Das Asylverfahren

Der erste Schritt zum Stellen eines Asylantrags ist die Abgabe eines Asylgesuchs. In der Regel erfolgt dies in einer Erstaufnahmeeinrichtung. Damit ist der Asylantrag allerdings noch nicht gestellt, dafür gibt es einen separaten Termin. Danach wird die antragstellende Person zu einer persönlichen Anhörung eingeladen. Die dort gemachten Angaben sind entscheidend für den Ausgang des Asylverfahrens.

Im folgenden Artikel wird in aller Kürze der Ablauf des Asylverfahrens dargestellt. Für Hinweise, wie ehrenamtlich Engagierte asylsuchende Personen während des Asylverfahrens unterstützen können, sei auf den Beitrag >> Begleitung im Asylverfahren verwiesen.

I. Das Asylgesuch
II. Die Asylantragstellung
III. Die Anhörung
IV. Exkurs: Folgeantrag
V. Die Entscheidung
VI. Weitere Informationen

I. Das Asylgesuch

Der erste Schritt im Asylverfahren ist die Abgabe des sog. Asylgesuchs. Hierbei handelt es sich nicht um einen formellen Akt, sondern lediglich um die Mitteilung, dass man Asyl beantragen will. Das Asylgesuch kann bei einer Polizeidienststelle, Grenzbehörde, Ausländerbehörde oder direkt in einer Aufnahmeeinrichtung für Asylsuchende gestellt werden.

Wenn das Asylgesuch nicht in einer Erstaufnahmestelle geäußert wurde, muss man sich unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, in eine Erstaufnahmeeinrichtung begeben. Als Richtwert gilt hier ein Zeitraum von ein bis zwei Wochen. Im Einzelfall kann aber auch ein etwas längerer Zeitraum noch als unverzüglich gelten, wenn die Person, z.B. wegen einer Krankheit, am Aufsuchen der Erstaufnahmestelle verhindert war.

Wichtig: Personen die neu in Deutschland sind und einen Asylantrag stellen wollen, sollten sich so bald wie möglich von einer unabhängigen Beratungsstelle zur anstehenden Anhörung beraten lassen. Denn zwischen dem Stellen des Asylgesuchs und der Anhörung ist häufig nur wenig Zeit.

Nach Stellen des Asylgesuchs in einer Erstaufnahmeeinrichtung erhält man ein erstes Dokument. In der Regel ist dies der sog. Ankunftsnachweis (Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender) (§ 63a AsylG).

II. Die Asylantragstellung

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist für Asylanträge zuständig. Der Asylantrag wird in der Regel in einer BAMF-Außenstelle in der Erstaufnahmeeinrichtung gestellt (§ 14 Absatz 1 AsylG). Nach der Registrierung bzw. dem Asylgesuch erhält die Person, die einen Asylantrag stellen möchte, einen Termin bei der Außenstelle des BAMF, um dies zu tun. Beim Termin zur Antragsstellung werden die Geflüchteten mithilfe von Dolmetscher*innen über ihre Rechte und Mitwirkungspflichten im Asylverfahren informiert.

Die wichtigste Mitwirkungspflicht ist die Bekanntgabe der jeweils aktuellen Adresse an das BAMF. Falls noch nicht zuvor geschehen, werden bei der Asylantragstellung die persönlichen Daten der Asylsuchenden erhoben, sie werden fotografiert und von Personen ab 14 Jahren werden auch Fingerabdrücke genommen. Die Menschen werden auch gefragt, auf welchem Weg bzw. auf welcher Route sie nach Deutschland gekommen sind. Dies tut man, um herauszufinden, ob ein anderes europäisches Land im Rahmen der Dublin-Verordnung für die asylsuchende Person zuständig ist (>> Das Dublin-Verfahren).

Nach der Asylantragstellung erhält der*die Asylsuchende die sog. Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylG). Dieses Dokument besagt, dass die Person sich rechtmäßig in Deutschland zum Zweck der Durchführung des Asylverfahrens aufhält. Manchmal wird das Dokument erst einige Zeit nach der Antragsstellung ausgehändigt, der Status entsteht aber unabhängig vom Besitz des Dokuments.

Für unverheiratete Kinder unter 18 Jahren wird automatisch ein Asylverfahren eingeleitet, wenn die Eltern einen Asylantrag stellen und die Kinder mit ihren Eltern gemeinsam einreisen oder sich bereits ohne Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aufhalten (§ 14a Absatz 1 AsylG). Auch für Kinder unter 18 Jahren, die später nachkommen, oder für Kinder, die in Deutschland geboren werden, wird automatisch ein Asylverfahren eingeleitet – auch dann, wenn die Eltern bereits eine Ablehnung im Asylverfahren erhalten haben. Es besteht die Möglichkeit, auf die Durchführung eines Asylverfahrens für die Kinder zu verzichten.

Nachdem der Asylantrag gestellt wurde, prüft das BAMF im Rahmen des Dublin-Verfahrens, ob ein anderer Staat für das Asylverfahren zuständig ist. Ausführliche Informationen hierzu sind unter >> Das Dublin-Verfahren zu finden.

Weitere Informationen:

III. Die Anhörung

Welche Bedeutung hat die Anhörung?

Der mit Abstand wichtigste Bestandteil des Asylverfahrens ist die Anhörung beim BAMF. Die Anhörung findet in aller Regel in einer BAMF-Außenstelle statt, § 25 Absatz 7 AsylG sieht jedoch seit 1.1.2023 vor, dass sie ausnahmsweise auch per Video erfolgen kann. Zur Anhörung wird die asylsuchende Person schriftlich geladen. Kann der Termin aus triftigen Gründen nicht wahrgenommen werden, kann um eine Verlegung gebeten werden. Falls die Person unentschuldigt der Anhörung fernbleibt, wird der Asylantrag abgelehnt oder das Verfahren eingestellt.

In der Anhörung bekommen Asylbewerber*innen die Gelegenheit, die Gründe für ihre Flucht ausführlich und detailliert darzulegen. Das Vorbringen in der Anhörung stellt häufig die einzige Grundlage für die Entscheidung des Bundesamts dar, wobei (Übersetzungs-)Fehler und Missverständnisse im Nachhinein schwer korrigierbar sind und bis in ein mögliches Gerichtsverfahren fortwirken können. Das Vorbringen der asylsuchenden Person muss glaubhaft sein; daher kommt es darauf an, das Erlebte möglichst detailreich und authentisch zu schildern. Selbst kleine Unstimmigkeiten oder Widersprüche können nämlich dazu führen, dass dem gesamten Vortrag des geflüchteten Menschen kein Glauben geschenkt wird und somit eine Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ – die „schlechteste“ Form der Ablehnung – ergeht (>> Ablehnungsformen).

Für Geflüchtete stellt die Anhörung oftmals eine Extremsituation dar – nicht nur aufgrund des Wissens um die Bedeutung für das eigene Asylverfahren. Häufig haben die Menschen auch schlechte Erfahrungen im Umgang mit Behörden gemacht und verhalten sich deshalb zurückhaltend oder ängstlich während der Anhörung. Dies kann dazu führen, dass auf Fragen nur sehr knapp geantwortet wird und möglichem Drängen der anhörenden Person auf einen schnellen Abschluss der Anhörung nachgegeben wird. Dies ist jedoch alles andere als zielführend, da gerade in der Anhörung alle wesentlichen Fluchtgründe vorgebracht werden müssen. Auch stellt die Anforderung, über traumatische Erlebnisse sprechen zu müssen, für viele Menschen eine hohe Hürde dar.

Was ist im Vorfeld der Anhörung zu organisieren?

Die Anhörungen sind meist auf 8 Uhr morgens terminiert. Je nachdem, von welchem Ort aus die Anreise erfolgt, kann es ggf. sinnvoll sein, am Vorabend anzureisen und zu übernachten.

Wenn es aus wichtigen Gründen nicht möglich ist, so früh vor Ort zu sein, kann man versuchen, mit dem BAMF einen späteren Termin auszumachen.

Die asylsuchende Person muss pünktlich vor Ort sein, es kann aber sein, dass sie lange darauf warten muss, dass ihre Anhörung beginnt. Daher sollte man ausreichend Essen und Trinken mitbringen.

Für besonders schutzbedürftige Geflüchtete (z.B. unbegleitete Minderjährige, Folteropfer, Betroffene von Menschenhandel) gibt es speziell geschulte Entscheider*innen, die sog. Sonderbeauftragten. Diese können beim BAMF im Vorfeld der Anhörung angefordert werden. Zudem ist es Menschen, die geschlechtsspezifische Verfolgung erlitten haben, oftmals nicht möglich, das Erlebte gegenüber Vertreter*innen des anderen Geschlechts zu erzählen. In solchen Fällen können weibliche oder männliche Dolmetscher*innen beantragt werden.

Wer nimmt an der Anhörung teil?

