufe nach einer Streichung von Sozialleistungen sind mit dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz vereinbar. In diesem wurde 2012 festgehalten, dass die Menschenwürde nicht aus migrationspolitischen Zwecken relativiert werden darf. Sprich: Nur zur Abschreckung dürfen Sozialleistungen nicht klein gehalten werden. Für eine Abschaffung des diskriminierenden Sondergesetzes, das vor 30 Jahren geschaffen wurde, setzen sich derzeit 200 Organisationen ein.


Fortbildungsangebot „Ratgeber*in für die Berufsausbildung“: Projekt PLAN A+

Beim Übergang von der Schule in die Berufsausbildung können Unterstützer*innen und Vertrauenspersonen für Jugendliche eine wichtige Rolle spielen. Das Projekt PLAN A + bietet Einzelberatungen und Workshops für alle Bezugspersonen ausbildungssuchender Jugendlicher, z.B. Familienangehörige, Ehrenamtliche, Pädagog*innen, Trainer*innen und Interessierte an. Diese beschäftigen sich mit allen Fragen rund um das Thema Übergang Schule-Berufsausbildung und helfen, die Rolle als Bezugsperson zu stärken. Auch für ehrenamtlich Engagierte, die mit geflüchteten Jugendlichen arbeiten, können die Workshops hilfreich sein.

Die Workshops sind kostenlos und finden digital statt. Weitere Informationen finden Sie im aktuellen Workshop-Programm.


Gutachten von medico international: Warum die Türkei nicht als „sicherer Drittstaat“ betrachtet werden kann

Die Türkei wird als „sicherer Drittstaat“ eingestuft, was Abschiebungen von Geflüchteten in diesen Staat möglich macht. Diese Einstufung wird durch ein Gutachten von medico international widerlegt.

Mit der EU-Türkei-Erklärung im Jahr 2016 ging die Annahme einher, dass die Türkei ein „sicherer Drittstaat“ sei. Seitdem können Geflüchtete, die durch die Türkei gereist sind, ohne Prüfung der Asylanträge dorthin zurückgeschoben werden. Medico international hat die Situation geflüchteter Menschen in der Türkei analysiert und dokumentiert. 

Das dabei entstandene Gutachten stellt fest, dass die Türkei die Kriterien eines „sicheren Drittstaats“ nicht erfüllt – weder nach dem derzeitigen Artikel 38 der EU-Asylverfahrensrichtlinie noch nach der geplanten GEAS-Reform. Denn Erfahrungen geflüchteter Menschen zeigen: „Sicher“ ist die Türkei nicht. Im Gegenteil: Die betroffenen Menschen sind Gewalt, Inhaftierungen und Kettenabschiebungen ausgesetzt. Die Gutachter*innen kommen zum Schluss, dass die Einstufung der Türkei als „sicherer Drittstaat“ eine politische Entscheidung darstellt, die das Recht auf Asyl komplett erodiert.



Policy Papers mit Ukraine-Fokus: Risiken für Minderjährige

Besonders Minderjährige sind während der Flucht sowie nach Ankunft im Aufnahmeland einem hohen Risiko für Übergriffe, Ausbeutung und Menschenhandel ausgesetzt und darum als eine besonders vulnerable Gruppe zu betrachten. Unter den geflüchteten Menschen aus der Ukraine befinden sich viele Minderjährige, oft von Eltern oder Bezugspersonen begleitet, teilweise aber auch unbegleitet. Wie steht es um den Kinderschutz auf der Fluchtroute und in Deutschland?  

Im Rahmen des Projekts „Vorbild Ukraine? Hilfesysteme der Zukunft” wurde die spezielle Aufnahmesituation von geflüchteten Minderjährigen aus der Ukraine und ihre spezifischen Implikationen überprüft und analysiert, sowie mit früheren großen Fluchtbewegungen verglichen. In diesem Kontext sind zwei Policy Papers entstanden, die sich mit Menschenhandel und Ausbeutung, sowie der Unterbringungssituation minderjähriger Geflüchteter befassen.



