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Kommunalwahlen in Baden-Württemberg

Am 9. Juni sind nicht nur Europawahlen, sondern auch Kommunalwahlen in Baden-Württemberg. Für die nächsten fünf Jahre werden Gemeinde- bzw. Ortschaftsräte, Kreisräte und Mitglieder der Regionalversammlung Stuttgart gewählt. Asylpolitik wird zwar zum großen Teil auf Europa- oder Bundesebene gemacht. Doch auch Kommunalpolitiker*innen treffen Entscheidungen, die Einfluss auf die Lebensbedingungen geflüchteter Menschen haben. Kommt daher jetzt mit Lokalpolitiker*innen bei euch vor Ort ins Gespräch. Setzt euch dafür ein, dass in eurer Stadt oder eurer Gemeinde Spielräume im Sinne geflüchteter Menschen genutzt werden. In diesem Artikel haben wir verschiedene Möglichkeiten gesammelt, wie Kommunalpolitiker*innen die Lebensbedingungen geflüchteter Menschen verbessern können.

Menschenwürdige Unterbringungsbedingungen schaffen

Im Jahr 2023 haben in Baden-Württemberg knapp über 36 000 Menschen (vor allem aus der Türkei, Syrien und Afghanistan) einen Asylantrag gestellt. Außerdem haben seit Beginn des Angriffskriegs Russlands im Februar 2022 über 190 000 Schutzsuchende aus der Ukraine ihren Weg nach Baden-Württemberg gefunden. Dass ein Anstieg der Zugangszahlen Kommunen vor Herausforderungen stellt, ist kein neues Phänomen. Dennoch sind die Versorgungslagen in den Kommunen weitaus heterogener, als das in der mit großer Vehemenz geführten öffentlichen Debatte zur Unterbringung und der damit verbundenen Forderung nach Aufnahmestopps suggeriert wurde: „Die Spanne reicht von öffentlich beklagtem Notstand, herausfordernden, aber dennoch leistbaren Anforderungen, bis hin zu relativ entspannten Situationen, weit entfernt von einer Überlastung“, heißt es in einer Expertise vom Mediendienst Integration aus dem Juli 2023. Diese zeigt auf, dass es Kommunen, die besonders aktiv, kommunikativ geschickt und flexibel vorgehen, gut gelingt, bei Bedarf zügig neue Unterkünfte zu akquirieren. Kommunen können zum Beispiel Reserveplätze in Unterkünften freihalten, sich gut mit Wohnungsbaugesellschaften vernetzen, sich um ein solides Datenmanagement bemühen und Auszugskonzepte erarbeiten. Auch in Zeiten sinkender Zugangszahlen muss das Thema Unterbringung konstruktiv angegangen werden und kurzfristige Notlösungen müssen durch menschenwürdige Unterbringungsformen ersetzt werden, die das Recht auf Privatsphäre und freie Entfaltung der Persönlichkeit ebenso gewährleisten wie den Schutz besonders vulnerabler Personengruppen. Um gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, ist es unerlässlich, dass Unterkünfte mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind und dass es in den Unterkünften freies WLAN gibt.