Die Anhörungen sind nicht öffentlich. Es können aber ein Rechtsanwalt*eine Rechtsanwältin sowie ein*e Vertreter*in des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und bei unbegleiteten Minderjährigen deren Vormund teilnehmen. Eine weitere Vertrauensperson – z.B. ein*eine ehrenamtlich Engagierte*r – kann als sog. Beistand*Beiständin (§ 14 VerwVfG) teilnehmen, dies sollte aber vorher beim BAMF angezeigt werden (für genauere Informationen >> Begleitung im Asylverfahren).

Wie läuft die Anhörung ab?

Die Anhörung findet in der Muttersprache des*der Antragsstellenden statt oder in einer anderen Sprache, die die Person beherrscht. Das BAMF stellt dann eine*einen Dolmetscher*in für die entsprechende Sprache. Bei Vorbehalten in Bezug auf die*den Dolmetscher*in oder bei Verständnisproblemen (z.B. weil die*der Dolmetscher*in einen anderen Dialekt spricht), sollte die antragstellende Person ihre Einwände zu Protokoll geben und eine andere dolmetschende Person verlangen. Zur Not muss die Anhörung vertagt werden.

Bei der Anhörung werden in der Regel Fragen zur Person, zum Herkunftsland und zum Fluchtweg gestellt. Anschließend wird die Person aufgefordert, ihre individuellen Fluchtgründe zu schildern und zu erläutern, was ihr im Falle einer Rückkehr ins Heimatland drohen würde. Hier steht das eigene Fluchtschicksal im Vordergrund. Die Erlebnisse von Angehörigen oder die allgemeine politische Situation im Heimatland können zur Veranschaulichung herangezogen werden, dabei sollte jedoch beschrieben werden, inwiefern dies in Zusammenhang mit der asylsuchenden Person selbst steht.

Der*die Antragsteller*in hat das Recht, alles vorzutragen, was ihm*ihr relevant erscheint. Anhörende und dolmetschende Person dürfen nicht darauf drängen, sich auf kurze Antworten zu beschränken oder Fragen nur mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten.

Wichtig: Die Schilderungenwerden ins Deutsche übersetzt und protokolliert. Die antragstellende Person hat das Recht, sich das Protokoll am Ende der Anhörung in die eigene Sprache rückübersetzen zu lassen. Sie bekommt so Gelegenheit, das Gesagte noch während der Anhörung zu ergänzen oder richtigzustellen. Da dies die einzige Möglichkeit darstellt, Fehldarstellungen zu korrigieren, sollte nicht auf die Rückübersetzung verzichtet werden. Schließlich wird dem*der Asylsuchenden das Protokoll zur Unterschrift vorgelegt. Wenn weiterhin Fehler darin enthalten sind und keine Änderung erfolgt, sollte das Protokoll nicht unterzeichnet werden.

Welche weiteren Rechte haben geflüchtete Menschen bei der Anhörung?

Neben der vom BAMF gestellten dolmetschenden Person können Asylantragsteller*innen die Anwesenheit eines*einer zusätzlichen Dolmetscher*in beim BAMF beantragen. Er*sie kann unter Umständen auf Übersetzungsfehler hinweisen und/oder die Übersetzer*innen des BAMF unterstützen.

In einigen Fällen kommt es vor, dass geflüchtete Menschen gehemmt sind, die von ihnen erfahrene Verfolgung detailliert zu schildern. Grund hierfür kann die Angst sein, Angehörige im Heimatland könnten durch die eigene Aussage zu Schaden kommen. Grundsätzlich dürfen die beim BAMF zu Protokoll gegebenen Informationen nicht herausgegeben werden. Bestehen dennoch entsprechende Befürchtungen, so sollten diese im Interview zumindest geäußert und ins Protokoll aufgenommen werden.

Die Anhörung kann im Notfall jederzeit unterbrochen oder abgebrochen und an einem anderen Tag fortgeführt werden. Dies ist insbesondere dann ratsam, wenn aufgrund von Retraumatisierung eine psychische Dekompensation droht.

Weitere Informationen:

IV. Exkurs: Folgeantrag

Hat man bereits einen Asylantrag in Deutschland gestellt, der entweder zurückgenommen oder unanfechtbar abgelehnt worden ist, so ist jeder weitere Asylantrag ein so genannter Folgeantrag (§ 71 AsylG). In diesem Fall prüft das BAMF zunächst, ob es Gründe gibt, die ein Wiederaufgreifen des Verfahrens rechtfertigen (Details unter >> Asylfolgeantrag).

V. Die Entscheidung

Auf Basis der bei der Anhörung gemachten Angaben und der vorliegenden Dokumente und Beweismittel entscheidet das Bundesamt über den Asylantrag. Dabei gilt das Einzelschicksal als maßgeblich. Die Entscheidung wird schriftlich begründet und den Beteiligten, also dem*der Antragsteller*in oder Verfahrensbevollmächtigten, sowie den zuständigen Ausländerbehörden mitgeteilt. Im Falle einer Ablehnung im Asylverfahren, sind die Rechtsmittelfristen sehr kurz, daher sei an dieser Stelle nochmals auf die Pflicht des*der Asylsuchenden, dem BAMF die jeweils aktuelle Adresse mitzuteilen, verwiesen.

Bei jedem Asylantrag prüft das Bundesamt auf Grundlage des Asylgesetzes, ob eine der vier Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbot – vorliegt. Nur wenn keine dieser Schutzformen in Frage kommt, wird der Antrag abgelehnt und eine Abschiebung angedroht. Unterschieden wird zwischen einer „einfachen“ Ablehnung und einer Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ oder „unzulässig“. Über die Anerkennung oder Ablehnung eines Asylantrages und die sich daraus ergebenen Konsequenzen informieren die Beiträge >> Ablehnungsformen und >> Anerkennungsformen.

Das Bundesamt muss grundsätzlich innerhalb von sechs Monaten über den Asylantrag entscheiden, in bestimmten Fällen ist eine Verlängerung der Frist möglich (§ 24 Absatz 4 AsylG).

VI. Weiterführende Arbeitshilfen


Fluchtursachen

Hinter jeder Fluchtgeschichte steht ein Mensch. Ein Mensch mit individuellen Eigenschaften, Erfahrungen und Bedürfnissen. Die einzige Gemeinsamkeit von geflüchteten Menschen ist, dass sie in der Hoffnung auf Schutz und ein besseres Leben ihr Land verlassen haben. Entsprechend unterschiedlich und vor allem vielschichtig sind die Ursachen, die zur Flucht geführt haben. Allen Gründen gemein ist die Angst um das eigene Leben, um das Wohlergehen der Familie und die Hoffnung auf ein besseres Leben. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über unterschiedliche Fluchtursachen und deren komplexes Zusammenwirken gegeben werden.

I. Krieg und Gewalt
II. Menschenrechtsverletzungen
III. Klimawandel/Naturkatastrophen
IV. Informationsressourcen zu weiteren Fluchtursachen

I. Krieg und Gewalt

Krieg ist weltweit die zentrale Fluchtursache. In jedem siebten Staat der Erde herrscht entweder Krieg oder eine bewaffnete Auseinandersetzung Im Jahr 2021 gab es 22 Kriege und  sechs bewaffnete Konflikte (Frieden fragen: 2022). Geflüchtete aus Ländern, in denen seit Jahrzehnten Krieg und Gewalt herrschen, wie Syrien, Somalia, dem Sudan oder Afghanistan, leben oftmals seit Generationen im Exil. Auch mehr als 70 Prozent der Menschen, die in Deutschland nach Asyl suchen, kommen aus akuten Krisen- und Kriegsgebieten (UNO Flüchtlingshilfe: 2022).

Jeder kriegerische Konflikt führt zu existenziellen Bedrohungen für die Bevölkerung: Menschen fliehen vor Kämpfen und Bomben. Die Gewalt richtet sich oft auch gezielt gegen Zivilist*innen: Menschenrechtsverletzungen, Vergewaltigungen, Massenhinrichtungen, Verschleppung oder die zwangsweise Rekrutierung von jungen Männern oder auch Kindern sind in vielen Regionen zu Mitteln der Kriegsführung geworden. Ein normales Leben wird oftmals unmöglich, gewaltsame Konflikte und Kriege führen zu Tod und Verletzungen, Armut und Hunger. Auch die Lebensgrundlage wird zerstört: Felder können nicht mehr bestellt werden, Arbeitsplätze fallen weg, Lebensmittel werden knapp und Preise steigen. Weiterhin gibt es Angriffe auf die Infrastruktur: Straßen, Brücken, Strom- und Wasserversorgung, Schulen und Krankenhäuser werden beschädigt oder zerstört, Medikamente und medizinisches Gerät wird knapp.