Stuttgart: Podiumsdiskussion Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen

Anlässlich der Kampagne „Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!“ findet eine Podiumsdiskussion zum Asylbewerberleistungsgesetz statt. Diskutiert wird unter anderem über

  • die migrations- und sozialrechtliche Perspektive
  • die Auswirkungen des Gesetzes auf Gesundheits- und Teilhabeleistungen für geflüchtete Menschen
  • den Zugang zum Arbeitsmarkt
  • die menschenrechtlichen Verpflichtungen, die staatliches wie privates Handeln leiten sollen

Weitere Informationen finden sich im Programm der Veranstaltung.

Die Veranstaltung wird durch das „Stuttgarter Aktionsbündnis für Menschenrechte und Flucht“ – SAMFT durchgeführt. Beteiligt sind die Stuttgarter Amnesty Gruppen, AGDW e. V. , Just Human e. V., die Seebrücke, der Ak Asyl Stuttgart und der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e. V. 

Ort: Haus der Geschichte, Otto-Borst-Saal im EG, Stuttgart

Die Veranstaltung ist kostenlos. Aus technischen Gründen haben wir die Anmeldung bereits geschlossen. Selbstverständlich können Sie auch ohne Anmeldung die Veranstaltung besuchen.

Gerne nehmen wir Spenden zur Finanzierung der Podiumsdiskussion an.


Evaluation: Wohnsitzregelung trägt nicht zu gesellschaftlicher Teilhabe bei

Im Auftrag des Forschungszentrums des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wurde die Wirkung der Wohnsitzregelung nach § 12a AufenthG untersucht. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Wohnsitzauflage Teilhabe und Inklusion nicht fördert, sondern behindert.

Die Wohnsitzauflage wurde 2016 für einen vorerst befristeten Zeitraum als § 12a AufenthG eingeführt. Schutzberechtigte erhalten nach Anerkennung ihres Asylantrags eine dreijährige Wohnsitzauflage für das Bundesland, in das die Personen nach Ankunft zugewiesen wurden. Meistens wird diese auf einen bestimmten Ort präzisiert (§ 12a Absatz 2 AufenthG). 2019 wurde die Regelung entfristet.

Diese Entfristung sah eine Evaluation vor, die dem BAMF übertragen und nach einem Interessensbekundungsverfahren durch die empirica ag in Zusammenarbeit mit der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder durchgeführt wurde.

Die Studie kam zu folgendem Ergebnis: Die Wohnsitzregelung entfaltet nicht die beabsichtigten Effekte von gesellschaftlicher Teilhabe und Inklusion. Im Gegenteil: Sie erzeugt einen hohen bürokratischen Aufwand und wirkt sich eher negativ auf die Wohnraumversorgung sowie die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit aus. Auch trägt sie nicht zur Vermeidung sozialer Ausgrenzung bei, verhindert Umzüge, die Teilhabe potentiell fördern können und hat aufgrund ihres komplizierten Aufhebungsprozesses negative Auswirkungen auf den Schutz von Personen, die von Gewalt betroffen sind.



Offener Brief an den Landkreistag Baden-Württemberg gegen Grundrechtseinschränkungen für Geflüchtete

In einer Resolution von Juli 2023 forderte der Landkreistag von Baden-Württemberg den Zuzug Asylsuchender zu begrenzen, eine Arbeitspflicht einzuführen und Leistungen sowie Standards für geflüchtete Menschen abzusenken. 

Die Kampagne „Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen“ wendet sich in einem offenen Brief an den Landkreistag und verurteilt die erhobenen Forderungen aufs Schärfste. Denn die Vorschläge in der Resolution führen nicht nur eine ausgrenzende Migrations- und Aufnahmepolitik fort, sondern stellen die Menschen- und Grundrechte Schutzsuchender generell in Frage.

Es wird dazu aufgerufen, den Brief an den Landkreistag zu unterzeichnen. Wer den Brief unterschreiben möchte, kann dies der Kampagne per Nachricht an info@asylblg-abschaffen.de mitteilen.