Ausländerbehörden entlasten

Mehrere Monate Wartezeit, nicht angetretene Jobs, die dauerhafte Angst vor der Abschiebung – unzählige Menschen in Deutschland leiden darunter, dass sich in den Ausländerbehörden die Anträge stapeln. Doch auch an dieser Stelle können die Kommunen eine zentrale Rolle spielen, indem sie unnötig komplizierte Abläufe vereinfachen. Nebenbei werden dadurch denjenigen die Argumente entzogen, die auf Überlastung verweisen, um ihren Forderungen nach noch mehr Abschottungspolitik Nachdruck zu verleihen. Untere Ausländerbehörden sind in Baden-Württemberg in den Landkreisen die Landratsämter bzw. die Gemeindeverwaltungen in den kreisangehörigen und kreisfreien Städten. Die Kommunen können verschiedene Maßnahmen zur kurzfristigen und langfristigen Entlastung der Ausländerbehörden vornehmen und so dafür sorgen, die Lebensrealitäten geflüchteter Menschen in Baden-Württemberg zu verbessern. So kann beispielsweise die Anzahl an Terminen bei der Ausländerbehörde reduziert werden, indem Duldungen und Aufenthaltserlaubnisse für eine im Rahmen der gesetzlichen Spielräume längstmögliche Gültigkeitsdauer ausgestellt werden. Auch bei der Wohnsitzauflage können Abläufe vereinfacht werden. Zum Beispiel ist eine Beteiligung von zwei Behörden, wenn gestattete oder geduldete Person mit Wohnsitzauflage umziehen möchten, anders als bei der Wohnsitzauflage nach § 12a AufenthG für Personen mit Aufenthaltserlaubnis, gesetzlich nicht vorgesehen und deshalb unzulässig. Dennoch wird in der aktuellen Praxis in der Regel sowohl die Ausländerbehörde am aktuellen Wohnort als auch die am Zuzugsort involviert. Außerdem können die Ausländerbehörden durch die Implementierung digitaler Akteneinsicht, den Gebrauch von einfacher Sprache in der Kommunikation mit Geflüchteten, sowie rassismuskritische und aufenthaltsrechtliche Schulungen für ihre Mitarbeitenden entlastet werden.

Schulbesuche und Kinderbetreuung sichern

Ähnlich wie beim Thema „Wohnen“ machen sich strukturelle Defizite und jahrelange Versäumnisse auch in der Kinderbetreuung bemerkbar und betreffen alle Menschen in Form von fehlenden Kapazitäten, die zu langen Wartezeiten führen. Ein mangelnder Ausbau der Schul- und Kinderbetreuungsplätze darf nicht zu Lasten geflüchteter Kinder gehen. Geflüchtete Kinder haben – wie alle anderen Kinder auch – ein Recht auf Bildung. Schulen und Kindergärten müssen zudem geschützte Orte für alle Kinder und Jugendlichen sein. Deshalb müssen sich die Kommunen dafür einsetzen, dass es keine Abschiebungen aus Bildungseinrichtungen geben wird. Vor allem im Interesse der Förderung der Teilhabe geflüchteter Eltern oder Alleinerziehender ist es wichtig, dass während der Integrations- und Sprachkurse Kinderbetreuung angeboten wird. Zudem müssen die Landkreise ausreichend Geld für psychosoziale Beratungsangebote sowie Kinder- und Jugendhilfe zur Verfügung stellen.

Ehrenamtliches Engagement fördern

Ehrenamtliche haben in den vergangenen Jahren enorm viel geleistet und damit auch die staatlichen Strukturen erheblich entlastet und teilweise vor dem Kollaps bewahrt. Es ist mehr als beachtlich, wie viele Menschen – mit oder ohne eigene Fluchterfahrung – weiterhin mit großem Engagement ehrenamtlich geflüchtete Menschen unterstützen. Viele Kommunen erkennen den Wert dieses Engagements an und sorgen dafür, dass die Ehrenamtlichen eingebunden und beteiligt werden und dass ihr Engagement unterstützt und gefördert wird. Sie stellen zum Beispiel Räume bereit, organisieren Fortbildungen und schaffen beziehungsweise erhalten Stellen für Koordinator*innen für ehrenamtliches Engagement. Andernorts haben Ehrenamtliche jedoch das Gefühl, dass die Städte, Gemeinden und Landkreise sie eher als lästig empfinden. Alle Kommunen sollten die Ehrenamtlichen als wichtige Akteur*innen sehen, ihr Engagement wertschätzen und vor allem auch praktisch unterstützen. Gleichzeitig sollten sie ihre Unabhängigkeit respektieren und ihnen Freiräume zur selbstbestimmten Entfaltung ihres Engagements lassen. Sie sollten sie auch nicht unter Druck setzen, wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt oder versuchen, sie zu Handlangern der Behörden zu machen.