An bestehenden Konflikten sind Deutschland und andere Nationen des Globalen Nordens (die neutralen Bezeichnungen Globaler Norden und Globaler Süden sind weniger geografisch zu verstehen, sondern zielen vor allem darauf ab, ein Land nach seinen ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Charakteristiken im globalen Kontext einzuordnen) nicht unbeteiligt: Durch Waffenhandel tragen diese Staaten eine entscheidende Mitverantwortung für die gewaltsame Eskalation dieser Konflikte und den Tod tausender Zivilist*innen. So verkauft Deutschland jährlich Waffen und Rüstungsgüter für mehrere Milliarden Euro und gehört dadurch nach den USA, Russland, China und Frankreich zu den größten Waffenexporteuren weltweit.

Weitere Informationen:

II. Menschenrechtsverletzungen

Menschenrechte sind laut der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte universell, unveräußerlich und unteilbar. In der Realität sieht es jedoch ganz anders aus.

Häufig macht die stumme Gewalt der Lebensverhältnisse ein Leben in Würde, Freiheit und Sicherheit unmöglich: Kein Zugang zu sauberem Wasser, ausreichender Nahrung, einem Dach über dem Kopf, zu Bildung und Gesundheit. Darüber hinaus ist die Beschneidung von Rechten durch Gesetze und staatliches Handeln in vielen Ländern gang und gäbe: Drei von vier Regierungen schränken die Meinungsfreiheit ein. In mehr als drei von fünf Ländern werden Menschen gefoltert oder anderweitig misshandelt. Beispielsweise gibt es in 69 Ländern Gesetze, die gleichgeschlechtliche Beziehungen unter Strafe stellen (ILGA World: 2020). Das sind nur einige Beispiele, die zeigen, dass die Verfolgung von politischen Meinungen und von der Mehrheit abweichenden Lebensweisen auf der Welt nicht die Ausnahme, sondern die Regel darstellt und zu Flucht führt.

Obwohl Deutschland alle internationalen Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte unterzeichnet hat, vergibt die EU Milliarden an Staaten wie Eritrea, den Sudan, Marokko oder die Türkei, die Menschenrechte systematisch missachten, damit diese Staaten Menschen von der Flucht in Richtung Europa abhalten.

Weitere Informationen:

III. Klimawandel/Naturkatastrophen

Naturkatastrophen und die Auswirkungen des Klimawandels zwingen Menschen zur Flucht. Naturkatastrophen mit fatalen Folgen gab es schon immer. Jedoch werden sie durch die globale Klimaerwärmung um ein Vielfaches verschärft und entstehen auch häufiger. Das Weltklima ändert sich deutlich schneller als angenommen und verursacht in vielen Regionen der Welt Dürre, Überschwemmungen und schwere Stürme. Betroffen sind vor allem krisengeschüttelte Länder des Globalen Südens. Diese haben meist nicht die Ressourcen, um die Auswirkungen zu verhindern oder sich an die zunehmend unwirtliche Umwelt und die erschwerten Lebensbedingungen anzupassen. Laut dem Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) haben 2021 rund 23,7 Millionen Menschen ihre Heimat aufgrund von Naturereignissen, wie Dauerregen, langanhaltenden Dürren, Hitzewellen und Stürmen sowohl kurz- als auch langfristig verlassen müssen (UNO-Flüchtlingshilfe: 2022). In Deutschland und Europa ist diese Entwicklung jedoch kaum sichtbar, da zum einen die Folgen des Klimawandels hier nur bedingt spürbar sind und zum anderen der Großteil der betroffenen Menschen Zuflucht in den angrenzenden Regionen sucht und somit häufig nicht nach Europa kommt.

Klimawandel, Konflikte, Armut, Ernährungsunsicherheit und Vertreibung überschneiden sich zunehmend, so dass immer mehr Menschen auf der Suche nach Sicherheit fliehen müssen. Prognosen von Klimaforscher*innen zeigen ganz klar, dass sich die bestehenden Probleme zukünftig vervielfachen werden: Begrenzte natürliche Ressourcen wie Trinkwasser werden noch knapper. Land- und Viehwirtschaft werden in vielen Gebieten aufgrund von Hitze und Trockenheit nicht mehr möglich sein. Die bereits kritische Situation und die bestehenden Konflikte um Ressourcen werden sich deutlich verschärfen.

Weitere Informationen:

IV. Informationsressourcen zu weiteren Fluchtursachen


Behördenstruktur in Deutschland und Baden-Württemberg

An der Bearbeitung von Asylanträgen und weiteren aufenthaltsrechtlichen Fragestellungen sind unterschiedliche staatliche Stellen beteiligt. Oftmals fällt es nicht leicht, den Überblick zu behalten bzw. die richtige Stelle für die Bearbeitung eines Anliegens zu identifizieren. Aus diesem Grund sollen die wesentlichen staatlichen Stellen im Folgenden kurz dargestellt werden.

I. Bundesverwaltung
II. Die Ausländerbehörden
III. Verwaltungsgerichtsbarkeit

I. Bundesverwaltung

Das Auswärtige Amt
Das Auswärtige Amt (Außenministerium) ist eins von insgesamt 15 Bundesministerien. Dem Auswärtigen Amt sind u.a. insgesamt weit über 200 deutsche Auslandsvertretungen untergeordnet. Diese Auslandsvertretungen spielen beispielsweise bei der Beantragung von Visa (z.B. beim Familiennachzug) eine wesentliche Rolle. Darüber hinaus sammelt und veröffentlicht das Auswärtige Amt Informationen zur Situation in allen Ländern der Welt. Auf diese Berichte greifen das weiter unten noch näher behandelte Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die Verwaltungsgerichte zum Teil bei ihren Asylentscheidungen zurück.

Das Bundesministerium des Inneren
Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) ist eines der 15 Bundesministerien. Im Ministerium werden vielfältige Aufgaben gebündelt. Das Spektrum reicht vom Bevölkerungsschutz über Integration und Sportförderung bis hin zu Sicherheitsaufgaben, z.B. der Steuerung und Koordination der Bundespolizei. Das BMI ist wesentlich für die Gestaltung der Migrationspolitik auf europäischer und deutscher Ebene verantwortlich. Es ist dem BAMF übergeordnet und leitet und beaufsichtigt dieses.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Das BAMF ist eine BMI untergeordnete (obere) Bundesbehörde. Als solche ist das BAMF in den Bereichen Asyl, Migration und Integration tätig. Neben der Durchführung von Asylverfahren (>> Das Asylverfahren) bzw. dem (Über-)Prüfen von Schutzbegehren übernimmt das BAMF Aufgaben im Bereich der Integration, z.B. durch Sprach- und Integrationskurse sowie die Jugendmigrationsdienste (JMD) und Migrationsberatung für Erwachsene (MBE). Daneben analysiert und erforscht das BAMF Migrationsprozesse. Es hat seinen Hauptsitz in Nürnberg und verfügt über zahlreiche dezentrale Standorte, die sog. Außenstellen, sowie Ankunfts- und Entscheidungszentren. Eine Übersicht der Standorte des BAMF finden Sie auf der Homepage des Bundesamts.

Weitere Informationen:

II. Die Ausländerbehörden

Das Aufenthaltsrecht und das Asylrecht werden, soweit nicht das BAMF zuständig ist, von den Ausländerbehörden durchgeführt. Welche Ausländerbehörde für welche Aufgabe zuständig ist, wird in Baden-Württemberg in der „Verordnung der Landesregierung und des Justizministeriums über Zuständigkeiten nach dem Aufenthaltsgesetz“ (AAZuVO) geregelt.

Die oberste Ausländerbehörde: das Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg

Das Ministerium der Justiz und für Migration (kurz: Justizministerium oder JM) ist eins von derzeit insgesamt elf Fachministerien der Landesregierung Baden-Württemberg. Zusätzlich zu den Fachministerien gibt es noch das Staatsministerium als Behörde des Ministerpräsidenten. Das JM ist die oberste Ausländerbehörde. Die Ausländer- und Flüchtlingspolitik des Landes Baden-Württemberg ist beim JM im Themengebiet „Migration“ angesiedelt. Das JM strukturiert über auf seiner Homepage veröffentlichte Verwaltungsvorschriften, Erlasse oder Dienstanweisungen das Verwaltungshandeln der untergeordneten Ausländerbehörden. Daneben entscheidet es etwa über die Erteilung von Aufenthaltstiteln, die im Rahmen eines Härtefallverfahrens der Härtefallkommission erlangt werden können (§ 23a AufenthG), über die Aufnahme oder Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Rahmen sog. Landeskontingente nach § 23 Absatz 1 AufenthG oder die generelle Aussetzung von Abschiebungen in bestimmte Länder nach § 60a Absatz 1 AufenthG (sog. Abschiebestopp).

Hinweis: Das JM ist nicht nur oberste Ausländerbehörde, sondern auch oberste Aufnahmebehörde im Sinne des baden-württembergischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes und kann als solche etwa auch Vorgaben hinsichtlich des Vollzugs des Asylbewerberleistungsgesetzes an die nachgeordneten Behörden machen.