Menschen über ihre aufenthaltsrechtlichen Möglichkeiten informieren

Anträge auf Asyl werden natürlich nicht auf kommunaler Ebene entschieden und für Duldungen ist zentral das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig. Doch lokale Ausländerbehörden entscheiden über Anträge auf Aufenthaltserlaubnisse, was zentral ist, wenn es zum Beispiel um Bleiberechtsregelungen geht. Ein großes Problem ist, dass viele derjenigen, die möglicherweise von diesen Regelungen profitieren könnten, nicht hinreichend informiert sind. Seit Anfang 2023 gibt es das Chancenaufenthaltsrecht (§ 104c AufenthG) – eine einmalige und befristete Aufenthaltserlaubnis für am 31.10.2022 seit fünf Jahren in Deutschland lebende und geduldete Personen, welche auch viele Menschen in Baden-Württemberg bereits erfolgreich beantragt haben. Doch um nach 18 Monaten nicht wieder in den prekären Status einer Duldung zurückzufallen, müssen Betroffene rechtzeitig über anschließende Bleiberechtsoptionen nach § 25a und § 25b AufenthG informiert werden. Die Kommunen sollen darauf achten, dass die Ausländerbehörden potenziell Betroffene in einer Art und Weise informieren, dass Informationen auch tatsächlich ankommen und verstanden werden können.

Rassistische Strukturen bekämpfen und Diversität fördern

Kommunen müssen das Signal aussenden, dass sie für alle Einwohner*innen da sind. Hierzu gehört die Förderung von rassismuskritischer Kompetenz des Personals in kommunalen Einrichtungen und Behörden, die mit entsprechenden Fortbildungen sensibilisiert und aufgeklärt werden müssen. Kommunen müssen auf einen respektvollen und wertschätzenden Umgang ihres Personals mit allen Menschen bestehen und Diskriminierung bekämpfen. Kommunen sollten sich auch als Arbeitgeber öffnen und bei Einstellungen darauf achten, die gesellschaftliche Diversität widerzuspiegeln. Mit verschiedenen Maßnahmen wie Praktika, Einstiegsqualifizierungen und Ausbildungen können Kommunen geflüchtete Menschen in ihren Bemühungen um gesellschaftliche Teilhabe im Bereich der Arbeit unterstützen. Die Organisation von Dolmetscher*innenpools auf lokaler Ebene ist ebenfalls eine wichtige Aufgabe. Ein weiteres Beispiel dafür, wie Kommunen ein Zeichen der Offenheit an Geflüchtete und neu Hinzugezogene aussenden können, sind mehrsprachige lokale Wegweiser, wie es sie an einigen Orten gibt.

Kommunalwahlen 2024: Wo ist die Stimme der Engagierten?

Für die am 9. Juni stattfindenden Kommunalwahlen werben Politiker*innen auf kommunaler Ebene um Stimmen. Alle, die mehr Einsatz für eine menschliche Geflüchtetenpolitik auf lokaler Ebene fordern, sollten diese Gelegenheit nutzen: Fragt eure Kandidat*innen, wie sie die in dieser Mail genannten Spielräume nutzen möchten. Überlegt euch, welche Kommunalpolitiker*innen und Bewerber*innen in den letzten Jahren dazu beigetragen haben, die Lebensbedingungen geflüchteter Menschen in Baden-Württemberg zu verbessern. Ermutigt andere Engagierte und Personen aus eurem Umfeld, das Gleiche zu tun! Tragt so dazu bei, dass in den kommenden fünf Jahren in den Gemeinderäten und Kreistagen Baden-Württembergs eine starke Stimme für eine menschliche Geflüchtetenpolitik vertreten ist!


Weinstadt: Jubiläumsfeier des Integrationsvereins Weinstadt e.V.

Seit 2014 haben sich der Freundeskreis Asyl und ab 2016 der Integrationsverein Weinstadt e.V. die Hilfe für geflüchtete Menschen als Ziel gesetzt. Ebenso wie die Förderung der internationalen Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten, der Kultur und der Völkerverständigung. Die Angebote richten sich gleichermaßen an Geflüchtete wie auch an wirtschaftlich Bedürftige in Weinstadt.

Zur Jubiläumsfeier lädt der Ingerationsverein herzlich ein.

Ort: Jahnhalle Endersbach, Jahnstraße 2, 71384 Weinstadt

Datum: 28.09.2024, 13:00-19:00 Uhr

Weitere Informationen.


Save the Date: Fest der Solidarität am Stuttgarter Feuersee

Anlässlich des Weltgeflüchtetentages laden wir ein zu einem großen Fest der Solidarität am Stuttgarter Feuersee: Das Fest der Solidarität erinnert daran, dass wir gemeinsam etwas erreichen können, wenn wir uns für eine humanitäre Flüchtlingspolitik und die Achtung der Menschenrechte einsetzen. Gemeinsam stehen wir für eine gerechtere Welt, für Menschenrechte und für Solidarität statt Abschottung! Diese Botschaft wird auf dem Fest der Solidarität durch Redebeiträge und ein vielfältiges Kulturprogramm mit Musik, Gesang und Tanz bekräftigt.

Programm

  • ab 14 Uhr: Begrüßung, Rebebeiträge, Musik und Tanz
    • Tanzgruppe „Koma Jîyan Stuttgart“: Wir sind Koma Jîyan aus Stuttgart – junge kurdische Frauen, die ihre Wurzeln durch Tanz zum Leben erwecken. Durch Govend, unseren traditionellen Gruppentanz, symbolisieren wir Gemeinschaft, Kultur und Identität und drücken gemeinsame Emotionen wie Freude, Trauer, Liebe und Widerstand aus.
    • Sänger Sidar Ferid: Mein Name ist Sidar Ferid und ich komme aus Kurdistan. Ich bin Musiker, spiele Gitarre und singe. Seit November 2023 bin ich in Deutschland. Ich freue mich, zum Weltflüchtlingstag in Stuttgart zu sein und meine Musik mit Euch zu teilen.
    • Band „Back on Holiday“: Souly Funkpoprock aus dem Kessel – Wir machen Urlaub – mit unserer Musik für uns und für euch- zwischen Entfliehen und Entdecken, zwischen Utopie und Realität – Popkultur und Gesellschaftskritik – für die Leichtsinnigkeit und fürs Sinnieren – jede*r nimmt sich davon was sie*er gerade braucht.
    • und weitere!
  • ab 16 Uhr: Demozug durch die Stadt
  • ab 17 Uhr: Ausklang mit Musik, Kinderspielen und gemeinsamem Picknick
    (Bringt Essen und Decken mit!)

Außerdem wird es Infostände verschiedener Stuttgarter Organisationen mit spannenden Materialien und kreativen Aktionen geben.

Das Fest der Solidarität wird veranstaltet vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, Amour sans frontières (ASF), Just Human e.V., der Seebrücke Stuttgart, Amnesty International Stuttgart, AGDW e.V., Penager Stuttgart und Fridays for Future Stuttgart und ist Teil der landesweiten Aktionswoche #ZusammenMenschSein.



Stuttgart: Einführung ins Asyl-und Aufenthaltsrecht

Im Rahmen dieser halbtägigen Fortbildung beschäftigen wir uns mit den Grundlagen des Asyl- und Aufenthaltsrechts. Dabei wird es u.a. um folgende Fragen gehen:

  • Wie läuft das Asylverfahren ab?
  • Welche Anerkennungsformen gibt es?
  • Was passiert nach einer Ablehnung und was ist eine Duldung?
  • Welche Bleiberechtsoptionen gibt es nach einer Ablehnung im Asylverfahren?