Die höhere Ausländerbehörde: die vier Regierungspräsidien
Die Regierungspräsidien haben jeweils die Rechts- und Fachaufsicht über die unteren Ausländerbehörden in den Regierungsbezirken. Sie bearbeiten Widersprüche gegen Entscheidungen der unteren Ausländerbehörden und beraten diese in fachlichen und rechtlichen Fragen.

Das Regierungspräsidium Karlsruhe nimmt eine besondere Stellung ein, denn es ist u.a. landesweit für folgende Maßnahmen zuständig:

  • Förderung und Organisation von freiwilligen Ausreisen („Rückkehrmanagement“)
  • Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen (Abschiebung)
  • Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung)
  • Vollzug der Abschiebungshaft
  • Erteilung von Beschäftigungserlaubnissen für Geduldete

In vielen Fällen sind die Regierungspräsidien auch für die Entscheidung über Ausweisungen von straffällig gewordenen ausländischen Personen oder auch über die Entfristung eines Aufenthalts- oder Einreiseverbots zuständig. Weitere Informationen zu den Aufgaben der Regierungspräsidien findet sich auf der Homepage der Regierungspräsidien Baden-Württemberg.

Darüber hinaus gibt es Fälle, in denen die Regierungspräsidien der Entscheidung einer nachgeordneten Ausländerbehörde zustimmen müssen. Diese Fälle sind zum einen in der oben erwähnten AAZuVO, zum anderen in einer Verwaltungsvorschrift geregelt. Eine Zustimmung ist danach etwa erforderlich

  • bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 AufenthG
  • beim Familiennachzug zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte (§ 36 Absatz 2 AufenthG)
  • bei der Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn von der Nachholung des Visumsverfahrens wegen Unzumutbarkeit abgesehen werden soll (§ 5 Absatz 2 Satz 2 AufenthG)
  • bei der erstmaligen Ausstellung eines Reiseausweises für Staatenlose,

um einige besonders praxisrelevante Fälle zu nennen.

Die untere Ausländerbehörde: Landratsamt oder Stadtverwaltung
Untere Ausländerbehörden sind in Baden-Württemberg in den Landkreisen die Landratsämter bzw. die Gemeindeverwaltungen in den kreisangehörigen und kreisfreien Städten. Wenn in der Praxis von „der Ausländerbehörde“ die Rede ist, sind meist diese Ausländerbehörden gemeint, weil dies die Behörden sind, mit denen die betroffenen Personen vor Ort in (persönlichen) Kontakt treten und Termine vereinbaren, z.B. zur Beantragung, Verlängerung oder Abholung von Dokumenten. Allerdings sieht es manchmal nur so aus, als sei die untere Ausländerbehörde zuständig. So holt man sich als geduldete Person die Duldungsbescheinigung oder eine Beschäftigungserlaubnis zwar bei der unteren Ausländerbehörde ab. Die Entscheidung über die Erteilung der Duldung oder Beschäftigungserlaubnis ist aber zuvor vom Regierungspräsidium Karlsruhe getroffen worden, das die Ausländerbehörde lediglich in den „Aushändigungsprozess“ der Entscheidung einbindet. Will man eine Entscheidung zu seinen Gunsten beeinflussen und deshalb mit der zuständigen Behörde vorab Kontakt aufnehmen, müsste man sich im Beispielsfall direkt an das Regierungspräsidium Karlsruhe wenden.

Die Ausländerbehörden entscheiden über eine Vielzahl aufenthaltsrechtlicher Anträge selbst. Wenn nicht zuvor bereits ein Asylantrag gestellt worden ist, werden auch Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG von der Ausländerbehörde geprüft. Die Ausländerbehörden entscheiden zum Teil über die Erteilung von Beschäftigungserlaubnissen (bei Menschen mit Duldung entscheidet allerdings das Regierungspräsidium Karlsruhe). Aufenthaltspapiere werden von den Ausländerbehörden ausgestellt bzw. verlängert.

Die Aufgaben und Bezeichnungen der unteren Ausländerbehörden können örtlich variieren (z.B. „Amt für Ausländerwesen“, „Ausländeramt-Amt für Zuwanderung“). Jede untere Ausländerbehörde hat einen Internetauftritt, über den Aufgaben, Öffnungszeiten usw. eingesehen werden können.

III. Verwaltungsgerichtsbarkeit

Verwaltungsgerichte
In Baden-Württemberg gibt es vier erstinstanzliche Verwaltungsgerichte (VG) und zwar in Karlsruhe, Stuttgart, Freiburg und Sigmaringen. Vereinfacht dargestellt sind die Verwaltungsgerichte für Streitigkeiten zwischen Bürger*innen und dem Staat, d.h. in der Regel staatlichen Behörden, zuständig. Dies beinhaltet neben dem Asyl- und Ausländerrecht beispielsweise auch Streitigkeiten im öffentlichen Baurecht, im Gewerbe- und Gaststättenrecht, im Jugendhilferecht, Polizeirecht oder Straßenrecht. Gegen jede behördliche Entscheidung, die eine Person belastet, steht der Rechtsweg zu den Gerichten offen, der innerhalb bestimmter Fristen beschritten werden muss. In asylrechtlichen Streitigkeiten ergeben sich diese aus dem AsylG, in aufenthaltsrechtlichen Streitigkeiten aus der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). In der Praxis ergeben sich die einzuhaltende Frist und das zuständige Gericht aus der Rechtsbehelfsbelehrung, die (negativen) Bescheiden angehängt sein sollte; fehlt sie, beträgt die Frist in der Regel ein Jahr ab Kenntnis der Entscheidung. Für Einzelheiten zu den Rechtsbehelfen im Asylverfahren siehe >> Ablehnungsformen.

Verwaltungsgerichtshof
Den Verwaltungsgerichten ist in Baden-Württemberg der sog. Verwaltungsgerichtshof (VGH) übergeordnet, der seinen Sitz in Mannheim hat. Der VGH ist das höchste Verwaltungsgericht des Landes Baden-Württemberg. Der VGH ist unter anderem für Berufungen gegen Urteile der Verwaltungsgerichte zuständig, die in asylrechtlichen Streitigkeiten aber stets erst mit einem Antrag auf Zulassung der Berufung „erkämpft“ werden muss. Da der VGH die Berufung nur aus ganz bestimmten Gründen zulassen darf, findet eine inhaltliche Kontrolle der erstinstanzlichen Entscheidung in asylrechtlichen Streitigkeiten häufig nicht statt, auch wenn Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des VG bestehen.

Dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg sowie den Obergerichten der anderen Bundesländer, die dort manchmal Oberverwaltungsgerichte (OVG) heißen, ist das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) übergeordnet.


Sozialleistungen

Wenn das eigene Einkommen oder Vermögen nicht ausreicht oder nicht vorhanden ist, hat man in Deutschland Anspruch auf Sozialleistungen. Denn der deutsche Staat hat sich verpflichtet, Hilfebedürftigen ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten (Artikel 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 GG). Für Asylsuchende, Geduldete und einige weitere Gruppen sind die Sozialleistungen im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geregelt. Die Leistungen werden in Baden-Württemberg von der unteren Aufnahmebehörde des zuständigen Land- oder Stadtkreises, meist „Sozialamt“ genannt, gewährt. Anerkannte Geflüchtete, also Personen mit einer Asylberechtigung, Flüchtlingseigenschaft, subsidiärem Schutz oder nationalem Abschiebungsverbot, fallen dagegen regelmäßig unter das SGB II (sog. Bürgergeld) oder SGB XII, beziehen also Leistungen vom Jobcenter oder Sozialhilfeträger („Sozialamt“) (>> Anerkennungsformen). Diese Personengruppe wird hier nicht behandelt. Leistungen im Rahmen der Gesundheitsversorgung finden sich im Beitrag >> Gesundheitsversorgung.

I. Leistungsbezug
II. Leistungseinschränkungen
III. „Sonstige“ Leistungen
IV. Leistungen für Bildung und Teilhabe für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene
V. Anrechnung von Einkommen und Vermögen

I. Leistungsbezug

Wer ist leistungsberechtigt?

Folgende Personen sind laut § 1 Absatz 1 AsylbLG leistungsberechtigt, wenn sie sich in Deutschland aufhalten und bedürftig sind:

  • Personen mit einer Aufenthaltsgestattung
  • Personen mit einer Duldung
  • Personen, die ein Asylgesuch geäußert haben
  • Sogenannte „Kontingentflüchtlinge“, die aufgrund eines Landesaufnahmeprogramms eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 1 AufenthG besitzen, die „wegen des Krieges in ihrem Heimatland“ erteilt wurde
  • Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG, die für einen vorübergehenden Aufenthalt aus humanitären Gründen erteilt wird. Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 2 unterfallen dagegen dem SGB II oder SGB XII.
  • Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 AufenthG. Diese wird erteilt, wenn eine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen auf absehbare Zeit nicht möglich ist. Dies gilt allerdings nur, wenn die Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung noch keine 18 Monate zurückliegt (nach 18 Monaten ist man im SGB II- oder SGB XII-Bezug).
  • Vollziehbar ausreisepflichtige Personen (ohne Duldung)
  • Ehegatten, Lebenspartner*innen und minderjährige Kinder aller vorgenannten Gruppen, und
  • Asylfolgeantragsteller*innen

Wann endet der Leistungsbezug?