Die kostenlose Fortbildung richtet sich an Engagierte in der Geflüchtetenarbeit, die kein oder wenig Vorwissen im Asyl- und Aufenthaltsrecht haben. Die Veranstaltung wird primär für Mitarbeitende des Ausbildungscampus organisiert – andere Interessierte können nach vorheriger Anmeldung aber ebenfalls dazu stoßen. Bitte senden Sie dazu eine E-mail an info@fluechtlingsrat-bw.de. Die verbleibenden Plätze sind begrenzt.

Referentin: Lara Kühnle, Flüchtlingsrat Baden-Württemberg

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“ statt, unterstützt durch das Ministerium der Justiz und für Migration aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat.


OVG Sachsen: Erfolgreiche Untätigkeitsklage wegen struktureller Überlastung

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen hat mit Beschluss vom 14.02.2023 – 3 E 2/23 – über eine Untätigkeitsklage gegenüber der Einbürgerungsbehörde entschieden.

Welche Bearbeitungszeit für Anträge im Einzelfall angemessen ist, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Sofern die Bearbeitungsdauer mit einer Arbeitsüberlastung der Behörde begründet wird, kann dies allenfalls bei einer vorübergehenden Erscheinung als zureichender Grund gelten, jedenfalls aber nicht mehr dann, wenn von einer strukturellen Überlastung auszugehen ist.

(Leitsätze von asyl.net)


VG Sigmaringen: Subsidiärer Schutz für Person aus dem Gaza-Streifen

Das Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen hat mit Urteil vom 07.03.2024 – A 5 K 1560/22 – entschieden, dass einer geflüchteten Person aus dem Gaza-Streifen der subsidiäre Schutz zusteht.

1. Einer Person aus dem Gaza-Streifen (Palästinensische Gebiete), ist der subsidiäre Schutz zuzuerkennen. Denn Zivilpersonen laufen Gefahr, gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG Opfer der breit angelegten israelischen Militäroperation zu werden. Mit einem baldigen Ende der offenen Kampfhandlungen ist nicht zu rechnen. Auch die humanitäre Situation ist auf unabsehbare Zeit katastrophal, sodass gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AsylG eine unmenschliche Behandlung droht, die gemäß § 4 Abs. 3 S. 1, § 3c AsylG wohl auch einem Akteur zuzurechnen ist.

2. Anders als vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [BAMF] vorgetragen, steht einer Entscheidung nicht entgegen, dass die Sache wegen einer besonders volatilen Lage nicht spruchreif sei. Zwar regelt § 24 Abs. 5 AsylG seit dem 01.01.2023, dass im Falle einer vorübergehend ungewissen Lage, das BAMF eine Entscheidung aufschieben kann. Es ist jedoch nicht absehbar, dass die seit fünf Monaten andauernden Kampfhandlungen in absehbarer Zeit beendet würden und auch die desaströse humanitäre und wirtschaftliche Lage wird auf unabsehbare Zeit anhalten.

3. Eine Person aus dem Gaza-Streifen hat keine Möglichkeit, internen Schutz gemäß § 3e Abs. 1 AsylG zu erlangen. Insbesondere ist es für staatenlose Personen aus dem Gaza-Streifen nicht möglich, in das Westjordanland einzureisen.

(Leitsätze von asyl.net)


Gesetzliche Änderungen im AsylbLG zur Bezahlkarte

Die Bezahlkarte wurde in das Asylbewerberleistungsgesetz aufgenommen und steht kurz vor dem Inkrafttreten. Die Änderungen finden sich in dem „Gesetz zur Anpassung von Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht (DÜV-AnpassG)“. Die GGUA Flüchtlingshilfe hat eine hilfreiche Übersicht zu den Änderungen veröffentlicht, die im Asylbewerberleistungsgesetz durch die Einführung der Bezahlkarte vorgenommen werden.