Bei Ausreise endet die Leistungsberechtigung sofort. Darüber hinaus endet sie bei Asylsuchenden, die eine Anerkennung im Asylverfahren bzw. eine Aufenthaltserlaubnis bekommen haben. Der Übergang vom AsylbLG zum SGB II/SGB XII geschieht in der Praxis häufig nicht reibungslos. Ab wann Personen einen Anspruch auf SGB II/SGB XII -Leistungen haben, können Sie in der Arbeitshilfe Soziale Rechte für Flüchtlinge nachlesen.

Wie hoch sind die Leistungen?

Im Asylbewerberleistungsgesetz wird zwischen zwei Leistungsgruppen unterschieden: Den Grund- und Analogleistungen.

Grundleistungen nach § 3 AsylbLG werden in den ersten 36 Monaten des Aufenthalts in Deutschland gewährt. Die Grundleistungen bestehen zum einen aus Leistungen zur Deckung des „notwendigen“ Bedarfs, der auch physisches Existenzminimum genannt wird. Dazu zählen die Bedarfe für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts (die Ausgaben für Haushaltsenergie und Wohnungsinstandhaltung, sog. Schönheitsreparaturen, werden gesondert erbracht).

Zum anderen gibt es Leistungen zur Deckung des „notwendigen persönlichen“ Bedarfs, auch soziokulturelles Existenzminimum genannt. Dazu zählen etwa bescheidene Leistungen für Freizeitaktivitäten.

Die Leistungssätze müssen jährlich angepasst werden (§ 3a Absatz 4 AsylbLG). Ihre Höhe unterscheidet sich, je nachdem, in welche Regelbedarfsstufe (RS) man fällt. Für 2025 gelten folgende Leistungssätze:

 Grundleistungen notwendiger BedarfGrundleistungen notwendiger persönlicher BedarfGrundleistungen insgesamt
RS 1: Alleinstehende / alleinerziehende Erwachsene245 €196 €441 €
RS 2: Paare in gemeinsamer Wohnung /Alleinstehende in Gemeinschaftsunterkunft* bitte klagen!220 €177 €397 €
RS 3: Haushaltsangehörige Erwachsene196 €157 €353 €
RS 4: Jugendliche 14-17 Jahre258 €133 €391 €
RS 5: Kinder 6-13 Jahre196 €131 €327 €
RS 6: Kinder bis 5 Jahre173 €126 €299 €


Die Berechnung des Bedarfs erfolgt in Anlehnung an die Höhe der Regelsätze im SGB II. Insgesamt fallen die Grundleistungen nach dem AsylbLG aber fast 20 Prozent niedriger als jene nach dem SGB II oder SGB XII aus. Der Grund hierfür ist, dass bestimmte Positionen aus dem Regelbedarf herausgerechnet werden, da sie entweder gesondert erbracht werden müssen (wie z.B. Hausrat) oder für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG Minderbedarfe angenommen werden (z.B. Kosten für Datenverarbeitungsgeräte, Fernseher, Musikinstrumente usw.).

Die Leistungen werden nicht in allen Fällen bar ausgezahlt. In welcher Form die Grundleistung erbracht wird, hängt von der Unterbringungsform ab (>> Unterbringung und Wohnen):

  • Solange eine asylsuchende Person in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht ist, wird der notwendige Bedarf vollständig durch Sachleistungen gedeckt. Der notwendige persönliche Bedarf soll ebenfalls in Sachleistungen gewährt werden, soweit dies „mit vertretbarem Verwaltungsaufwand“ möglich ist, andernfalls können Wertgutscheine, unbare Abrechnungen oder Geldleistungen genutzt werden (§ 3 Absatz 2 AsylbLG). In Baden-Württemberg erhalten die Personen einen Barbetrag von maximal 132 Euro pro Monat.
  • Bei einer Unterbringung außerhalb von Erstaufnahmeeinrichtungen soll der notwendige Bedarf vorrangig in Geldleistungen erbracht werden (§ 3 Absatz 3 Satz 1 AsylbLG). Falls die Umstände dies erfordern (z.B. im Missbrauchsfall), kann jedoch auch hier auf unbare Abrechnungen oder Gutscheine zurückgegriffen werden. Gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht wird der Bedarf für Unterkunft, Heizung, Haushaltsenergie, Wohnungsinstandhaltung und Hausrat. Der Begriff „Hausrat“ bezeichnet alles, was in einem Haushalt zur Einrichtung, dem Gebrauch oder Verbrauch dient, also z.B. Möbel, Haushalts- und Kochgeräte sowie Putz- und Waschmittel. Hausrat wird in der Gemeinschaftsunterkunft meist als Sachleistung erbracht. Beim Umzug in eine Wohnung oder eine Unterkunft ohne Möbel usw. besteht ein Anspruch auf Leistungen für die Erstausstattung und später für den laufenden Bedarf bzw. den Ersatz von defekten Gegenständen. Bei dezentraler Warmwasseraufbereitung sind zusätzlich auch die Warmwasserkosten zu übernehmen. Der notwendige persönliche Bedarf ist bar zu erbringen, in Gemeinschaftsunterkünften ist es jedoch auch zulässig, ihn soweit wie möglich als Sachleistung zu erbringen (§ 3 Absatz 3 Satz 6 AsylbLG).

Ab dem 37. Monat des Aufenthalts ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet erhalten AsylbLG-Leistungsberechtigte gemäß § 2 AsylbLG sog. Analogleistungen nach dem SGB XII. Die Leistungshöhe entspricht fortan Leistungen nach SGB II, dem sog. Bürgergeld. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Regelung ist, dass die Aufenthaltsdauer nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst wurde: So erhalten beispielsweise vollziehbar ausreisepflichtige Personen, die aufgrund von falschen Angaben zu ihrer Identität nicht abgeschoben werden können, häufig keine Analogleistungen. Nicht als rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer gilt die Verweigerung einer freiwilligen Ausreise. Außerdem müssen betroffene Leistungsberechtigte das rechtsmissbräuchliche Verhalten selbst zu verantworten haben, d.h. Kindern dürfen Analogleistungen nicht unter Hinweis auf das Verhalten ihrer Eltern verweigert werden.

Exkurs: Regelbedarfsstufe 2 für Alleinstehende in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften: Bitte klagen!

Seit dem 1.9.2019 werden Alleinstehende, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, in Regelbedarfsstufe 2 statt in Regelbedarfsstufe 1, eingruppiert (§ 3a Absatz 2 Nummer 2b AsylbLG). Der Gesetzgeber hat dies damit gerechtfertigt, dass die Menschen in einer sog. Schicksalsgemeinschaft leben und daher erwartet werden könne, dass diese Personen in bestimmten Bereichen gemeinsam wirtschaften und somit Einspareffekte erzielen. Das Bundesverfassungsgericht entschied am 19.10.2022 – 1 BvL 3/21, dass die Herabstufung von der gleichen Personengruppe, die Analogleistungen beziehen (§ 2 Absatz 1 Satz  4 Nr. 1 AsylbLG), verfassungswidrig ist. Für Grundleistungsbezieher*innen gibt es zwar noch keine Entscheidung des Gerichts; es spricht jedoch alles dafür, dass auch hier die Herabstufung gegen das Grundgesetz verstößt. Solange die Alleinstehenden in Gemeinschaftsunterkünften weiterhin Leistungen nach Regelbedarfsstufe 2 beziehen, sollten sie unbedingt dagegen Widerspruch einlegen und klagen.

Weitere Informationen:

Kann Arbeitslosengeld I nach vorheriger Erwerbstätigkeit bezogen werden?

Auch Asylsuchende und Geduldete können Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I) haben und zwar wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen (siehe SGB III viertes Kapitel erster Abschnitt):

  • sozialversicherungspflichtige Beschäftigung über mindestens 12 Monate innerhalb der letzten zwei Jahre,
  • Person bemüht sich, wieder Arbeit zu finden,
  • Person steht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung,
  • Arbeitslosmeldung

Personen, denen die Ausländerbehörde keine Beschäftigungserlaubnis erteilen darf, können kein ALG I erhalten (siehe Fachliche Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 138 SGB III). Denn Maßnahmen der Agentur für Arbeit, diese Personen in eine Arbeit zu vermitteln, sind von vornherein aussichtslos. Die betrifft vor allem Fälle des § 60a Absatz 6 AufenthG und Personen, die eine Duldung für Personen mit ungeklärter Identität nach § 60b AufenthG („Duldung light“) besitzen. Umgangssprachlich sagt man auch, dass diese Menschen einem „Arbeitsverbot“ unterliegen (>> Arbeit und Ausbildung).

Personen, denen eine Erwerbstätigkeit durch die Ausländerbehörde erlaubt werden könnte, können ALG I beanspruchen (§ 4a Absatz 4 AufenthG). Die Bezugsdauer von ALG I liegt in der Regel zwischen sechs und zwölf Monaten. Nach Ablauf dieser Zeitspanne haben Asylsuchende und Geduldete keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Bürgergeld), sondern sind wieder leistungsberechtigt nach dem AsylbLG. Eigentlich sind Asylbewerberleistungen von Amts wegen zu gewähren, sicherheitshalber sollte aber ein Antrag gestellt werden.

II. Leistungseinschränkungen

Die Grundleistungen können in bestimmten Fällen eingeschränkt werden. Inwieweit Leistungseinschränkungen im AsylbLG auch auf Analogleistungsbezieher*innen angewandt werden können, ist umstritten (SG Duisburg, Urteil vom 21.10.2020 – S 48 AY 46/20 ER). Es gibt circa 20 verschiedene Konstellationen, in denen Personen eingeschränkte Leistungen erhalten. Die meisten davon sind in § 1a AsylbLG geregelt. Die Leistungsbehörde muss jedoch in allen Fällen spätestens nach sechs Monaten prüfen, ob die Voraussetzungen für Leistungseinschränkungen weiter vorliegen (§ 14 AsylbLG).

Eingeschränkte Leistungen bedeuten, dass es nur noch einen Anspruch auf Sachleistungen für Unterkunft (einschließlich Heizung), Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege gibt. Unter besonderen Umständen kann ein darüberhinausgehender Mehrbedarf im Bereich des notwendigen Bedarfs bewilligt werden. Leistungen zur Deckung des soziokulturellen Existenzminimums werden gar nicht mehr erbracht mit Ausnahme der Leistungen zur Körperpflege. Auch besteht kein Anspruch mehr auf Leistungen nach den §2 § 2, § 3 und § 6 AsylbLG. Somit kommt es zu Kürzungen bis zu 47 % der Grundleistungen, weshalb erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bestehen.

Dies sind die häufigsten Konstellationen von Leistungseinschränkungen:

  • Geduldete sowie sonstige vollziehbar ausreisepflichtige Personen, die (anscheinend) nur einreisten, um Sozialleistungen zu beziehen (§ 1a Absatz 2 AsylbLG). Dieses Motiv ist von der Leistungsbehörde nachzuweisen. Grundlage für die Annahme eines solchen Missbrauchs kann etwa der Vortrag in der Asylanhörung sein, allein aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland eingereist zu sein.
  • Geduldete sowie sonstige vollziehbar ausreisepflichtige Personen, bei denen aus selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können (§ 1a Absatz 3 AsylbLG). Häufiges Beispiel ist die Nichtmitwirkung bei der Beschaffung von für die Abschiebung erforderlichen Dokumenten, z.B. eines Passes. Generell gilt jedoch, dass das selbst verschuldete Ausreisehindernis die alleinige Ursache für die Unmöglichkeit der Ausreise sein muss. Wenn beispielsweise für die Ausreise nötige Papiere nicht beantragt werden und gleichzeitig eine schwere Erkrankung vorliegt, die die Abschiebung unmöglich macht, ist eine Leistungskürzung nicht rechtmäßig. Dasselbe gilt, wenn das Herkunftsland generell oder in absehbarer Zeit nicht aufnahmebereit ist.
  • Personen, die eben erst ein Asylgesuch geäußert haben, Personen mit einer Aufenthaltsgestattung und Asylfolgeantragsteller*innen, die bestimmten Mitwirkungshandlungen während des Asylverfahrens selbstverschuldet nicht nachkommen. Beispielsweise wenn der Termin zur Asylantragstellung nicht wahrgenommen wurde oder Angaben über die Identität verweigert wurden etc. (§ 1a Absatz 5 AsylbLG).
  • Leistungsberechtigte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das vor Eintritt von Leistungen aufgebraucht werden muss, nicht angegeben haben oder nicht unverzüglich mitteilen und folglich zu Unrecht Leistungen bezogen haben (§ 1a Absatz 6 AsylbLG).
  • Personen, die einer (rechtmäßigen) Verpflichtung durch die Sozialbehörde zur Wahrnehmung einer Arbeitsgelegenheit für 0,80 €/Stunde nach § 5 AsylbLG nicht nachkommen.
  • Leistungsberechtigte, die der Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs nicht nachkommen (§ 5b AsylbLG).
  • Personen, die sich entgegen einer räumlichen Beschränkung oder einer Wohnsitzauflage an einem anderen Ort aufhalten, erhalten regelmäßig nur noch eine Beihilfe für die Rückreise zu ihrem rechtmäßigen Aufenthaltsort (§ 11 Absatz 2 AsylbLG).

Seit 1. September 2019 gibt es einen kompletten Leistungsausschluss mit wenigen Ausnahmen für vollziehbar ausreisepflichtige Personen, die in einem anderen Dublin-Anwenderstaat internationalen Schutz erhalten haben (§ 1 Absatz 4 AsylbLG). In Baden-Württemberg findet der Leistungsausschluss so gut wie keine Anwendung, da fast alle Personen eine Duldung nach § 60a AufenthG erhalten und somit nicht mehr unter den Ausschluss fallen.

Wichtig: Vor einer Leistungseinschränkung ist der betroffenen Person in jedem Fall Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen, die unbedingt genutzt werden sollte. Gegen eine Leistungskürzung können Widerspruch und Klage eingereicht werden. Beide Rechtsmittel haben jedoch keine aufschiebende Wirkung (§ 11 Absatz 4 AsylbLG). Um schnell die regulären existenzsichernden Leistungen zu erhalten, kann parallel ein Eilantrag beim zuständigen Sozialgericht gestellt werden. Tipps für Widerspruch und Klage finden sich in der Handreichung von Anja Lederer. Anwält*innen finden sich bei Mit Recht zum Recht.

Weitere Informationen:

III. „Sonstige“ Leistungen

Sonstige Leistungen können insbesondere dann gewährt werden, wenn sie „im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten oder zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind“ (§ 6 AsylbLG). Besonders bei medizinischen Behandlungen, die mit Verweis auf § 4 AsylbLG verweigert werden, empfiehlt es sich, auch den Anspruch nach § 6 AsylbLG prüfen zu lassen (>> Gesundheitsversorgung). Daneben können unter die sonstigen Leistungen u.a. Eingliederungshilfen für Kinder und Erwachsene mit einer Behinderung, Leistungen zur ambulanten oder stationären Pflege, Bestattungskosten, Passbeschaffungskosten für Geduldete und Fahrten zur Botschaft sowie besondere Bedarfe aufgrund von Schwangerschaft und Geburt (z.B. Kosten für Kinderwagen und -bett) fallen. Nicht zu den Leistungen nach § 6 AsylbLG gehören die Kosten für Umstandskleidung und Erstausstattung mit Säuglingsbekleidung. Diese Gegenstände sind im Rahmen der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG in der Regel als Sachleistung oder durch Wertgutscheine zu gewähren. Abgesehen von § 6 AsylbLG können AsylbLG-Bezieherinnen auch Leistungen der „Bundesstiftung Mutter und Kind“ beantragen.

Personen, die unter eine Leistungseinschränkung fallen, werden sonstige Leistungen nicht gewährt.

IV. Leistungen für Bildung und Teilhabe für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene

Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die unter das AsylbLG fallen, haben Anspruch auf Bildungs- und Teilhabeleistungen entsprechend dem SGB XII (§ 3 Absatz 4 und § 2 Absatz 1 AsylbLG). Diese sind im sogenannten Bildungs- und Teilhabepaket festgeschrieben. Hiervon ausgenommen sind von einer Leistungseinschränkung betroffene Personen.