Handlungsempfehlungen: Förderung junger Geduldeter in Ausbildung und Arbeit

Junge Menschemit mit einer Duldung leben in einer prekären Situation: Sie haben einen unsicheren Aufenthaltsstatus, unzureichende Möglichkeiten physische, psychische und soziokulturelle Angeboten wahrzunehmen und einen eingeschränkten Zugang zu (Aus-)Bildung und Arbeit. Populistische Stimmungsmache stigmatisiert diese Gruppe weiter. Stattdessen braucht es aber gesellschaftliche Teilhabe.

Das Forschungsprojekt “Teilhabe trotz Duldung. Kommunale Gestaltungsräume für geduldete Jugendliche und junge Erwachsene ” untersucht die Lebenslagen junger Geduldeter und entwickelt empirisch fundiert Handlungsempfehlungen für eine Good Practice. Dabei geht es um soziokulturelle, ausbildungs- und arbeitsmarktpolitische Verbesserungen der Teilhabe von jungen Menschen in Duldung.



Pro Asyl: Neues Gutachten: Jesid*innen dürfen nicht in den Irak abgeschoben werden

Mit einem heute [24.04.24] veröffentlichten Gutachten machen PRO ASYL und Wadi e.V. auf die düstere Lage der Jesid*innen im Irak aufmerksam – und fordern zugleich einen sofortigen bundesweiten Abschiebestopp für Jesid*innen. Zudem müssen sie eine dauerhafte und sichere Bleibeperspektive in Deutschland bekommen.

Obwohl der Deutsche Bundestag Anfang 2023 die Verfolgung der Jesid*innen als Völkermord anerkannt hat und obwohl die Lage im Irak nach wie vor sehr unsicher ist, schieben seit einigen Monaten mehrere Bundesländer wieder Jesid*innen in den Irak ab. Und Tausende Jesid*innen fürchten, dass es ihnen bald ebenso ergeht.

„Es ist völlig unverantwortlich, jesidische Männer, Frauen und Kinder in ein Land abzuschieben, in dem sie keine Lebensgrundlage haben und kein sicheres Leben führen können. Abzuschieben in das Land des Völkermords, in dem sie ehemaligen Tätern begegnen und sich ständig bedroht fühlen müssen. Deshalb muss es sofort einen bundesweiten Abschiebestopp für Jesid*innen geben, damit Tausende Jesid*innen nicht weiter in Angst vor einer Abschiebung leben müssen“, sagt Karl Kopp, Geschäftsführer von PRO ASYL.

Bundesregierung muss Verantwortung übernehmen

PRO ASYL und Wadi fordern die Bundesregierung auf, endlich Verantwortung zu übernehmen und Klarheit zu schaffen. Ob Jesid*innen abgeschoben werden oder nicht, darf nicht einzelnen Bundesländern überlassen werden.

Spätestens seit dem Völkermord durch die Terrororganisation Islamischer Staat im Jahr 2014 ist das Sinjar-Gebiet im Nordirak, in dem die Jesid*innen seit Jahrhunderten leben, zu einem lebensgefährlichen Brennpunkt geworden, beschreibt das Gutachten „Zehn Jahre nach dem Völkermord: Zur Lage der Jesidinnen und Jesiden im Irak“. Dort kämpfen staatliche und nicht-staatliche Akteure rücksichtslos um Macht und Einfluss.

In dem strategisch wichtigen Grenzgebiet zwischen Irak, Syrien, Türkei und Iran prallen die Interessen aufeinander – und die Jesid*innen stehen mittendrin und zwischen allen Fronten. Rund 200.000 harren noch immer in irakischen Flüchtlingslagern aus ohne Aussicht, sie verlassen zu können. Auch die Rede von einer sogenannten innerirakischen Fluchtalternative geht an der Realität vorbei, weil eine jesidische Familie nicht in einen anderen Landesteil gehen könnte: Dort wäre sie ohne die lebenswichtige Gemeinschaft und ohne Schutz.