Um Bildungs- und Teilhabeleistungen zu beziehen, muss die asylsuchende Person, bei der die Kinder/Jugendlichen im Ausweisdokument aufgeführt werden, in der Regel einen Antrag bei der zuständigen Leistungsbehörde stellen und ihren AsylbLG-Bescheid vorlegen. Antragsformulare sollten vor Ort hinterlegt sein. Für jedes Kind bzw. jede*jeden Jugendliche*n muss ein eigener Antrag eingereicht werden, verschiedene Leistungen für die junge Person können jedoch gemeinsam beantragt werden. Es empfiehlt sich, im Antrag stets die Telefonnummer einer Person anzugeben, die sich auf Deutsch verständigen kann. Die Leistungen, die über das Bildungs- und Teilhabepaket beantragt werden können, sind im Einzelnen:

  • Kosten für die Teilnahme an Schul-/Kita-Ausflügen
  • Persönlicher Schulbedarf in Höhe von 150 € jährlich
  • Fahrtkosten von Schüler*innen zur Schule 
  • Kosten für eine ergänzende angemessene Lernförderung (Nachhilfe), die nicht ehrenamtlich organisiert ist.
  • Kosten für ein gemeinschaftliches Mittagessen in Schule oder Kita 
  • Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben (z.B. Aktivitäten in Vereinen, Musikunterricht, Freizeiten) in Höhe von bis zu 15 € pro Monat

Weitere Informationen:

V. Anrechnung von Einkommen und Vermögen

§ 7 AsylbLG regelt die Anrechnung von Vermögen und Einkommen auf den Grundleistungsanspruch nach §§ 3, 3a AsylbLG. Der Begriff „Einkommen“ bezeichnet Einkünfte in Geld oder Geldeswert, die jemandem in dem Zeitraum, in dem Sozialleistungen bewilligt sind, zufließen. „Vermögen“ sind Einkünfte in Geld und Geldeswert, die zum Beginn des jeweiligen Bewilligungszeitraums bereits vorhanden waren.

Vermögen und Einkommen müssen vor dem Bezug von Sozialleistungen zu einem gewissen Teil aufgebraucht werden. Allerdings müssen sie tatsächlich vorhanden und verfügbar sein, um angerechnet werden zu können. Für jedes Familienmitglied gilt jedoch ein Vermögensfreibetrag von 200 €, damit die Bildung von kleinen finanziellen Rücklagen möglich ist (§ 7 Absatz 5 AsylbLG). Wird bestehendes Vermögen nicht angegeben oder unverzüglich mitgeteilt, werden die Leistungen gekürzt (§ 1a Absatz 6 AsylbLG). Nicht als Einkommen gelten z.B. Renten, Beihilfen, Entschädigungsleistungen, (Mehr-)Aufwandsentschädigungen für Arbeitsgelegenheiten und Fahrtkostenzuschüsse vom BAMF zur Teilnahme an einem Integrationskurs oder berufsbezogenem Deutschkurs. Auch sind Nachzahlungen von zu Unrecht eingeschränkten Leistungen nicht als Einkommen zu werten.

Nimmt ein*eine Leistungsempfänger*in eine Erwerbstätigkeit auf, so wird das Einkommen auf die Geldleistungen nach dem AsylbLG angerechnet. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit muss dem Sozialamt innerhalb von drei Tagen nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit gemeldet werden (§ 8a AsylbLG). Es gibt pro Person einen Freibetrag vom Erwerbseinkommen. Dieser beträgt 25 Prozent vom Bruttoeinkommen, höchstens aber 50 Prozent des jeweiligen Regelbedarfs. Im Jahr 2023 kann eine alleinstehende Person in einer selbst angemieteten Wohnung maximal 205 € verdienen, ohne dass es zu einer Verrechnung mit den AsylbLG-Leistungen kommt. Vom Einkommen absetzbar sind Steuern, Sozialabgaben sowie mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben, wie beispielsweise die Werbungskostenpauschale. Darüber hinaus können maximal monatlich 250 € Aufwandsentschädigung aus bestimmten ehrenamtlichen Nebentätigkeiten unberücksichtigt bleiben. Ebenso können ggf. Beiträge zu Versicherungen und Ausgaben, die mit der ehrenamtlichen Tätigkeit verbunden sind, vom Einkommen abgesetzt werden (§ 7 Absatz 3 Satz 4 AsylbLG).

Verdient eine in einer Gemeinschaftsunterkunft lebende Person, die AsylbLG-Leistungen erhält, selbst Geld, müssen ggf. die anfallenden Kosten (Gebühren) für Unterkunft, Heizung und Haushaltsenergie getragen werden. Das sind Pauschalbeträge, die in Baden-Württemberg durch die jeweiligen Landratsämter oder Bürgermeisterämter per Gebührenverordnung bzw. Satzung festgesetzt werden (§ 9 Absatz 5 Satz 4 FlüAG). Teilweise fallen so erhebliche Pauschalbeträge an.

Weiterführende Informationen:


BVerwG: Abgabe einer Reuerklärung unzumutbar

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied am 11.10.2022, dass ein eritreischer Staatsangehöriger Anspruch auf einen Reiseausweis für Ausländer hat, weil es ihm nicht zumutbar ist, eine „Reueerklärung“ zu unterzeichnen (Az. 1 C 9.21). Die Ausstellung des Reiseausweises dürfe dem Urteil entsprechend nicht mit der Begründung verweigert werden, die Person könne einen Pass ihres Herkunftsstaates auf zumutbare Weise erlangen, wenn der Herkunftsstaat (hier: Eritrea) die Ausstellung eines Passes an die Unterzeichnung einer „Reueerklärung“ knüpft, die mit der Selbstbezichtigung einer Straftat verbunden ist, und die betroffene Person plausibel darlegt, dass sie die Erklärung nicht abgeben will.

Weitere hilfreiche Informationen zu dem Urteil finden Sie hier:


Sofortiger Stopp aller Abschiebungen in den Iran!

Gemeinsame Pressemitteilung von PRO ASYL und den Landesflüchtlingsräten

PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte bekräftigen mit Blick auf die eskalierende Gewalt gegenüber Demonstrierenden durch das iranische Regime die Forderung nach dem Stopp aller Abschiebungen in den Iran. Niedersachsen geht mit gutem Beispiel voran.

Seit dem Tod der 22-jährigen Jîna (Mahsa) Amînî, die am 13. September verhaftet wurde, weil sie ihr Kopftuch nicht ordentlich getragen haben soll, breiten sich ausgehend von ihrer Heimatstadt Saqqez in vielen Teilen des Irans und Ostkurdistans Proteste gegen das unterdrückerische Ajatollah-Regime aus. Diese werden vorrangig von Frauen, LGBTIQ-Aktivist*innen, Schüler*innen und Student*innen, Arbeiter*innen und vielen weiteren marginalisierten Gruppen angestoßen, organisiert und durchgeführt. Das iranische Regime reagiert mit brutaler Gewalt. Seit Beginn der Aufstände wurden bereits Hunderte Menschen ermordet sowie Tausende Protestierende verschleppt und inhaftiert.

„Das Regime im Iran zeigt weiterhin, wie menschenverachtend und brutal es ist. Auf Protestierende wird geschossen, sie werden verschleppt und inhaftiert, gefoltert und getötet. Es reicht nicht, dass sich sämtliche Politik*innen mit den mutigen Menschen im Iran und Ostkurdistan solidarisieren. Sie müssen auch konkret dafür sorgen, dass niemand diesem Regime durch Abschiebung ausgeliefert wird“, fordert Nazanin Ghafouri vom Flüchtlingsrat Bremen.

PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte fordern: Die Bundesländer sollten vorangehen und nicht auf die Bundesregierung warten. Jede Landesregierung kann und muss sofort Abschiebungen aussetzen – spätestens bei der Innenminister*innenkonferenz im Dezember muss ein formaler Abschiebungsstopp beschlossen werden. Dass solch klare Entscheidungen notwendig sind, zeigte sich kürzlich in Bayern [2], wo am 29. September ein Iraner bei einem Termin in der Ausländerbehörde inhaftiert wurde, um abgeschoben zu werden.

Niedersachsens Innenminister hat heute Abschiebungsstopp angekündigt

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius hat heute angekündigt, dass Niedersachsen keine Abschiebungen mehr durchführen wird und er das Thema für die Innenministerkonferenz anmelden will. Auch Schleswig-Holstein will sich beim Bund für einen landesweiten Abschiebungsstopp einsetzen.

„Diese ersten Initiativen aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind wichtig, die anderen Bundesländer müssen direkt nachziehen. Angesichts einer bislang restriktiven Entscheidungspraxis bei Asylanträgen von iranischen Asylsuchenden leben Tausende mit Duldung in Deutschland. Für diese Menschen braucht es dringend aufenthaltsrechtliche Sicherheit. Niemand kann mehr leugnen, dass die iranische Regierung ein verbrecherisches Regime ist“, ergänzt Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL.

Hintergrund

Iran zählt zu den zehn zugangsstärksten Herkunftsländern von Asylsuchenden in Deutschland (im 1. Halbjahr 2022 mit 1.925 Asylerstanträgen, BAMF Schlüsselzahlen Asyl 2022 [3]). Die Anerkennungsquote für Iraner*innen im Asylverfahren liegt bei etwa 30 Prozent (bereinigte Schutzquote knapp 50 Prozent, Bundestag Drs. 20/2309 [4]). Mehr als 10.000 Iraner*innen in Deutschland leben mit dem prekären Status der Duldung, viele von ihnen unterliegen einem Arbeitsverbot (Bundestag Drs. 20/3201 [5]).

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Links:

[1] https://proasyl.gu-marketingsuite.com/Prod/link-tracker?redirectUrl=aHR0cHMlM0ElMkYlMkZ3d3cucHJvYXN5bC5kZSUyRg==&sig=D9KkzRuUk78Hc3E4j6PX8QLG95DoyACyKtcPqo4nbczR&iat=1665058900&a=%7C%7C1000402738%7C%7C&account=proasylde%2Eactivehosted%2Ecom&email=F5SFoHV9fYaWYQD3EzknA5Mq9%2FijNC4HvKea94OQk18%3D&s=09420557f3553fd86d8d305947fad5f1&i=447A653A8A5893
[2] https://proasyl.gu-marketingsuite.com/Prod/link-tracker?redirectUrl=aHR0cHMlM0ElMkYlMkZ3d3cuZmx1ZWNodGxpbmdzcmF0LWJheWVybi5kZSUyRmJlbG9nZW4tYmV0cm9nZW4tdW5kLWFiZ2VzY2hvYmVuJTJG&sig=3FnwUBb9DFZtpYvPvmtrX8KiZExn2jU6Tr5TyPqimoAW&iat=1665058900&a=%7C%7C1000402738%7C%7C&account=proasylde%2Eactivehosted%2Ecom&email=F5SFoHV9fYaWYQD3EzknA5Mq9%2FijNC4HvKea94OQk18%3D&s=09420557f3553fd86d8d305947fad5f1&i=447A653A8A5894
[3] https://proasyl.gu-marketingsuite.com/Prod/link-tracker?redirectUrl=aHR0cHMlM0ElMkYlMkZ3d3cuYmFtZi5kZSUyRlNoYXJlZERvY3MlMkZBbmxhZ2VuJTJGREUlMkZTdGF0aXN0aWslMkZTY2hsdWVzc2VsemFobGVuQXN5bCUyRmZseWVyLXNjaGx1ZXNzZWx6YWhsZW4tYXN5bC1oYWxiamFoci0yMDIyLnBkZiUzRl9fYmxvYiUzRHB1YmxpY2F0aW9uRmlsZSUyNnYlM0Q1&sig=DL1dwpp9jdWPvdEVPg1ciqDKyR2JHivFs3dhhoiuhV1x&iat=1664354129&a=%7C%7C1000402738%7C%7C&account=proasylde%2Eactivehosted%2Ecom&email=F5SFoHV9fYaWYQD3EzknA5Mq9%2FijNC4HvKea94OQk18%3D&s=09420557f3553fd86d8d305947fad5f1&i=443A649A8A5864
[4] https://proasyl.gu-marketingsuite.com/Prod/link-tracker?redirectUrl=aHR0cHMlM0ElMkYlMkZkc2VydmVyLmJ1bmRlc3RhZy5kZSUyRmJ0ZCUyRjIwJTJGMDIzJTJGMjAwMjMwOS5wZGY=&sig=7b8xuP2WG2UfqBRhCBounpZfWV5z9bV5naeUjnmAdQd1&iat=1664354129&a=%7C%7C1000402738%7C%7C&account=proasylde%2Eactivehosted%2Ecom&email=F5SFoHV9fYaWYQD3EzknA5Mq9%2FijNC4HvKea94OQk18%3D&s=09420557f3553fd86d8d305947fad5f1&i=443A649A8A5865
[5] https://proasyl.gu-marketingsuite.com/Prod/link-tracker?redirectUrl=aHR0cHMlM0ElMkYlMkZkc2VydmVyLmJ1bmRlc3RhZy5kZSUyRmJ0ZCUyRjIwJTJGMDMyJTJGMjAwMzIwMS5wZGY=&sig=95hKGdGptxSFc3jDsigZCRr6EJJ2pSBMPNiRvQ9Gpsrq&iat=1664354129&a=%7C%7C1000402738%7C%7C&account=proasylde%2Eactivehosted%2Ecom&email=F5SFoHV9fYaWYQD3EzknA5Mq9%2FijNC4HvKea94OQk18%3D&s=09420557f3553fd86d8d305947fad5f1&i=443A649A8A5866


Afghanische Botschaft: Keine Annahme von neuen Anträgen auf Pässe und Tazkiras

Bundesinnenministerium zur Verbalnote der Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan in Deutschland

Das Bundesinnenministerium (BMI) hat allen zuständigen Landesstellen gegenüber per E-Mail am 02.09.2022 die letzte Verbalnote der afghanischen Botschaft in Deutschland vom 28. Juli zugesendet und folgende Erklärung abgegeben:

„Mit anliegender Verbalnote informiert die Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan in Berlin darüber, dass derzeit die Botschaft und die Generalkonsulate der Islamischen Republik Afghanistan in Deutschland grundsätzlich keine neuen Passanträge annehmen können.

Aufgrund dieser Informationen der afghanischen Botschaft ist die Beschaffung neuer Reisepässe derzeit auf absehbare Zeit nicht möglich und daher nicht zumutbar.

Sofern Bescheinigungen über die Nichtausstellung von neuen Pässen den Antragsteller*innen erteilt werden, sind diese für die Prüfung der Zumutbarkeit der Passbeschaffung heranzuziehen.

In den Fällen, in denen eine Verlängerung des afghanischen Passes nicht in Betracht kommt und auch kein Ausnahmefall einer Passausstellung gegeben ist, sind die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eines Passersatzes, wie die Ausstellung eines Ausweisersatzes oder Reiseausweises für Ausländer, zu nutzen.“

Diese Anweisungen sind begrüßenswert und überfällig. Die gleichen Erklärungen wurden seitens der Botschaft wiederholt seit Ende letzten Jahres herausgegeben und bereits im Februar urteilte das Verwaltungsgericht Trier, die Passbeschaffung für Afghan*innen sei unzumutbar.

Bislang haben die Ausländerbehörden in aller Regel restriktiv über Anträge von Afghan*innen auf die Ausstellung eines Reisepasses für Ausländer entschieden. Die neue Mitteilung aus dem BMI sorgt hoffentlich für ein Umdenken in der Praxis der Behörden.

  • Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan in Deutschland, Juli 2022: Verbalnote


BMI: Auch nach Weiterwanderung aus anderem EU-Staat Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG

In der Beratung kommt immer wieder die Frage auf, ob aus der Ukraine geflohene Personen, die bereits in einem anderen Mitgliedsstaat den vorübergehenden Schutz erhalten haben, danach auch nach Deutschland umziehen können und hier (auch) den vorübergehenden Schutz beanspruchen können. In einem Rundschreiben vom 8. August stellt das BMI Folgendes klar:

  • Auch Personen, die bereits in einem anderen Mitgliedsstaat vorübergehenden Schutz haben, haben nach einer Weiterwanderung nach Deutschland Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.
  • Wenn umgekehrt Personen, die vorübergehenden Schutz in Deutschland genießen, in einem anderen Mitgliedsstaat vorübergehenden Schutz beantragen, erlischt zwar der vorübergehende Schutz selbst in Deutschland nicht automatisch, aber die Aufenthaltserlaubnis erlischt gemäß § 51 Absatz 1 Nummer 6 AufenthG sofort (und nicht erst nach sechs Monaten), da damit ein „dauerhafter Fortzugswille“ zum Ausdruck gebracht worden sei und es sich nicht nur um eine vorübergehende Ausreise handele.
  • Wenn eine Person, die in Deutschland vorübergehenden Schutz genießt, dauerhaft in die Ukraine zurückkehrt, droht ebenfalls das Erlöschen des Aufenthaltstitels. Bei einer von vornherein nur vorübergehend geplanten Reise in die Ukraine erlischt der Titel hingegen erst nach sechs Monaten Abwesenheit aus Deutschland (§ 51 Absatz 1 Nrummer 7 AufenthG). Man kann bei der ABH auch eine längere Frist als sechs Monate beantragen.


Praktikant*in ab Mitte Oktober gesucht

Wir suchen ab Mitte Oktober ein*e Praktikant*in für den maximalen Zeitraum von drei Monaten. Für ein Vollzeitpraktikum zahlen wir eine Aufwandsentschädigung von 400 €. Teilzeitpraktika sind nach Absprache mit geringerer Aufwandsentschädigung möglich.

Das Praktikum umfasst folgende Tätigkeiten:

  • Einblick in die Arbeit des Flüchtlingsrats (Fortbildungen, Fachtagungen, Beratung, Vernetzungsveranstaltungen etc.)
  • Länderspezifische Recherchen und Öffentlichkeitsarbeit
  • Unterstützung in IT-Fragen, Büromanagement und -verwaltung
  • Mitarbeit beim Verfassen unserer Publikationen (Newsletter, Magazin „Perspektive“, verschiedene Flyer etc.)
  • ggf. Unterstützung als Übersetzer*in

Wir freuen uns besonders über Bewerbungen von Menschen mit Fluchthintergrund.

Wenn Sie Interesse haben, schreiben Sie uns gerne unter info@fluechtlingsrat-bw.de.