Nicht in das Land des Völkermords abschieben

„Menschen, die als Opfer eines Völkermords anerkannt wurden, dürfen nicht in das Land des Völkermords abgeschoben werden. Wenn der Bundestag in Berlin wenige Hundert Meter entfernt vom Holocaust-Denkmal einen Völkermord anerkennt, sollte er die daraus entstehende Verantwortung ernst nehmen. Dies wäre auch ein wichtiges Zeichen für andere europäische Länder. Deutschland muss den Jesid*innen Sicherheit geben, erst recht, nachdem es sie als Opfer eines Völkermords anerkannt hat“, sagt Thomas von der Osten-Sacken, Geschäftsführer von Wadi e.V.

In Deutschland existiert mit rund 250.000 Menschen nicht nur die größte jesidische Diaspora in Europa, sondern nach dem Irak die zweitgrößte weltweit. Sie leben vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Geschätzt sind derzeit 5.000 bis 10.000 irakische Jesid*innen ausreisepflichtig und von Abschiebungen in den Irak bedroht. Denn Mitte 2023 begannen die ersten Bundesländer auf dem Hintergrund einer enger werdenden Kooperation mit dem Irak und Gerichtsurteilen, wonach es im Irak keine gruppenspezifische Verfolgung mehr gebe, Jesid*innen in den Irak abzuschieben.

Gutachten als Entscheidungsgrundlage für Behörden und Gerichte

Das von PRO ASYL und Wadi e.V. in deutscher und englischer Sprache herausgegebene Gutachten stellt die tragische Lage der jesidischen Gemeinschaft im Irak und die Hintergründe dazu dar – kompakt und umfassend samt der innerirakischen Konflikte. Damit wollen die beiden Organisationen eine Informationslücke schließen und eine Grundlage für qualifizierte Entscheidungen schaffen. Denn immer wieder entscheiden Behörden und Gerichte über die Zukunft jesidischer Menschen und lassen dabei die dramatische Situation, in die sie die Menschen schicken, außer Acht.

Im Gutachten geht es auch um die Jesid*innen als Gruppe, deren Lebensgrundlagen systematisch – und darum geht es beim Völkermord – zerstört wurden. Das unterscheidet sie von vielen anderen aus dem Nahen Osten, die vor Krieg und Zerstörung fliehen: Der Islamische Staat wollte nicht nur Jesid*innen vernichten, sondern die jesidische Existenz. So wächst mit jeder Abschiebung die Angst, dass nicht nur Einzelne gewaltsam aus ihrer neuen Heimat gerissen und in eine ungewisse Zukunft geschickt werden, sondern dass auch hier die jesidische kollektive Existenz bedroht ist.

Seit vielen Monaten fordern jesidische und andere Organisationen wie PRO ASYL und Wadi e.V. einen Abschiebestopp für Jesid*innen, unter anderem mit einem offenen Brief an die Bundestagsabgeordneten.

Das Gutachten kann in deutscher und englischer Sprache heruntergeladen werden.


Informationen über Aufenthalt & Abschiebung

Abschiebungen und Ankündigungen dieser Termine sorgen häufig für große Verunsicherung und Angst vor einer eigenen Abschiebung. Deshalb erklärt der Bayerische Flüchtlingsrat, wem potentiell eine Abschiebung drohen kann sowie wer nicht gefährdet ist, abgeschoben zu werden.

Der Bayerische Flüchtlingsrat möchte mit diesen Hinweisen über die Rechte von Geflüchteten aufklären und versuchen, ein wenig Angst vor einer Abschiebung zu nehmen. Wichtig ist zu klären, ob jemand überhaupt von einer Abschiebung bedroht ist. Wenn ja, gibt es in manchen Fällen noch rechtliche Möglichkeiten um eine Abschiebung zu verhindern. Dann ist eine Beratung durch Anwält*innen oder Beratungsstellen notwendig.

Die Hinweise liegen auf Deutsch, Englisch, Arabisch und Georgisch vor. Weitere Übersetzungen in zunächst Kurdisch, Türkisch und Französisch werden folgen.